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Wie ist es, wenn man dem Teufel ins Auge schaut?


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Rolf

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Wie ist es, wenn man dem Teufel ins Auge schaut?







Was tun, wenn der Mensch besessen ist? Das diskutierten Geistliche, Ärzte, aber auch Laien in einem Seminar in Rom. Exorzisten sind heiß begehrt: Es gibt mehr Fälle, und die Betroffenen werden jünger.



Von Constanze Reuscher, Rom


Es ist eine milder Maitag, wie man ihn sich auch in Rom nicht schöner vorstellen kann: azurblauer Himmel, sattgrüne Wiesen voller Blumen rund um die katholische Universität Regina Apostolorum, die nahe der altehrwürdigen Konsularstraße Via Aurelia liegt, dazu ein Konzert von zwitschernden Vögeln und glücklich summenden Bienen.

Aber das Idyll trügt: "Es ist kein Paradies, in dem wir leben! In dieser Welt gibt es den Bösen", sagt drinnen ein deutscher Geistlicher, und er weiß, wovon er spricht: Er ist Exorzist.

Um Menschen, die den Teufel im Leibe haben, ging es in der vergangenen Woche bei der neunten Ausgabe des Seminars "Exorzismus und Gebet der Befreiung". Seit vielen Jahren veranstaltet der Vatikan solche Kurse, mit wachsendem Erfolg.

Knapp 150 Geistliche, aber auch Ärzte, Psychologen, Anwälte, Lehrer, Ordensschwestern und Hausfrauen waren diesmal aus aller Welt angereist, um sechs Tage lang über ein uraltes Thema zu debattieren: Was tun, wenn der Mensch vom Beelzebub besessen ist?

Ein junger Priester aus der Ukraine verlässt den Saal vorzeitig, bedauert das sehr: "Ich werde zu Hause dringend gebraucht", denn in seiner Heimat schaue er dem Bösen ja jetzt ständig in die Augen. Chin Jong-jir, Taufname Francis, ist ein Arzt aus Südkorea, der mit 18 Gemeindemitgliedern gekommen ist. "Wir haben in Korea keinen einzigen Exorzisten." Bei Fachleuten und Priestern sucht er Anregungen und Anleitungen, "damit wir ein starkes Team werden".

Besessen ist, wer in fremden Sprachen spricht

Derweil berichtet im Hörsaal kein geringerer als Pater Francesco Bamonte, Exorzist der römischen Diözese, Unheimliches: von einem Mann, der während einer Geschäftsreise in Peru Wein in einer Terrakottaflasche gekauft hatte.

Ein grüner Sirup, von dem ein Schluck reichte – da war er vom Teufel besessen. Er habe geschrien, die Stimmlage geändert, in unbekannten Sprachen gesprochen, wild gestikuliert und weder Weihwasser noch Kruzifix ertragen, als er in die italienische Heimat zurückkehrte.

Unfehlbare Anzeichen, wenn man dem "Rituale Romanum", einem 400 Jahre alten Regelwerk der katholischen Kirche, Glauben schenkt. Besessen ist danach, wer in fremden Sprachen spricht, etwa Griechisch oder Hebräisch, wer aus einer fernen Vergangenheit berichtet, übernatürliche Kräfte zeigt, Zeichen und Wunden auf dem Körper trägt, eine Neigung zum Selbstmord habe, Heilige, die Jungfrau Maria oder die Kirche hasse – so erklärte es am Samstag Pater Helmut Moll aus Köln dem Publikum. Moll gehörte viele Jahre der römischen Glaubenskongregation sowie der Kongregation zur Heiligsprechung an.

In Italien hat fast jedes Bistum "seinen" Exorzisten

Wichtigster Bestandteil des "Großen Exorzismus" ist das "Gebet der Befreiung", eine komplizierte Abfolge von Litanei und Psalmen, Handauflegung, Gebeten, Glaubensbekenntnis und Segen, Rituale, die den Teufel aus dem Leib jagen sollen.

Pater Bamonte ist es gelungen – dank der altbewährten Betriebsanleitung für Exorzisten und vielleicht auch, weil er den Mut hatte, die Flasche aus Peru einfach mit einem Hammer zu zertrümmern. Denn was sich so geheimnisvoll anhört, ist für ihn Alltag. In Italien hat fast jedes Bistum einen offiziellen Exorzisten.

