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Habe keinen Aberglauben, deute keine Zeiten, zaubere nicht!


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Rolf

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Habe keinen Aberglauben, deute keine Zeiten, zaubere nicht!




Die rabbinische Literatur liefert uns detaillierte Beschreibungen 'heidnischer Dienste' bzw. Verhaltensregeln zur Vermeidung solcher Praktiken. Die Weisen geben uns Vorschriften, die uns helfen sollen, Aberglaube und Götzendienst zu erkennen. Ausserdem geben sie uns Richtlinien zum Umgang mit den Anhängern solcher Wertvorstellungen. In all unseren Handlungen ist es wichtig, zu bezeugen, dass wir an die Macht der Götzen, an dunkle Zeichen und Talismane nicht glauben.

Im Kap. 166 des Kizur Schulhan Arukh finden wir Erläuterungen zur Weisung 'Habe keinen Aberglauben, deute keine Zeiten, zaubere nicht'. Es folgen Beispiele, die uns mit der praktischen Bedeutung der Weisung vertraut machen sollen:

Kap.166 - §1: "Sage nicht: Wenn einer sagt, weil mir mein Brot aus dem Munde gefallen oder mir mein Stab aus der Hand gefallen ist oder mein Sohn hinter mir mich gerufen oder ein Rabe mir zugerufen hat, ein Hirsch mir über den Weg gelaufen, eine Schlange zu meiner Rechten, ein Fuchs zu meiner Linken war, will ich diesen Weg nicht gehen, weil ich kein Gelingen haben werde; ebenso diejenigen, die auf das Zwitschern eines Vogels hören und sagen: Es wird so und nicht so sein; es ist gut das und nicht gut, das zu tun.

Ebenso, wenn man von jemand Geld verlangt und er sagt: Ich bitte dich, laß mich jetzt; es ist Morgen, und ich will nicht den Anfang des Tages mit einer Strafe beginnen; oder: es ist Sabbatausgang oder Monatsanfang; ebenso diejenigen, die sagen: Man muß diesen Hahn schlachten, weil er am Abend gekräht hat, oder dieses Huhn töten, weil es wie ein Hahn gekräht hat, und ebenso all dergleichen Dinge sind alle verboten; und wer eines von diesen Dingen tut, übertritt ein Verbot".

Je weiter entfernt wir von solchen Praktiken stehen, umso absurder mag uns diese Aufzählung, deren spöttischer Unterton unverkennbar ist, erscheinen. Umso überraschender erscheint dann der Hinweis: "Manche sagen, wenn einer den Grund nicht angibt, warum er das Huhn oder den Hahn schlachten möchte, sondern einfach nur sagt: 'Schlachtet dieses Huhn oder diesen Hahn!', dann ist es erlaubt diese zu schlachten - und so ist der Brauch".

Kap 166 - §2: Weitere Beispiele folgen und schildern uns das Deuten von Vorzeichen. Dinge, die durchaus auch heute noch verbreitet sind, und oft wissen wir es noch nicht einmal, woher wir solch eigentümliche Anwandlungen haben. Manchmal halten wir es sogar für 'Religion' und verwechseln derartiges mit der Lehre.

ChaSaL (die Weisen - ihr Gedenken sei zum Segen) haben sich zu allen Zeiten gegen abergläubische Praktiken gewandt. Trotzdem finden wir auch Verständnis für die Sehnsucht des Menschen, sich in seiner Unsicherheit an Zeichen, Amulette und dergleichen zu halten. Dahingehend ist auch der Passus (§3) zu deuten, der besagt: "Wenn jemand ein Haus gebaut oder ein Kind bekommen oder eine Frau genommen hat und darauf dreimal Gelingen war - oder das Gegenteil, so mag ihm dies als ein Vorzeichen für die Zukunft sein - ähnlich wie Elieser, der Knecht Awrahams vefuhr".

Im §4 geht es um Zeitendeuter, welche die Augen blenden. Als ein Beispiel wird ein Spassmacher angeführt, der durch Geschwindigkeit der Hände Dinge vortäuscht oder verschwinden lässt. Ein solcher verstößt gegen ein Verbot, gemäß Vajikra jt-14 = Lev. 19,14: "Fluche nicht einem Tauben und vor einen Blinden lege keinen Anstoß, und fürchte dich vor deinem G'tt. Ich bin der Ewige..." Es folgt die lapidare Anweisung - "sieh' es nicht an und betrachte es nicht - wenn sie aber ein Nichtjude macht, darf man zusehen."

