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Keine Esoterik in Österreichs Psychotherapie


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Rolf

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EZW-Newsletter 9/2014





Keine Esoterik in Österreichs Psychotherapie






In Österreich wurden die Aufgaben und Grenzen der Psychotherapie als einem eigenständigen, wissenschaftlich überprüfbaren Heilverfahren im Jahr 1991 durch ein Gesetz geregelt. Nach jahrzehntelangem Ringen wurden auch in Deutschland (1999) und der Schweiz (2011) Psychotherapie-Gesetze verabschiedet, die entsprechende Qualitätskriterien im Rahmen einer heilkundlichen Tätigkeit festlegten. Auffällig sind die strengeren Zugangsvoraussetzungen und die deutlich geringere Methodenvielfalt in Deutschland im Vergleich zu den beiden Nachbarländern.

Durch die gesetzlichen Regelungen in den deutschsprachigen Ländern wurde der ausufernde esoterische Psychomarkt zunächst eingedämmt (und zu einem großen Teil in die Heilpraktiker-Szene verschoben). In den letzten Jahren ist jedoch ein neues Interesse an spirituellen Themen in der Psychotherapie festzustellen, was am deutlichsten an der Verbreitung von achtsamkeitsbasierten Behandlungsmethoden sichtbar wird. Obwohl ihre Wirksamkeit zum Teil auch wissenschaftlich belegt ist, wird ihre weltanschauliche Neutralität nach wie vor kontrovers diskutiert.

Im Mai 2012 wurde von der Beschwerdestelle des Wiener Landesverbandes für Psychotherapie beklagt, dass wissenschaftlich fundierte Psychotherapiemethoden sich zunehmend mit esoterischen, religiösen und spirituellen Methoden mischen würden. Patientenbeschwerden hätten deutlich zugenommen, die einen subtilen Druck durch Psychotherapeuten beklagten. Sie sollten im Rahmen einer Psychotherapie bestimmten Glaubensinhalten folgen und an entsprechenden Ritualen teilzunehmen, auch wenn sie diese innerlich nicht gutheißen würden. Das berufsethische Gremium verwies darauf, dass eine solche Vermischung ein klarer ethischer Verstoß gegen den Berufskodex des Psychotherapeuten darstelle. Im Juni 2014 hat das Bundesministerium für Gesundheit in Österreich eine Richtlinie zur Abgrenzung der Psychotherapie von esoterischen, spirituellen und religiösen Methoden veröffentlicht. Sie wurde mit der Absicht verfasst, die psychotherapeutische Beziehung im Rahmen der fachlichen Berufsethik unter einen besonderen Schutz zu stellen und Psychotherapeuten anzuhalten, nur wissenschaftlich anerkannte Methoden anzuwenden.

Die Richtlinie ist hilfreich, weil sie Heilsversprechungen und das aktive Einbringen esoterischer und spiritueller Rituale in eine Psychotherapie unterbinden will. Sie verweist auf den psychotherapeutischen Berufskodex, der unmissverständlich deutlich macht, dass die persönliche Weltanschauung der/des Behandelnden nicht aktiv und steuernd in den Behandlungsprozess einfließen darf. Wenn jedoch spirituelle oder religiöse Fragen von Patienten thematisiert werden, sei es Aufgabe der Psychotherapie, die Bedeutung dieser Fragen gemeinsam mit dem Patienten zu verstehen. Die Klärung und Transparenz der therapeutischen Rolle und Haltung sind ohne Zweifel ein Dreh- und Angelpunkt bei der Bewertung spiritueller Therapien – ein Psychotherapeut kann kein Guru sein! Nimmt man jedoch die aktuellen klinischen Studien aus den USA zu Einbeziehung spiritueller Methoden in die Psychotherapie zur Kenntnis, lässt sich die allzu einfache Unterscheidung in spirituelle und wissenschaftliche Methoden nicht halten (vgl. EZW-Text 229, Spirituelle Lebenshilfe, S. 20-28). Seit dem letzten Jahr gibt der amerikanische Psychologenverband (APA) die Fachzeitschrift „Spirituality in clinical practice“ heraus, die spirituell geprägte klinische Interventionen wissenschaftlich untersuchen und prüfen. Diese Befunde werden in der Richtlinie nicht berücksichtigt. Eine kultur- und religionssensible Psychotherapie erfordert aber die Weiterentwicklung der Berufsethik.

An der Schnittstelle von Psychotherapie und Spiritualität sind noch viele Fragen ungeklärt. Es ist zu wünschen, dass bei der Weiterentwicklung der Psychotherapie die Gradwanderung zwischen dem Patientenschutz und den Möglichkeiten einer Nutzung empirisch geprüfter Ressourcen positiver Spiritualität – sofern bei dem/der Patienten/in vorhanden – in die Behandlung gelingt.

Dr. Michael Utsch




Richtlinie des Gesundheitsministeriums in Österreich

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