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Besucherfreundliche Gemeinden am Beispiel der Saddleback-Gem


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Rolf

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Besucherfreundliche Gemeinden am Beispiel der Saddleback-Gemeinde (Pastor Rick Warren)




Von Donald McGavran, dem Vater der Gemeindewachstumsbewegung, geht eine direkte Linie zu Rick Warren. Letzterer hat zwar nicht wie Schwarz am Fuller Seminary studiert, aber er beschreibt in seinem Megabestseller "Kirche mit Vision" wie er im Jahr 1974 zum ersten Mal auf den Namen McGavran stieß:

"Als ich dort saß und diesen Artikel über Donald McGavran las, hatte ich keine Ahnung davon, wie dramatisch er die Richtung meines Dienstes beeinflussen würde ..."[43]

Rick Warren begann vor zwanzig Jahren mit seiner Frau Kay im Saddleback-Tal, südlich von Los Angeles gelegen, eine Gemeindearbeit. Heute trifft sich dort eine der größten christlichen Gemeinden der westlichen Hemisphäre. Der Gründer dieser Gemeinde ist ein Visionär.

Am 30. März 1980 träumte Rick Warren in seiner ersten Predigt von einer 20.000-Seelen-Gemeinde, Hunderten von ausgesandten Missionaren und einem großen Grundstück mit vielen schönen Gebäuden. Er und seine Mitarbeiter arbeiteten über zwei Jahrzehnte unglaublich hart an der Verwirklichung dieser Ziele. Ein Teil ihres Traumes wurde bereits Wirklichkeit.

Saddleback boomt

Der Schwerpunkt der Gemeindeaktivitäten liegt auf den Wochenendgottesdiensten. Zwei finden am Samstagspätnachmittag statt. Am Sonntagmorgen sind es gar drei. Sie werden Woche für Woche von vielen Menschen besucht. Diese Gottesdienste sind auf Nichtchristen ausgerichtet. Der Musikstil ist modern - und laut. Die Kleidung ist leger. Rick Warrens Ansprachen sind thematisch und relevant. Seine aktuelle Reihe lautet: "Vom Burnout zur Balance". Die Kirche bietet 150 verschiedene Dienste an. Es existieren Hunderte von Kleingruppen und eine ausgedehnte Jugendarbeit.

Saddleback hat Modellcharakter.

Saddleback ist Trendsetter. Das Modell der "Purpose Driven Church" (Auftragsbestimmte Gemeinde) wurde vor allem durch Rick Warrens gleichnamiges Buch bekannt. Inzwischen wurden weltweit mehr als eine Million Exemplare in 14 Sprachen verkauft. Nach dem Geheimnis des Erfolgs befragt, antwortete der Autor: "Das ist das Geheimnis meines Buches: Es ist sozusagen der "Intel-Chip" des Gemeindeaufbaus!"[44] Mit Verlaub gesagt, diese Aussage ist an Vermessenheit kaum noch zu überbieten.

Darüber hinaus veranstaltet die Gemeinde Pastorenkonferenzen. Mehr als 150.000 Pastoren und Leiter aus 80 Denominationen besuchten bereits "Purpose-Driven-Schulungen". Die Multiplikation des Angebots via Internet tut ein Übriges. Saddleback versteht sich selbst als Gemeinde der Zukunft.

Rick Warren spricht nicht nur von Gemeindewachstum. Er betont Gemeindegesundheit. Darunter versteht er die Balance zwischen Evangelisation nach außen und Wachstum der Gläubigen. Zuerst sollen Menschen in den Gästegottesdiensten für Christus gewonnen werden. Dann sollen diese in vier verschiedenen Kursen zur Reife geführt werden. Die Stationen lauten: Hingabe zur Mitgliedschaft (1), Hingabe zur Reife (2), Hingabe zum Dienst (3) und Hingabe zur Mission (4). Diesen Prozess versteht Warren als Kern einer auftragsorientierten Gemeinde. In dieser Ausgewogenheit liegt ohne Zweifel die Stärke der Saddleback-Gemeinde. [45] Rick Warren ist übrigens "offizieller Berater für natürliche Gemeindeentwicklung". Im März 1998 nahm er an einer Schulung für "Natürliche Gemeindeentwicklung" teil. [46]



Darf man Saddleback überhaupt kritisieren?




