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Rolf

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Projekt über die Identität verfolgter Christen mit jüdischen Wurzeln während der Nazi-Zeit






"Diese Menschen sassen und sitzen zwischen den Stühlen"






Von Andrea Moresino / Kipa

Zürich, 20.8.13 (Kipa) In einem kurzen und prägnanten Titel lässt sich das Vorhaben von Christiane Faschon, Religionspädagogin und Journalistin, nicht zusammenfassen. Zu komplex ist ihr Anliegen, fast 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges jenen Christen und ihren Nachkommen eine Stimme zu geben, die aufgrund ihrer jüdischen Herkunft damals verfolgt wurden und bis heute in den Kirchen keinen eigen Raum haben. Unterstützt vom Pastoralsoziologischen Institut St. Gallen (SPI), macht sie sich auf die Suche nach deren Familiengeschichten und ihrer heutigen Identität.

"Es ist indiskutabel, Christen mit jüdischen Wurzeln als ‚Mischlinge’ zu bezeichnen", sagt Christiane Faschon gegenüber der Presseagentur Kipa. Während der Zeit des Nationalsozialismus sei dies nach den Nürnberger Rassegesetzen passiert. Vielen Menschen sei der Umstand gar nicht bekannt, dass Mitglieder katholischer und reformierter Kirchen mit einer jüdischen Herkunft während des Zweiten Weltkrieges (1938-1945) aus Rassegründen verfolgt wurden.

Über die langen Jahrzehnte nach dem Krieg habe sich bei den Überlebenden, die teilweise schwer traumatisiert seien, eine Mauer des Schweigens aufgebaut. Einerseits durch die mangelnde oder gar nicht vorhandene Unterstützung der Kirchen damals und heute, und anderseits wegen der eigenen Familie, oftmals auch aus Scham. Nicht selten führte die Entdeckung der jüdischen Herkunft in den christlichen Familien zu Unstimmigkeiten oder gar einem Riss, erzählt die Religionspädagogin. "Ich möchte nach all diesen Jahren jenen Christen jüdischer Herkunft eine Stimme geben, die bis heute noch keine erhalten haben", fasst sie ihre Motivation zusammen und verschweigt nicht, dass sie selbst auch familiär davon betroffen ist.

Vertrauen und Anonymität

Dieser Umstand erleichtere ihr die Arbeit am Projekt, welche sie auf drei Jahre anberaumt hat. Ihre Interviewpartner hätten mehr Vertrauen, wenn sie erfahren, dass auch sie ihre Situation kennt. Vertrauen sei für diese Menschen und auch für sie sehr wichtig, betont Christiane Faschon.

Rund zwanzig Interviews möchte sie mit Zeitzeugen, deren Kindern oder Enkelkindern führen. An gesprächsbereiten Personen mangle es ihr nicht, sagt sie und erzählt weiter, dass die Mundpropaganda über ihr Projekt bereits zu vielen positiven Reaktionen geführt habe und zu den ersten zehn Interviews. "Die Interviews werden anonymisiert, denn auch heute noch haben diese Menschen Angst vor einem Antisemitismus in Gesellschaft und Kirche oder möchten, dass ihre Familien nicht darüber informiert werden." Faschon verschweigt nicht, dass diese Gespräche für die Betroffenen meist sehr emotional und aufwühlend sind.

Interesse am Judentum

Wie sieht die Identität der Interviewten aus, und welche Entwicklungen haben sie durchgemacht? Was bewirkt der Umstand, jüdische Wurzeln zu haben, bei christlichen Familien? Gibt es etwas Spezifisches, was diese Familien - einerseits christlich, anderseits jüdisch- aufweisen? Dies sind nur einige Fragen für ihre Analyse der Identitäten und die Sichtbarmachung ihrer Geschichten. "Diese Menschen sassen damals zwischen den Stühlen, sie haben sich nicht als Juden verstanden und waren teilweise überrascht von ihrer zugeschriebenen Identität", sagt Faschon. Eine Erkenntnis habe sie aus den Interviews schon gewonnen: bei der dritten Generation gebe es vermehrt Impulse, sich der jüdischen Gemeinde zuzuwenden.

Bei ihrem Vorhaben wird sie nicht nur vom SPI unterstützt, auch die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, der Schweizerische Israelitische Gemeindebund und auch Tamach, die Psychosoziale Beratungsstelle für Holocaust-Überlebende und Angehörige in der Schweiz, haben ihr Unterstützung zugesagt. Auch die deutsche Organisation "Der halbe Stern", die sich für Menschen jüdischer Herkunft einsetzt, helfe ihr. Die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz (AGCK), deren Generalsekretärin Christiane Faschon ist, habe mit ihrem Projekt nichts zu tun, betont sie. Trotz vereinzelt zugesagter Unterstützungen stehe ihr Projekt auf finanziell wackeligen Beinen. "Aber ich möchte dennoch daran festhalten und weitermachen", betont sie. Doch die Sponsorensuche verlaufe eben langsam.

Auf den Spuren

Auch heute noch versage die Seelsorge der Kirche bei den mittlerweile hoch betagten betroffenen Menschen. Wie umgehen und reden mit Christen, die vor rund 70 Jahren von der Schoah betroffen waren, und die bis heute von Ängsten geprägt sind? Das Bedürfnis, darüber zu reden, scheint zuzunehmen, so Faschon.

Sie habe erfahren, dass so mancher christliche Student sich dem Studium des Judentums zuwendet, um sich auf die Spuren seiner eigenen Herkunft zu machen. Doch offen dazu stehen komme oft nicht in Frage. Auch heute sitzen viele noch zwischen den Stühlen.

Hinweis: Nähere Informationen zum Projekt unter christiane_faschon@yahoo.de (kipa/am/job)

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