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Millionen für Gott


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Rolf

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Millionen für Gott






In Brasilien besitzen Pfingstkirchen eine besondere Bedeutung




Von Solveig Flörke



Der Wagen vor mir im Stau hat es, der Lkw am Straßenrand, die kleine Saftbar um die Ecke, und selbst auf dem Laptop meiner Nachbarin prangt einer dieser glitzernden Aufkleber mit dem Schriftzug "Deus", also "Gott" oder "Jesus". Mal steht da "Gott ist treu", "Dieses Auto habe ich von Gott" oder "Jesus ist mein Leben".

Ich habe mich anfangs sehr über diese demonstrativen Glaubensbekundungen gewundert, denn selten sind sie nicht. An jedem kleinen Kiosk kann aus einer bunten Auswahl von Aufklebern mit Jesus- oder Gott-Sprüchen ausgewählt werden. Offenbar sind die Brasilianer sehr religiöse Menschen, dachte ich.

Tatsächlich gilt Brasilien, das größte katholische Land der Erde, als Hochburg des Katholizismus. Bis in die 50er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts bekannten sich laut offiziellen Volkszählungen rund 90 Prozent der Brasilianer zum katholischen Glauben. Doch das ist längst anders: 50 Jahre später waren es nur mehr 70 Prozent. Gleichzeitig wächst die Zahl der so genannten "evangelicos", der Anhänger von Pfingstkirchen. Allein in Rio de Janeiro wurde im Schnitt täglich eine neue Pfingstgemeinde gegründet. Die älteste ist die Assembleia de Deus, 1911 in Belem, im nördlichen Bundesstaat Para, ins Leben gerufen. Heute ist sie mit über sechs Millionen Anhängern die größte Gemeinschaft von "evangelicos" in Brasilien.

Zu ihr gehören auch viele Prominente und Politiker. Als internationales Zugpferd der Pfingstkirche "Wiedergeburt in Christus" war vor allem der brasilianische Fußballstar Kaka bekannt. Er schenkte seine Weltfußballer-Trophäe demonstrativ dem Haupttempel in Sao Paulo und wollte nach seiner Laufbahn als Spieler dort Pastor werden. Mittlerweile hat er andere Pläne und der Pfingstkirche den Rücken gekehrt. Vielleicht auch, weil die Vorsteher seiner ehemaligen Pfingstkirche wegen Geldwäsche und Devisenschmuggels verurteilt wurden.

Dass es den Kirchenbetreibern vor allem um Geld geht, daraus wird kein Geheimnis gemacht. Dem brasilianischen Staat scheinen allerdings die Hände gebunden. Zum einen sind Religionsgemeinschaften von Steuerabgaben auf ihre eingenommenen Spenden ausgenommen, zum anderen sind alle Zahlungen der Anhänger freiwillig. Trotz einiger Versuche konnte die Regierung den Pfingstkirchen bisher kaum kriminelle Handlungen nachweisen.

So mancher Kirchengründer macht relativ ungehindert eine steile Karriere. Edir Macedo zum Beispiel. Er gründete 1977 die IURD. Der ehemalige Verkäufer in einer Lotto-Annahmestelle lebt mittlerweile in den USA und ist Besitzer des zweitgrößten Medienunternehmens Brasiliens, Rede Record. Die IURD ist bereits in über 170 Ländern vertreten, und im Zentrum ihres Interesses stehen besonders arme Regionen, denn dort ist die Aussicht auf neue Mitglieder am größten.

Tatsächlich stellt sich im Leben vieler Einzelschicksale eine Besserung ein, nachdem sie sich ernsthaft auf eine Pfingstkirche einlassen. Menschen werden dazu angehalten, sich ordentlich anzuziehen, es gibt strenge Regeln, die Drogen, Alkohol, Gewalt und Diebstahl verbieten. Ja, sogar in brasilianischen Zeitungen werden Sie Anzeigen finden, in denen steht: Hausmädchen gesucht, "evangelica" bevorzugt. Das liegt daran, dass die Menschen als besonders verlässlich gelten.

Auch die Alphabetisierung von Erwachsenen wird durch einige Pfingstkirchen vorangetrieben, weil sie das Lesen in religiösen Büchern zum Muss erklären. Doch auch dies hat einen Hintergrund: Mit ihren Buch- und Musikveröffentlichungen verdienen die Pfingstkirchen Millionen. Versprochen werden nicht weniger als Wunder. Da ist ein neues Auto – gegeben von Gott – erst der Anfang.
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