Wer es wagt, eine prosperierende Megachurch zu kritisieren, muss mit einer Welle der Entrüstung rechnen

Wer wagte es, eine prosperierende Megachurch zu kritisieren? Würde er doch umgehend gefragt, was denn er vergleichsweise vorzuweisen habe. Prof. Stadelmann - den ich sehr schätze - wagte es leider nicht. Auf der Rückseite von "Kirche mit Vision" ist seine Empfehlung zu lesen: "Dies wird für die nächsten Jahre das wichtigste Buch zum Thema ‚evangelistischer Gemeindebau' werden." Nur ein Tor könnte es wagen, Saddleback zu kritisieren. Er müsste wohl mit einer Welle der Entrüstung rechnen. Nun, ich bin bereit, der Narr zu sein. Um Gottes willen.

Saddlebacks Pragmatismus

Wir Europäer haben den Hang zum Theoretisieren. Rick Warren fällt als Amerikaner auf der anderen Seite vom Pferd. Er denkt und arbeitet ungehemmt pragmatisch. Pragmatismus - nicht zu verwechseln mit Praxisorientierung - ist einfach Zweckmäßigkeitsdenken. Dieses findet sich in "Kirche mit Vision" besonders ab Teil 4: Wie bringt man eine Menge von Leuten in die Gemeinde? Hier liegt offensichtlich ein Gemeindeverständnis zugrunde, das gar nicht mehr fragt: Wie sah die neutestamentliche Gemeinde aus? Haben die Apostel "Gästegottesdienste" veranstaltet (Apg 5,13)? Haben die ersten Christen "innerhalb" der Gemeinde evangelisiert oder nicht viel mehr "außerhalb", um dann die gläubig gewordenen in die Gemeinde zu bringen? Bei Rick Warrens Ansatz wird m.E. aus dem Heiligtum ein Vorhof gemacht. Wer A sagt, muss auch B sagen. Wer seine Veranstaltungen nach dem Geschmack der Nichtchristen ausrichtet, der muss zwangsläufig Rockmusik, Theaterstücke, thematische Predigten u.a.m. einsetzen. Das Motto lautet ja: Hauptsache, ich bekomme so viel wie möglich Besucher in meine Veranstaltung.

Bei Rick Warrens Ansatz wird aus dem Heiligtum ein Vorhof gemacht

Erinnern Sie sich an McGavrans These vom Beibehalten der Kultur? Diese Sicht hat Rick Warren offenbar voll und ganz verinnerlicht. Denn der besucherfreundliche Ansatz besagt im Kern: Wir wollen den Nichtchristen alle Hindernisse - das Ärgernis des Kreuzes ausgenommen - aus dem Weg räumen. Sie sollen sich an nichts stören. Weder am Gebäude, noch am Musikstil; weder an der Kleidung, noch an einer zu langen Predigt.

Fred Colvin schreibt in einem noch unveröffentlichten Artikel über das Thema "Wachstum nach Prinzipien":

