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Aufstand gegen Franziskus


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Aufstand gegen Franziskus






Hochrangige Geistliche im Vatikan rebellieren gegen die jüngste Entscheidung des Papstes zur Annullierung der Ehe. Sie werfen ihm vor, ein wichtiges Dogma aufzugeben.



von Julius Müller-Meiningen


10. September 2015


Das Maß ist für sie voll. In drei Wochen kommen die katholischen Bischöfe aus aller Welt im Vatikan zusammen, um bei der Synode über den künftigen Kurs ihrer Kirche zu beraten. Die Geistlichen werden in Rom auf einen Apparat treffen, der dem Papst endgültig den Kampf angesagt hat. In den heiligen Hallen der Kurie zirkuliert ein Dossier, das Christ und Welt in der ZEIT vorliegt und in dem die vermeintlichen Sünden des Papstes systematisch aufgelistet werden. "Franziskus hat seine Maske fallen lassen", sagt ein hoher Geistlicher im Vatikan.

Der Auslöser für das, was man getrost als Vorbereitung eines organisierten Widerstandes gegen Franziskus bezeichnen kann, ist der jüngste Erlass des 78 Jahre alten Argentiniers. Mit seinem am vergangenen Dienstag veröffentlichten Dokument, das eine leichtere und schnellere Annullierung der kirchlichen Ehe ermöglicht, hat er die Kirche vor vollendete Tatsachen gestellt. Mitis Iudex Dominus lautet der Titel des Edikts, das soll der milde Richter Jesus sein. Aber von der Milde, die Franziskus den Gläubigen entgegenbringen will, die im Konflikt mit den kirchlichen Normen stehen, kann in der Kurie keine Rede mehr sein. Viele Monsignori, die nominell an den Schaltstellen der Weltkirche sitzen, sind außer sich.

Sichtbar ist das in einem schneidend formulierten Dossier, das dieser Tage in den wichtigsten Büros im Vatikan, darunter auch in der Glaubenskongregation und im Staatssekretariat Verbreitung findet. Darin wird der Erlass zur Erleichterung der Ehenichtigkeitserklärung juristisch in seine Einzelteile zerpflückt. Die Hauptvorwürfe lauten, der Papst habe die bei einer für die Kirche derart essentiellen Materie zuständigen Gremien umgangen und de facto die "katholische Scheidung" eingeführt. Von einer "bedenklichen Entwicklung" ist in dem mehrseitigen Schreiben die Rede, das geregelte Verfahren der Gesetzgebung in der Universalkirche sei "ausgehebelt" worden. Die meisten Sicherungen im Ehe-Annullierungsprozess seien wissentlich "ausgeschaltet" worden.

"Keiner der vorgesehenen Schritte eines Gesetzgebungsverfahrens wurde eingehalten", lautet es in dem Text. Weder seien die Bischofskonferenzen, die zuständigen Kongregationen und Räte noch die Apostolische Signatur einbezogen worden. "Schon formal liegen gravierende Mängel vor." Hingewiesen wird auch darauf, dass es auf der vergangenen Bischofssynode "keine einhellige Zustimmung" zu dem nun vom Papst beschlossenen Modus bei Ehenichtigkeitsverfahren gab. "Das gewählte Vorgehen widerspricht der viel beschworenen Synodalität und der offenen Diskussion."

Die Bedeutung der Ehe, insbesondere der Umgang mit geschiedenen Eheleuten, die erneut zivil heiraten, ist das Epizentrum der Debatte um den künftigen Kurs der Kirche. Die Unauflöslichkeit der Ehe ist das Dogma, an das sich konservative Geistliche festklammern. Eine durch den Papst ermöglichte "Scheidung auf katholisch" bedeutet den Super-Gau für die Wahrer der Doktrin wie den deutschen Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Auch auf seinem Tisch liegt die inoffizielle Anklageschrift gegen Franziskus. Müller und seine in der Kurie weit verbreiteten Gesinnungsgenossen fürchten, dass das ganze Gebäude in sich zusammenbricht, wenn man eines der Fundamente beseitigt. Es geht aus ihrer Sicht um nichts weniger als das Fortbestehen der wahren katholischen Kirche.

Während in den bisher gültigen Bestimmungen die Sorge um den Erhalt katholischer Ehen im Vordergrund stand, sind nach Überzeugung der Papst-Kritiker verschiedene rechtliche Mechanismen, die diesem Zweck dienten, absichtlich beseitigt worden. "Von pastoralen oder juridischen Mitteln zur Rettung oder Gültigmachung der Ehe ist im neuen Text nicht mehr die Rede, ihr Fehlen gibt zu denken", so ist zu lesen. Insgesamt sei die Entwicklung "gefährlich".

Die Autoren folgern: "Es drängt sich der Eindruck auf, dass es hier nicht mehr darum geht, die Wahrheit in Bezug auf ein konkretes Eheband festzustellen, sondern möglichst viele Ehen für nichtig zu erklären." Das bedeutet konkret: Das Dogma der Unauflöslichkeit, das Franziskus in der Einleitung des Motu Proprio zweimal ausdrücklich erwähnt, wird nach Meinung der Verfasser in Wahrheit ausgehöhlt. "Wir müssen jetzt den Mund aufmachen", fordert ein hoher Kurienmann rebellisch.

