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Erst der Gewinn und dann die Moral?


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Rolf

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LayReport Fragen von Dr. Norbert Copray an den Lehrstuhlinhaber für Betriebswirtschaftslehre, Industriebetriebslehre und Internationales Management
Prof. Dr. Hartmut Kreikebaum




Erst der Gewinn und dann die Moral?




COPRAY: Sie etablieren eine Entscheidungsethik als Grundlage für eine Unternehmensethik. Was zeichnet eine Entscheidungsethik aus?

KREIKEBAUM: Drei Dinge prägen aus meiner Sicht eine Entscheidungsethik. Erstens setzen die ethischen Reflexionen an den betrieblichen und unternehmerischen Entscheidungsprozessen an. lch verfolge mit der Entscheidungsethik eine Hinwendung zu den Fragestellungen der Praxis, die spannend und wichtig genug sind, um kritisch hinterfragt zu werden. Dabei beziehe ich mich auf die Führungsentscheidungen und versuche damit, an die Quelle der ethischen Reflexion in einem Unternehmen heranzukommen, wo wirklich Aktionen in Gang gesetzt werden, die zu Konsequenzen führen, über die man ethisch reflektieren muß.

COPRAY: Ist die Entscheidungsethik eine dritte Variante von Ethik neben Gesinnungs- und Verantwortungsethik?

KREIKEBAUM: Nein. Und damit spreche ich den zweiten Punkt an, der die Entscheidungsethik prägt. Mit der Entscheidungsethik begebe ich mich auf eine verantwortungsethische Position.

COPRAY: Wer verantwortet was vor wem? Wer keine religiös begründete Verantwortung kennt, der denkt bei Verantwortung an die Verantwortung vor den Aktionären, vielleicht innerhalb des Vorstands, vor dem Gesetz, vielleicht noch vor den eigenen Mitarbeitern und Kunden. Doch die Mitarbeiter stehen auch zur Disposition, wenn die Aktionäre bedient werden müssen und die Gewinnmarge nur durch Entlassungen ausgebaut werden kann. Wie läßt sich der Verantwortungsbegriff unternehmenspolitisch so profilieren, daß er wirklich trägt?

KREIKEBAUM: Mit dieser Frage bin ich auch in der Praxis konfrontiert worden, beispielsweise durch meine Aufsichtsratstätigkeit in der Adam Opel AG. Da gibt es aktuell den Konflikt zwischen den Interessen des Kapitalgebers und des Mutterkonzerns General Motors in Detroit mit seinen strategischen Zielen, die weltweit unter dem Gesichtspunkt der Unternehmensexpansion verfolgt werden, und den Interessen der Mitarbeiter an einer Standortsicherung in Deutschland und der Ingenieurleistung und des Know how-Vorsprungs, den wir hier immer noch haben. Ein Automobil ist eine sehr komplexe Angelegenheit und deutsche Ingenieure zeichnen sich weltweit dadurch aus, Komplexität sehr gut zu beherrschen. Wir haben es also hautnah mit dem von Ihnen angesprochenen Verantwortungskonflikt zu tun. Und ich denke, daß der Ansatz des shareholder value vollkommen in die falsche Richtung weist, wo nur die Interessen der Kapitalgeber, der Aktionäre bedient werden. Ein Unternehmen ist nun einmal eine politische Einrichtung, die in die Gesellschaft eingebettet ist, vielfältig in die Wirtschaft ausstrahlt und deshalb die Interessen aller Beteiligten, aller Interessenträger – stakeholder - wahrnehmen muß, und dazu gehören natürlich das Management als Interessengruppe eigener Art, die Banken als Fremdkapitalgeber, die Mitarbeiter, die Lieferanten, die Kunden und die Kommune.

COPRAY: Problematisch ist an vielen Unternehmensentscheidungen der letzten Jahre oft, daß betriebswirtschaftlich sehr kurz gedacht wird, gewissermaßen kalenderjahrkurz von Aktionärsversammlung zu Aktionärsversammlung, um jedes Mal steigende Umsatzzahlen und Gewinne bekannt geben zu können. Bei so kurzfristiger Perspektive kann doch selbst gegenüber den Aktionären kaum von einer professionellen Verantwortung des Managements gesprochen werden. Sie haben auch zur strategischen Unternehmensplanung gearbeitet. Wie verträgt sich denn Unternehmensführung mit Unternehmensethik?