In §5 geht es schließlich um Zauberei. Auch hier finden wir die Ablehnung zusammen mit der Ausnahme. Von hysterischem Fanatismus kann keine Rede sein. Es heisst: "Geh' nicht zu Zauberern - außer bei Lebensgefahr, oder bei Krankheit, die durch Zauber oder Zufall (!?) und böse Geister gekommen ist. Dann darf man sich von nichtjüdischen Zauberern helfen lassen".

Was soll uns diese Weisung heute?


Wir deuten weder Zeichen, noch suchen wir die Hilfe von Zauberern. Unsere Kinder fürchten sich nicht vor Raben und Füchsen. Sie beraten sich mit ihren Eltern und nicht mit Hokuspoken, sie hören eher auf die Stimme der Vernunft, als auf die Stimmen krähender Hühnern oder auf das Trippeln der Füchse im Morgengrauen.

Da dieses und verwandte Themen in unseren Foren solch übermächtige Dominanz eingenommen haben, habe ich mir die Frage gestellt "Was soll uns diese Weisung?" und ich meine, dass es die Vernunft ist, die die Überlieferung hier zu fördern versucht. Sie versucht, uns fernzuhalten vor geistiger Unterordnung und legt uns unsere Verantwortung nahe. Wir können uns aus unserer Verantwortung nicht wegstehlen, um uns stattdessen auf Zeichen, Idole, Amulette und Wahrsagerei zu verlassen.

Während die Lehre klar sagt 'tu nicht dies, tu nicht jenes' - vermittelt sie gleichzeitig aber auch ein Verständnis für jene, die dies und das eben doch tun. Sie äußert sich spöttisch, humorvoll, warnend. Dass gerade dieser Bereich mit soviel Nachsicht behandelt wird, ist erstaunlich, wird doch hier ein ganz zentraler Bereich der Lehre, nämlich der Dienst am 'Einen Einzigen', dem 'Eifersüchtigen, dem Ausschliesslichen und Allumfassenden' berührt. Was die Beschäftigung mit der Halakhah hier letztendlich anregt sind also Verständnis, Nachsicht und Vorsicht im Urteil.

Wendet euch nicht den Götzen zu und gegossene Götter machet euch nicht!

Dies gilt in noch stärkerem Masse für die Paragraphen des Kap. 167, welche sich mit dem Götzendienst beschäftigen.

Nach Schulchan Arukh (Jore Dea 139) heisst es im Kizur Kap.167 §1: "Von Götzen ist die Nutznießung verboten, sowohl von ihnen selbst als auch von Ihren Gebrauchsgegenständen und ihrem Schmuck und ihren Opfern. Wenn eins von diesen Dingen selbst unter tausend Erlaubtes gekommen ist, macht es die ganze Vermischung zur Nutznießung verboten". Praktische Beispiele finden sich z.Bsp. im Umgang mit Wein.

Der Schmuck der Götzen: In §2 erfahren wir wie Götzen, die einem Nichtjuden gehören, ebenso wie Ihre Gebrauchsgegenstände und Ihr Schmuck, ungültig gemacht werden können. Hierzu muss der Nichtjude sie mit seinen Händen ungültig machen, daß sie keine Götzen, keine Gebrauchsgegenstände und kein Schmuck für Götzen mehr sein sollen. Die Erwähnung, dass dies auch dann gilt, wenn besagter Nichtjude kein Götzendiener ist, stellt eindeutig fest, dass nicht alle Gojim per se Götzendiener sind.

Kerzen der Heiden: In §3 folgt ein gerade im christlichen Umfeld interessantes Beispiel. Es geht hier um Kerzen, die vor Götzen angezündet werden. Hat diese ein Nichtjude für sich ausgelöscht und einem Israeliten verkauft, sind sogar diese erlaubt; denn, weil er sie für sich ausgelöscht hat, so R. Schlomoh Ganzfried, ist das ihr Ungültigmachen. Wenn wir uns den Vorgang nun praktisch vor Augen führen, erscheint die - oft so streng, starr und unnachgiebig dargestellte Halakhah - ausserordentlich freundlich und entgegenkommend; wer würde sich schon brennende Kerzen in die Einkaufstasche legen. Es bleibt zu beachten: "Der Nichtjude, also der Verkäufer, muss die Kerzen löschen" und: "Man soll solche Lichter nicht für ein religiöses Gebot hernehmen (Hadalakath Neroth etc.), für Heiliges sind sie unpassend".