"Die (demographischen) Studien zeigen, dass viele gern am Sonntag zur Gemeinde gehen. Weiterhin wird ein bestimmter Prozentsatz wiederkommen, wenn wir einen guten Ersteindruck auf sie machen. Besucherorientiertes Handeln ist eine bewährte Methode des Gemeindewachstums. Wenn die Leute glücklich sind und weiterhin herkommen, sind die Prozentsätze auf unserer Seite. Und heute, in den Tagen der abnehmenden Loyalität Grundsätzen gegenüber, springen Christen sowieso hin und her. Wenn sie unsere Programme mögen, dann können wir ihnen vielleicht ein neues gemeindliches "Zuhause" bieten. Der Kunde ist König. Der "Tag des HERRN" kann zum "Tag der Menschen" werden. Wir haben vielleicht unwissentlich das Motto "vox populi" oder das Gesetz der Volksstimme angenommen. Studien zeigen, dass in diesem Jahr mehr Frauen mit Universitätsabschluss als Männer in die Arbeitswelt eintreten. Da draußen sind eine Menge Feministinnen, die auch Christus brauchen. Wir wollen sie doch nicht vergraulen, oder? Es ist höchste Zeit, die Rolle der Frau in der Gemeinde zu überdenken. Studien zeigen, dass 56% der erwachsenen Amerikaner Rockmusik mögen. Geben wir ihnen also Musik mit "Beat". Anspiele sind "in", deshalb planen wir sie ein. Weil die Leute längeres Zuhören nicht mehr gewöhnt sind, haben wir die Predigt gekürzt. Studien zeigen, dass die Leute nicht wiederkommen, wenn der Prediger ein Langweiler ist. Also laufen wir zur Höchstform auf. ... Wir finden heraus was die Leute hören wollen. Das predigen wir. Das ist relevant! Die Konkurrenz ist groß. Die Messlatte liegt hoch. Wir proben das Ganze besser noch mal! Alles noch mal von Anfang an!"
Saddlebacks Zahlenfieber

In Saddleback wird sehr viel gezählt. An jedem Wochenende zählt man fünfzehntausend Besucher. An Ostern sollen es gar 35.000 gewesen sein. Jeder neue Zuhörer wird am Ende des Gottesdienstes aufgefordert, eine Karte auszufüllen. So wurde nach den Feiertagen bekannt gegeben, dass sich am Osterwochenende 1704 Besucher für Christus entschieden hätten.[47] Als ob es so einfach wäre, dem Satan Menschen zu entreißen! Aber Rick Warren ist ja davon überzeugt, dass er jeden Menschen zum Christen mache könne, wenn er nur dessen Bedürfnisse stillte.

Saddlebacks psychologisiertes Evangelium

Auch wenn Dr. Warren hundert Mal betont, er wolle das Evangelium nicht verwässern - meiner Ansicht nach tut er es doch! Im Mittelpunkt der Verkündigung steht der Mensch mit seinen ungestillten Bedürfnissen nach Liebe, Anerkennung, Geborgenheit und Selbstwertgefühl. Darum sind die Predigten bedürfnisorientiert. Rick Warrens Liebe zu den Verlorenen ist allerdings echt. Seine Opferbereitschaft ist vorbildlich. Seine Motivationsgabe ist einmalig. Doch im Blick auf die Verkündigung steht er in Gefahr, unbequeme Wahrheiten zu unterschlagen. In seiner Osterpredigt kamen Begriffe wie "Sünde" oder "Heiligkeit Gottes" nicht vor. Da fragt man sich, wie sich 1704 Menschen bekehren konnten?

Erfolg ist kein letzter Gradmesser

Saddleback ist sehr erfolgreich. Aber Erfolg ist in der Bibel kein Gradmesser. Das muss der gesamten Gemeindewachstumsbewegung immer wieder gesagt werden.

"Hauptsache, es funktioniert" ist kein Satz aus der Bibel

In 4Mo 20 wird berichtet, dass Mose zu dem Felsen in der Wüste reden sollte. Doch Mose schlug den Stein. Das hatte Jahre zuvor schon einmal funktioniert (2Mo 17). Der Erfolg stellte sich ein. Obwohl Mose im Ungehorsam handelte, floss das Wasser in Strömen. Der sichtbare Erfolg war da. Doch Mose und Aaron durften nicht ins verheißene Land. Diese Passage warnt vor pragmatischem Erfolgsdenken. "Hauptsache, es funktioniert" ist kein Satz aus der Bibel. Allein die Schrift ist die Norm für Gemeindebau.