KREIKEBAUM: Damit kommen wir zum dritten Aspekt der Entscheidungsethik. Die langfristige strategische Unternehmensplanung und -praxis ist für ein Unternehmen eine unerläßliche Bedingung für das Überleben einer Firma. Das bedeutet eine Abwendung von einer kurzfristigen Verfolgung eines Gewinnmaximierungsinteresses und stattdessen eine Hinwendung zur langfristigen Sicherung der Stärken und zur Ausmerzung der Schwächen, die in einem Unternehmen vorhanden sind.

COPRAY: Das dürfte doch in einem mittelständigen Unternehmen, in dem Inhaber und Manager oft ein- und dieselbe Person ist, eher gelingen, weil auch das eigene persönliche Überleben an die Tradition und Zukunft der Unternehmens, an seine Mitarbeiter- und Kundschaft gebunden ist: Im Gegensatz zu Top-Managern, die oft nur eine begrenze Verweildauer in Konzernen haben, bisweilen auch verschiedene Großkonzerne nacheinander durchwandern und durch üppig ausgestattete Verträge inklusive Abfindungsregelungen bestens geschützt sind. Wie soll denn dann ein langfristiges Interesse am Unternehmen sichergestellt werden?




KREIKEBAUM: Sie sprechen das Problem der Identifizierung der Führungskräfte mit ihrem Unternehmen an. Diese Identifizierung kann nur dann gelingen, wenn die Vorstandsmitglieder interessante Aufgaben bekommen, also über
die intrinsische Motivation. Das heißt: Man wird gezwungen, professionell zu entscheiden und zu handeln. Und wer das tut, kann nur noch unter Globalisierungsgesichtspunkten seine Entscheidungen treffen. Globalisierung bedeutet: Man muß die langfristigen Konsequenzen jetzt und heute berücksichtigen.

COPRAY: Dazu scheint es mir in vielen Vorständen an Kooperationsprofessionalität zu mangeln. Nicht selten haben wir den Fall, daß ein starker Vorstandsvorsitzender einsame Entscheidungen trifft und dann durch Rhetorik und sanfte Erpressung versucht, die anderen auf seine Linie zu zwingen.

KREIKEBAUM: Diese Gefahr sehe ich auch. Doch in der mir vertrauten Praxis ist sie nicht gegeben. Ein Vorstandsvorsitzender tut gut daran, sich als primus inter pares zu verstehen, die Dinge zu steuern und eher zu vermitteln.

COPRAY: Wir haben jetzt über Aspekte der Entscheidungsethik gesprochen, insofern sie aus einer Verantwortungsethik folgt. Wie steht es mit der Gesinnungsethik? Spielt die Gesinnung von Führungskräften überhaupt eine Rolle?

KREIKEBAUM: Diese Frage hat Max Weber in seinem Plädoyer für die Verantwortungsethik in einem berühmten Vortrag 1917 vor Münchener Studenten so beantwortet: Die Gesinnungsethik gehört mit der Verantwortungsethik in der Weise verkoppelt, daß man sich von ethischen Haltungen nicht befreien und nur auf die Konsequenzen des Handelns schauen kann, sondern man kommt von Voreinstellungen her, die nicht übersehen werden dürfen. Und es kommt sehr auf den Sinn an, den man den Dingen beilegt, der nur aus den persönlichen Wertüberzeugungen geboren werden kann. Das ist dann Gegenstand einer Führungsethik, die sich mit der Moralität einer Person, also mit der Persönlichkeit einer Führungskraft beschäftigt.

COPRAY: Läßt sich denn bei Unternehmen auch von einer Moralität, von einem moralischen Geist sprechen? Wenn wir das Problem der whistle blowers aufgreifen, dann ist allein deren Existenz mehr als peinlich für die Moralität, aber auch die Professionalität der Unternehmen, denen es bisher nicht gelungen ist, ein produktives Beschwerdemanagement einzurichten.