Die Kleidung der Götzenpriester: Auch §4 überrascht durch die moderate Art, mit der die Überlieferung dieses Thema angeht. Auch hier erweist sie sich viel nachsichter als oftmals vermutet wird. Uns käme es doch gar nicht in den Sinn ein 'priesterliches Gewand' zu erwerben, schon die Betrachtung oder Berührung erscheint uns seltsam. Eine wesentlich weniger 'aufgeregte Einstellung' legt die Überlieferung an den Tag: "Über die Gewänder, mit denen die Priester sich bekleiden, wenn sie in den Götzentempel gehen, sagen manche, diese seien deren Schmuck und nicht der Schmuck ihrer Götzen. Daher wird hier eine Ungültigmachung gar nicht erst notwendig - nach Ansicht mancher". Nach Ansicht anderer ist eine Ungültigmachund im Sinne des §2 notwendig.

§5 bezieht sich auf Vajikra 19-4 "Wendet euch nicht den Götzen zu und gegossene Götter machet euch nicht. Ich bin der Ewige..." (p. 111 Zunz). Auch hier ist die Überlieferung eher unaufgeregt und gebietet lapidar: "Man darf einen Götzen und seinen Schmuck nicht betrachten, man muß sich von dem Haus und umsomehr von dem Götzen selbst vier Ellen fernhalten...". Vier Ellen, das entspricht hochgerechnet 2m Abstand.

Um keinen falschen Eindruck aufkommen zu lassen gebietet §6: "Wenn dir ein Dorn in den Fuss gedrungen ist, während du gerade vor einem Götzen stehst, oder es fällt dir Geld herab, dann bücke dich nicht, um den Dorn zu entfernen oder das Geld aufzuheben. Es könnte sonst so aussehen, als beugest du dich vor dem Götzen. Es ist dies aber auch dann verboten, wenn es keiner sieht". Wie man sich dennoch des Spreisens entledigen kann wird natürlich auch erwähnt: "Setze dich oder wende deinen Rücken oder deine Seite und dann fasse das Hinuntergefallene oder den Spreisen".

Geschäft und Beteiligung §7 : "Manche sagen, es sei verboten, zum Bau von Götzen oder für Schmuck oder Gebrauchsgegenstände des Götzen Geld zu leihen, und umsomehr sei verboten, ihnen bereits gebrauchsfertige Gegenstände zu verkaufen; wer sich davon zurückhält, wird Segen haben. Desgleichen binde man nicht Bücher, die Götzendienst enthalten; nur Bücher der Richter und sonstiger Gelehrter. Wenn man sich vor Feindschaft fürchtet, entzieht man sich jedenfalls, soweit man sich der Sache entziehen kann".

Handel und Wandel an den Kultstätten der Heiden §8: "An einem Ort, wo sich Götzendiener versammeln und sagen, dort verzeihe man ihnen ihre Sünden, darf man mit ihnen keine Geschäfte machen. So nach Turej Sahaw, wohingegen es bei Chochmath Adam heisst (Kap. 87) es sei fraglich".

Die Namen der Götzen §9: "Man darf den Namen von Götzen nicht aussprechen, weder für irgend einen Zweck, z. B., um zu einem andern zu sagen: Warte auf mich neben dem und dem Götzenbild — noch ohne Zweck; denn es heißt (Ex. 23,13): 'Den Namen fremder Götter dürft ihr nicht aussprechen!' Es ist auch verboten, zu verursachen, daß ein Nichtjude den Namen der Götzen ausspricht; so heißt es dort: er (der Name des Götzen) werde nicht auf dein Geheiß vernommen und er werde nicht durch deine Verursachung gehört! Wenn ein Götzendiener ihm einen Schwur leisten muß, erleichtern manche, ihn schwören zu lassen (nach Orach Chajim 156). Den Namen ihrer Festtage, die gleich Namen von Menschen sind, zu erwähnen, ist nicht verboten; nur spreche man sie nicht als feierliche Bezeichnung aus, so wie die Götzendiener selbst sie erwähnen".

§10: "Jede Verspottung ist verboten, außer der Verspottung von Götzendienst - diese ist erlaubt". Der im II. Teil dieser Artikelserie angedachte Zusammenhang zwischen dieser Aussage und der Geschichte des Awram Ben-Terach lässt sich auch durch die Tatsache untermauern, dass die Nennung des Gebots 'Ehre Deinen Vater und deine Mutter' chronologisch direkt vor dem Gebot 'sich nicht dem Götzendienst zuzuwenden' angeführt wird (beide im Wochenabschnitt Kedoschim / Lev. 19ff).
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