Insbesondere die Einführung eines nur noch 30 Tage dauernden Eilverfahrens unter Aufsicht des Bischofs zur Feststellung der Ehenichtigkeit macht den Kritikern des Papstes zu schaffen. In dem Dossier heißt es dazu, dieser Prozess "birgt die Gefahr den Weg zur katholischen Scheidung zu öffnen". Viele der insgesamt etwa 3600 Diözesanbischöfe auf dem Globus wären von der neuen Aufgabe wohl überfordert. "Zudem stellt sich die Frage, wie viele Bischöfe weltweit überhaupt in der Lage sind, eine Einschätzung vorzunehmen, die sie zur geforderten moralischen Sicherheit kommen lässt."

Viele in der Theologie umstrittene Probleme wurden aus Sicht seiner Kritiker von Franziskus ignoriert. So finden sich in dem Erlass mehrere äußerst schwammige Begründungen, die zur Einleitung eines Eilverfahrens ausreichen, etwa "mangelnder Glaube" oder andere, nicht näher bestimmte Motive. "Sehr bedenklich" sei, dass der Konsens des Paares genügt, um einen kurzen Prozess einzuleiten. Dieser wird nach den neuen Normen sogar vorausgesetzt, wenn einer der Partner auch bei der zweiten Anfrage nicht reagiert. "Dass ein Rechtstext mit "etc." am Schluss des Satzes weitere Möglichkeiten offenhält ist in der Gesetzgebung vermutlich ein Novum", lautet es in dem Dossier scharf.

Sollte es nun, wie von den Papst-Gegnern befürchtet, zu einer Schwemme von Nichtigkeitserklärungen kommen, wäre das Problem der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten, das die Kirche seit Langem bewegt, praktisch beseitigt. Sie können fortan problemlos aus ihrer katholischen, eigentlich für die Ewigkeit geschlossenen Ehe, aussteigen. Per päpstlichem Dekret.

Die am 4. Oktober beginnende Synode droht nun zu einem um sich selbst kreisenden Debattierclub zu verkommen. Der Papst, so der Tenor, entscheide sowieso nach eigenem Gutdünken. Er habe das reguläre Gesetzgebungsverfahren nicht eingehalten, heißt es in dem siebenseitigen Dokument. Sämtliche Kurienbehörden inklusive der Hausjuristen des Vatikans seien umgangen worden. Eine vom Papst zusammengesetzte Kommission, die zum Schweigen verpflichtet worden war, schrieb in aller Stille einen Gesetzesentwurf, der in den nominell zuständigen Gremien in dieser Form kassiert und verändert worden wäre.

Offenbar hat auch die zuständige Kommission die endgültige Version des Gesetzes vor der Veröffentlichung nie zu Gesicht bekommen. Berichtet wird zudem, ein italienischer Kardinal habe die Veröffentlichung des Motu Proprio vor der Synode mit heftigen Protesten beim zweiten Mann im Vatikan, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, im letzten Moment zu verhindern versucht. Ohne Erfolg.

Obwohl es bei der vorhergehenden Synode im vergangenen Herbst laute Proteste gegen die Idee gab, ein Blitzverfahren zur Feststellung der Nichtigkeit einer Ehe unter Aufsicht des Bischofs einzuführen, ist es jetzt also Kirchengesetz – noch bevor die Synode sich erneut mit dem Thema hätte beschäftigen können.

Will der Papst seinen längst vorgezeichneten Weg mit aller Macht durchsetzen? Die Zweifel sind in den wichtigsten Zimmern der Kurie längst zur Gewissheit geworden. Viele Gläubige aber werden jubeln.

Insbesondere die Einführung eines Eilverfahrens unter Aufsicht des Bischofs zur Feststellung der Ehenichtigkeit macht den Kritikern des Papstes zu schaffen. Viele in der Theologie umstrittene Probleme wurden aus ihrer Sicht von Franziskus ignoriert. So finden sich in dem Erlass mehrere äußerst schwammige Begründungen, die zur Einleitung eines Eilverfahrens ausreichen, etwa "mangelnder Glaube" oder andere, nicht näher bestimmte Motive. Sollte es nun, wie von den Papst-Gegnern befürchtet, zu einer Schwemme von Nichtigkeitserklärungen kommen, wäre das Problem der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten, das die Kirche seit Langem bewegt, praktisch beseitigt. Sie können fortan problemlos aus ihrer katholischen, eigentlich für die Ewigkeit geschlossenen Ehe, aussteigen. Per päpstlichem Dekret.

Die am 4. Oktober beginnende Synode droht nun zu einem um sich selbst kreisenden Debattierclub zu verkommen. Der Papst, so der Tenor, entscheide sowieso nach eigenem Gutdünken. Er habe das reguläre Gesetzgebungsverfahren nicht eingehalten, heißt es in dem siebenseitigen Dokument. Die Bischofskonferenzen sowie sämtliche Kurienbehörden inklusive der Hausjuristen des Vatikans seien umgangen worden. Eine vom Papst zusammengesetzte Kommission, die zum Schweigen verpflichtet worden war, schrieb in aller Stille einen Gesetzesentwurf. Sonst wäre er vermutlich vom Apparat der Kurie zermalmt und verhindert worden. Obwohl es bei der vorhergehenden Synode im vergangenen Herbst laute Proteste gegen die Idee gab, ein Blitzverfahren zur Feststellung der Nichtigkeit einer Ehe unter Aufsicht des Bischofs einzuführen, ist es jetzt also Kirchengesetz – noch bevor die Synode sich erneut mit dem Thema hätte beschäftigen können.

Will der Papst seinen längst vorgezeichneten Weg mit aller Macht durchsetzen? Die Zweifel sind in den wichtigsten Zimmern der Kurie längst zur Gewissheit geworden. Viele Gläubige aber werden jubeln.
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