KREIKEBAUM: In Deutschland nicht. In den USA ist das anders. In amerikanischen Unternehmen gibt es das Phänomen whistle blowing in organisierter Form. Bei Bell Telephon haben sie das schon vor zwanzig Jahren praktiziert. Dort konnte jeder alle seine Probleme und Beschwerden einem counseller mitteilen, der sich das alles anhört, sich vielleicht ein paar Notizen macht. Daraus ist dann ein Verfahren entwickelt worden, das Leute aktiv beteiligt und einbezieht in einen Prozeß der Entscheidungsbildung. Whistle blowing hat also durchaus eine positive Funktion, man muß es nur organisieren und öffentlich machen, ein Verfahren entwickeln, an dem alle ohne Benachteiligungen auch durch den direkten Vorgesetzten teilnehmen können. Wenn man im Unternehmen eine Art Ombudsmann/-frau hat, an den man alle Beschwerden richten kann, dann ist das unter Umständen ein sehr hilfreiches Verfahren.

COPRAY: Woran liegt es, daß sich Führungskräfte und Ökonome so schwer tun, die langfristig ökonomisch sinnvollen Aspekte ethisch begründeter Unternehmenspraxis und die ethischen Aspekte ökonomischer Entscheidungen zu sehen, indem sie beispielsweise erfolgreiche Instrumente des Beschwerdemanagement im eigenen Unternehmen einrichten und ernstnehmen?

KREIKEBAUM: Es liegt an einer Verkürzung der Perspektive der Wirtschaftswissenschaftler, insbesondere der Betriebswirte, auf eine Haltung des Utilitarismus hin. Der Utilitarismus fragt nur nach dem Nutzen und wenn man sich nur nach dem ökonomischen Nutzen richtet, klammert man wichtige Aspekte der Realität aus, vor allem alle Aspekte, die vornehmlich wertbezogen sind, die verantwortungsethisch motiviert und zukunftsorientiert sind.

COPRAY: Utilitarismus ist allerdings auch eine mögliche ethische Position, wie durchdacht sie immer sein mag. Eine vermutlich meist unbewußte ethische Grundhaltung der wirtschaftlich Denkenden und Handelnden.

KREIKEBAUM: Dabei dominieren allerdings ökonomische Werte die ethischen Werte...

COPRAY: ...beziehungsweise ökonomische Werte werden für ethische Werte gehalten...

KREIKEBAUM: richtig. Wie es uns in der Neoklassik begegnet. Was wir brauchen, ist statt dessen ein Miteinander von Ökonomie und Ethik.

COPRAY: Viele Unternehmen haben sich Leitlinien erarbeitet. Sie sehen darin einen Ausgleich.

KREIKEBAUM: Sie sind darauf konzentriert, Mängel in der Unternehmensverfassung auszugleichen. Führungskräften, Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten werden Leitlinien an die Hand gegeben, mit denen sie bessere





Entscheidungen treffen können als ohne diese Leitlinien. Ein Beispiel: Wenn ein Unternehmen im Forschungs- und Entwicklungsbereich nicht Produkte entwickelt, die die Gesundheit des Menschen schonen, sondern Produkte, die im Ausland zu Gesundheitsschäden führen, dann ist das sicherlich unethisch und kann durch ethische Leitlinien
verhindert werden. In Kenia sind amerikanische Unternehmen tätig, die eine Zahnpasta mit einem sehr hohen Fluoridgehalt anbieten, der eindeutig gesundheitsschädlich ist. Solche Produkte sind durch Leitlinien zu verhindern, weil sich ein Unternehmen nach innen und außen öffentlich daran bindet und mit einem hohen Imageverlust bei Zuwiderhandlung rechnen muß, der in der Regel auch ökonomische Verluste mit sich bringt.

