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Geisterbeschwörung im Kinderzimmer


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Rolf

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Geisterbeschwörung im Kinderzimmer




Sekteneinflüsse, Magie und Tischerücken nehmen zu. - "Echt ätzend" findet die 15jährige Cordula ihr Horoskop heute und beschließt, statt dem Schulbesuch die Zeit im Kaufhaus zu verbummeln, um "die richtigen Entschlüsse" zu treffen. Marco, Basti, Tanja und Julia treffen sich in ihrer Freizeit im verräucherten Keller zu okkulten Sitzungen. Mit Schemen und "Geistern" besprechen sie ihre Probleme und richten ihr Verhalten danach aus, welche Muster der Kaffeesatz annimmt. Vom Pendelausschlag hängt für Alex ab, ob die nächste Klassenarbeit gut zu werden verspricht oder ab man die Schule besser schwänzt.

Einzelfälle ? Mitnichten ! Es sind typische Szenen aus dem heutigen Alltag vieler Jugendlicher. Beobachtungen und Berichte von Fachleuten sowie Erhebungen des religionswissenschaftlichen Instituts der Freien Universität Berlin belegen, daß etwa 30 Prozent der Großstadtschüler (ab der 9. Klasse sogar 40 Prozent) vom Okkultismus begeistert sind, an Seancen teilnehmen, sich nach Horoskopen richten, Tischerücken und Geisterbeschwörungen als Entscheidungshilfe heranziehen. Doch auch auf dem Land nehmen Sekteneinflüsse, Magie und Gläserklirren dramatisch zu.

In manchen Kinderzimmern stehen Pyramiden und Talismane; Astrologie und Wahrsagerei faszinieren Mädchen wie Jungen. Überaus verbreitet und beliebt sind Pendel, Flaschendrehen, Hellsehen, Kartenschlagen, Spuk und Beschwörungsriten. All das gab es zwar schon im Mittelalter, beängstigend ist jedoch nur, wenn man in unserer Zeit einem Geist die Entscheidung überläßt. Wie verhängnisvoll Suggestionen sein können, beweisen Zeitungsberichte: Bis zum Selbstmord kann der Geistergläubige geführt werden, wenn die befragte Kerzenflamme das "Todesdatum" ausflackert.

Ein Mädchen wurde unlängst als "Hexe" gebrandmarkt und von anderen gemieden, weil sich der Hals der "Wahrheitsflasche" auf sie richtete. Neugier steht am Anfang der Pendelgläubigkeit. Nach außen hin behütet, aber innerlich vereinsamt sind die Anhänger des Okkultismus zumeist; Erwachsene sind regelrecht "sprachlos" den Problemen der Kids gegenüber, weder Schule noch Kirche oder Öffentlichkeit bauen Defizite ab. Unsicherheit, Werteverlust, Panikmache, Perspektivlosigkeit, Kommunikationsschwierigkeiten, Pubertät und Lebensängste tragen zur Flucht in den Kaffeesatz bei: Schließlich glaubt man, zum "Pechvogeldasein" prädestiniert zu sein. Die realistischen Ursachen der Vorliebe für Geisterbeschwörungen gilt es aufzudenken und von Elternhaus, Schule und Kirche ad absurdum zu führen.

Fest steht, daß pseudoreligiöse Sekten, okkulte Vereine, Wahrsager, Magier, Hellseher und Kartenleger immer dann erfolgreich um Anhänger und Gläubige buhlen, wenn die Zeiten unsicher sind, Vor allem die Eltern dürfen nicht in Sprachlosigkeit ihren Töchtern und Söhnen gegenüber verharren, sonst fehlt zum Hokuspokus, Hexenzauber und Schamanenunwesen nur noch der schwarze Kater auf der Schulter, an dessen Schwanzstellung Alltagsprobleme gekoppelt werden.

Selbstinformation über Okkultismus und Sektenunwesen erleichtert allen Erwachsenen die Diskussion mit Heranwachsenden. Bücher und Schriften darüber sind in Bibliotheken erhältlich. Das heißt, grundsätzlich sollten Eltern einem Gespräch nie ausweichen und sich stellen. Gerät ein minderjähriges Kind in die Fänge einer dubiosen Sekte, ist es ratsam, über einen Anwalt rechtliche Schritte einzuleiten. Zudem löst ständiger Kontakt mit der Schule so manches Problem, bevor Jugendliche zu Spuksitzungen oder Pendeldeutungen greifen. In Städten helfen Sektenberatungsstellen, über die die Bürgerberatung im Rathaus Auskunft gibt. Daneben stehen kirchliche Institutionen und Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände allen Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite.

Aus: Waiblinger Kreiszeitung-24-1--94-
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