Mein nicht ganz amerikanischer Traum

Ganze Denominationen und evangelikale Werke schwören heute auf das Willow-Creek-Modell. Andersdenkende innerhalb und außerhalb der eigenen Reihen werden ausgegrenzt oder als "Ewig Gestrige" und "Schlusslichter des Mittelalters" verunglimpft. Ich fürchte, dass als nächstes die Saddleback-Welle über die Gemeinden Europas hinweg branden wird. Dass sich "Kirche mit Vision" im deutschen Sprachraum außerordentlich gut verkauft, beweist meiner Ansicht nach der durch Willow Creek vorbereitete Ackerboden. Saddleback - das ist auch gestylte Gemeinde, ausgerichtet am "mainstream" des zeitgenössischen Geschmacks.

Ich mache keinen Hehl daraus, dass mir persönlich die "Grace Community Church", in der John MacArthur lehrt (ebenfalls Los Angeles), viel näher steht. Sie wuchs vor allem durch kompromisslose Wortverkündigung. Aber es würde mir nicht im Traum einfallen, diese Gemeinde zu einem weltweit gültigen Modell zu erheben. Selbstverständlich kann man von anderen Gemeinden lernen. Doch wünschte ich, wir modellgläubigen Deutschen würden uns mehr an den schlichten Grundsätzen des Neuen Testaments orientieren. Dort ist uns der wahre "Intel-Chip" gegeben. Ich liebe die neutestamentliche Gemeinde. Das ist nämlich die Gemeinde der Zukunft.
Ich wünschte, wir modellgläubigen Deutschen würden uns mehr an den schlichten Grundsätzen des Neuen Testaments orientieren

Schriftgemäßes Gemeindewachstum

Ich begann mein Referat mit dem Hinweis auf die erste, biblische Gemeindewachstums-bewegung. Gott schenkte im 1. Jahrhundert Gemeindewachstum. Und ich bin davon überzeugt, dass er auch im 21. Jahrhundert Gemeindewachstum schenken möchte. Darum dürfen wir uns auf keinen Fall mit der kritischen Distanz zu den aufgezeigten Fehlentwicklungen begnügen. Wir sind für echtes Gemeindewachstum. Darum will ich mit einigen Thesen schließen.

1. Gott allein wirkt das Wachstum seiner Gemeinde (Apg 2,47; 1Kor 3,6-7; Eph 4,16).
2. Klare Verkündigung des Evangeliums von Kreuz und Auferstehung fördert das Wachstum der Gemeinde (Apg 2).
3. Gebet fördert das Wachstum der Gemeinde (Apg 4,23-31).
4. Einmütigkeit fördert das Wachstum der Gemeinde (Apg 4,32-35).
5. Reinerhaltung der Gemeinde fördert Wachstum der Gemeinde (Apg 5,1-13).
6. Sinnvolle Strukturen fördern das Wachstum der Gemeinde (Apg 6,1-7).
7. Sowohl Verfolgungs- als auch Friedenszeiten fördern das Wachstum der Gemeinde (Apg 8,1.4; 9,31).
8. Weise Prinzipien fördern das Wachstum der Gemeinde (Apg 16,4-5).
9. Das Einbringen vieler Gaben (Priestertum aller Gläubigen) fördert das Wachstum der Gemeinde (1Petr 2,9; 1Kor 12).
10. Gemeindewachstum verherrlicht den Herrn (Apg 11,18; Eph 3,21).

Gebe doch der HERR, dass wir alle einen aktiven Beitrag zum Wachstum seiner Gemeinde leisten!

Wilfried Plock ist 1. Vorsitzender der Konferenz für Gemeindegründung.


Vortrag zum Bibelbundkongress im Mai 2000 in Bietigheim-Bissingen

Anschrift:
Heinrich-Heine-Str. 2, 36088 Hünfeld

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