COPRAY: Worin sehen Sie den Unterschied zwischen dem europäisch-kontinentalen Ansatz der Unternehmensethik und dem angloamerikanischen Ansatz der >business ethics
KREIKEBAUM: Man muß sehen, daß in vielen amerikanischen Unternehmen sehr viel stärker eine puritanischcalvinistische Grundhaltung vorherrscht. Das zeigt sich konkret daran, daß in den USA vierzig Prozent aller Bürger, auch aller Führungskräfte, den Sonntagsgottesdienst besuchen. Diese Grundhaltung wird dort auch als verpflichtend angesehen für das tägliche Handeln - auch im Unternehmen. Dort sieht man die Aufgabe darin, das Leben zu einer Einheit zu gestalten und im Unternehmen nicht anders zu handeln als in der Familie. Dagegen finden wir in Deutschland häufig die Situation vor, daß das Unternehmen das persönliche Gewissen ersetzen kann. Man beruft sich dann also darauf, daß jetzt so oder so wegen vermeintlicher, oft konstruierter Sachzwänge, die nicht hinterfragt werden, gehandelt werden muß. Da ist ein großer Unterschied zwischen amerikanischen und deutschen Entscheidungsgewohnheiten.

COPRAY: Sie würden also nicht den hierzulande öfter geäußerten Vorwurf teilen, die business ethics seien ein noch besseres Herrschaftsinstrument zur Anpassung der Mitarbeiter an Unternehmensziele als das die etwa die deutsche Form der Unternehmensethik je sein könnte?

KREIKEBAUM: Die Amerikaner sind von ihrer Prägung her sehr pragmatisch und zugleich sehr moralisch orientiert. Sie haben immer noch die Grundüberzeugung, daß man eine deontologische Ethik betreiben sollte, also nach Werten und Pflichten fragen sollte, die für alle verbindlich sind. Deutsche Unternehmensführer denken oft gestuft: Erst mal wollen wir einen vernünftigen Gewinn machen und dann sehen wir mal, was wir für ethische Aufgaben noch ausgeben können. Zur Ethik gehört, die Konsequenzen seines Handeln kritisch zu reflektieren.

COPRAY: Welche Vorteile bietet Ihr Ansatz einer Entscheidungsethik für Unternehmen?

KREIKEBAUM: Wir gewinnen damit eine praktische Hilfe bei der Bewältigung von Konflikten und der regelmäßigen Überprüfung der mittel- und langfristigen Ziele und Visionen eines Unternehmens. Es ist unerläßlich in Entscheidungs- und Konfliktfällen, daß alles auf den Tisch kommt, was für den Prozeß von Belang ist, also auch die Wertüberzeugungen der Einzelnen, ihre mentalen Konstrukte und Bilder, die sie sich von der Wirklichkeit machen. Nur, sofern alles öffentlich und miteinander ausgetauscht wird, kann eine umsichtige Entscheidung getroffen werden, die auch im Blick auf das Gerechtigkeitsempfinden der Mitarbeiter nachvollziehbar ist und Korruption ausschließt, durch die Einzelne vermeintliche oder tatsächliche Ungerechtigkeit ausgleichen wollen. Außerdem ist es erforderlich, daß ein Unternehmen von Zeit zu Zeit seine Ziele und Praxis überprüft und gegebenenfalls korrigiert. Auch hier leistet die Entscheidungsethik wertvolle Hilfe, weil sie ein Konzept zur Praxis dieser Überprüfungspraxis liefert.

COPRAY: Hat Unternehmensethik einen Inhalt, der nicht schon in der persönlichen Ethik der Beteiligten oder in der öffentlichen Moral enthalten ist?

KREIKEBAUM: Das Unternehmen muß als Institution auch verantwortlich gemacht werden. Denn im Namen des Unternehmens werden Entscheidungen getroffen und Erklärungen abgegeben. Sie binden dadurch auch das individuelle Verhalten und richten es in einer bestimmten Weise aus. Dazu kommt, daß von einem Unternehmen eine Wirkung ausgeht, die vielleicht nicht beabsichtigt, aber gleichwohl vorhanden ist. Ein Unternehmen gewinnt mit der Zeit eine gewisse Mächtigkeit und muß dann auch als moralischer Akteur in der Gesellschaft angesehen werden.

COPRAY: Vor welchem persönlichen Hintergrund vertreten Sie eine Entscheidungs- und Verantwortungsethik?