Eine Revision des alten Rituals für den Großen Exorzismus, die 1999 unter Papst Johannes Paul II. veröffentlicht wurde, sieht vor, dass Exorzismus nur noch da angewendet werden soll, wo echte Besessenheit, nicht Geisteskrankheit, diagnostiziert ist. Die Kirche unterscheidet das heute, es werden häufig Psychologen und Psychoanalytiker als Berater der Exorzisten herangezogen.

Es kommt darauf an zu erkennen, "ob einer spinnt oder nicht", nennt das ein Priester aus Österreich – nicht immer einfach, wenn man als Seelsorger arbeitet. Er ist hier in Rom, weil ihn stutzig macht, immer häufiger Menschen zu treffen, die "Probleme haben, und zwar nicht nur psychologischer Art".

Auch der Psychoanalytikerin kam der Teufel unter

Die Psychoanalytikerin Porzia Quagliarella aus Süditalien ist eine begehrte Expertin. "Zeichen für echte Besessenheit gibt es durchschnittlich nur in zwei von zehn Fällen." Ein Anzeichen sei "kompulsives Verhalten". Auch ihr sei der Teufel einmal untergekommen: "Ein Patient lag in meiner Praxis auf der Couch und begann, sich zu winden und zu fluchen. Direkt vor ihm an der Wand war ein Kruzifix, das ich dort aufgehängt hatte."

Betroffen seien immer mehr Jugendliche. "Sie sind anfällig für das Böse, weil Wertesysteme wie die Familie in unserer Gesellschaft zerfallen." Sekten, Satanisten, schwarze Magie und Aberglauben jeder Art haben da ein leichtes Spiel – darüber sind sich alle einig.

Auch Marta Illueca aus den USA interessiert das Thema. Sie ist Kinderärztin, sucht in Rom nach theoretischen Grundlagen für ihre Arbeit. "Jugendliche bei uns haben heute eine immer stärkere Neigung zu Paranormalem. Die Folge sind oft schwere psychologische und gesundheitliche Probleme." Jetzt will Marta sich in der Gemeindearbeit gegen diese Tendenz zur Wehr setzen.

Auch drei deutsche Bistümer treiben noch aus

In Deutschland ist Exorzismus umstritten. Dabei wird fast jeder Katholik bei der Taufe einem Exorzismusgebet unterzogen. Der deutsche Papst Benedikt XVI. ermutigte die Teilnehmer des italienischen Nationalkongresses der Exorzisten 2005, in ihrem "wertvollen Dienst" weiterzumachen.

Aber schon Sigmund Freud hielt nichts von kirchlicher Seelsorge im Umgang mit kranken Menschen. Und in Deutschland erregte 1976 der Fall der jungen Anneliese Michel Aufsehen, die mit erst 23 Jahren nach einem Exorzismus starb. Ihre Eltern und zwei Priester wurden wegen fahrlässiger Tötung verurteilt – die ärztliche Behandlung war abgebrochen worden, und Anneliese starb an Unterernährung.

Die Forderung der Deutschen Bischofskonferenz nach einer Umbenennung des Rituals in "Liturgie zur Befreiung vom Bösen" blieb in Rom ungehört. Heute gibt es Exorzisten in den Bistümern Trier, Münster und Köln.

Sich juristisch absichern – es kommt oft zu Gewalt

Einer von ihnen erläutert der "Welt" in Rom: "Ich arbeite strikt mit drei Psychoanalytikern zusammen. Oft kommen Menschen zu mir, die sich genau erinnern, wie und wann der Teufel von ihnen Besitz ergriffen hat. Ich muss dann genau erfragen, wie das Leben dieses Menschen gelaufen ist, und ihm raten, vielleicht doch besser zu einem meiner Psychoanalytiker zu gehen." Man müsse sich außerdem juristisch absichern, "denn es kommt ja bei Besessenen immer wieder zu Gewalt".

Aber wie ist es eigentlich, wenn man dann doch dem Teufel einmal ins Auge schaut? "Man braucht viel Geduld und Widerstandskraft mit diesen Menschen. Wenn ich ihnen das Kreuz vorhalte, kann es passieren, dass sie mich schlagen oder plötzlich wie tot zu Boden fallen. Das heißt aber nicht gleich, dass sie unbedingt vom Teufel besessen sind. Aber der Priester muss wissen, dass es das Finstere in dieser Welt gibt."







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