KREIKEBAUM: Ich vertrete als praktizierender Christ eine verantwortungsethische Position, die davon ausgeht, daß man nicht nur verantwortlich ist für bestimmte Aufgaben oder für die Erfüllung von Rollen, die man übernommen hat, sondern auch gegenüber einer Instanz, die für den Christen letztendlich Gott ist. Ich denke, daß der Film des Lebens, der bei jedem Menschen mitläuft, ihm am Jüngsten Tag sein Tun und sein Unterlassen präsentieren wird. Ich persönlich bin überzeugt, daß ich es dann mit einem gnädigen Richter zu tun haben werde. Diese Perspektive von Verantwortungsethik ist für mein Leben immer prägend gewesen. Ich strukturiere meine Entscheidungen gewissermaßen vom Ende her.







COPRAY: Das hört sich sehr reformatorisch an, nahezu calvinistisch.

KREIKEBAUM: Ich stamme aus dem reformatorischen Lager. Meine Eltern und Großeltern waren überzeugte Christen, die pietistisch geprägt waren. Ich würde mich als einen modernen Evangelikalen bezeichnen.

COPRAY: Wenn Sie sich so charakterisieren: Haben Sie dann nicht manchmal das Gefühl, sich in den Wirtschaftswissenschaften verlaufen zu haben?

KREIKEBAUM: Ja und nein. Meine Grundhaltung entspricht sicher nicht dem mainstream des Denkens, das in den Wirtschaftswissenschaften vorherrscht, sondern das man eher unter Sozialethikern findet. Allerdings ist man als Christ überall gefragt, ob das in der Praxis ist oder in der Wissenschaft.

COPRAY: Glauben Sie denn, daß die zweitausend Jahre alten christlichen Werte noch eine Chance in der modernisierten Gesellschaft haben?

KREIKEBAUM: Die Werte haben vielleicht nicht dieselben Chancen wie in der Vergangenheit, aber sie stoßen auf denselben Menschen, der nach Orientierung sucht, der im Widerspruch lebt mit den Rahmenbedingungen, die ihm vorgegeben sind, möglicherweise auch mit sich selbst und mit Gott; auf den Menschen, der nicht perfekt und im Hinblick auf seine Fehlentscheidungen erlösungsbedürftig ist und seine Verantwortung immer nur in bestimmten Grenzen wahrnehmen kann. Ich denke, die christlichen Werte lassen sich als Vorbildwerte in einer Führungs- und Tugendlehre weitergeben. In den christlichen Werten steckt sehr viel Weisheit. In ähnlicher Weise wird in der modernen Institutionenökonomie von Reputationsgewinnen gesprochen: Durch Aufbau von Vertrauen zwischen Geschäftspartnern, zwischen Lieferanten und Produzenten, zwischen der Marketingabteilung und dem Kunden können tatsächlich Transaktionen reduziert werden. Ich will nicht die Ethik instrumentalisieren, aber es sollte uns zu denken geben, wenn wir amerikanischen Untersuchungen folgen, daß engagierte Christen mit ihren Unternehmen deutlich höhere return on investment als andere Unternehmen erzielen, obwohl sie beispielsweise nicht sieben Tage in Woche ihre Mitarbeiter arbeiten lassen.

COPRAY: Was ist für Sie ein ganz zentraler Schlüsselwert der christlichen Tradition?

KREIKEBAUM: Verbindlichkeit. Daß ich etwas durch Übereinstimmung von Reden und Handeln zum Ausdruck bringe, was durch meine Haltung und mein Denken gedeckt ist. Verläßlichkeit. Wenn zwischen meinem Denken und Handeln keine Lücke entsteht, bin ich authentisch und mache so auch anderen Mut, verbindlich in der Kommunikation und in der Lebensform zu sein.

Prof. Dr. Hartmut Kreikebaum lehrt Internationales Management an der European Business School in Oestrich-Winkel und Industriebetriebslehre im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Er studierte Volks- und Betriebswirtschaftslehre in Freiburg und Köln und erwarb den >Master of Publik Administration< an der Harvard University, Cambridge. Seit 1995 ist er Mitglied des Aufsichtsrates der Adam Opel AG, Rüsselsheim. Zahlreiche Buchveröffentlichungen und Aufsätze. Wichtigste Veröffentlichung zum Thema: Grundlagen der Unternehmensethik. Schäffer-Poeschel: Stuttgart 1996

Aus: LayReport 2/1998, S. 6-9
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