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Tödliches Mitleid


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Rolf

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Tödliches Mitleid




Oldenburg. Sie beteiligt sich engagiert an der Debatte um den Umgang mit dem irritierenden Krankheitsbild "Wachkoma". Protestbriefe diktiert sie, indem sie Wort für Wort durch Kopfnicken buchstabiert. Die Patientin von Andreas Zieger hat länger als drei Jahre im Wachkoma gelegen: ohne Bewusstsein und fast ohne Möglichkeit der Kommunikation nach außen, aber mit wachen Sinnen. Heute ist sie noch immer schwerstbehindert, doch ihre Lebensenergie ist ungebrochen. "Diese Menschen haben gesagt: Sie wollen leben", berichtet Zieger, Leiter der Station für Schwerst-Schädel-Hirngeschädigte am Evangelischen Krankenhaus in Oldenburg, über seine Patienten.

Die Mehrheit der Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger sieht das nach einer Studie der Medizinerin Grit Böttger-Kessler von der Universität Witten-Herdecke anders: 55 Prozent der Befragten geben an, eine Legalisierung aktiver Sterbehilfe zu befürworten. Die Wachkomatösen, weiß Böttger-Kessler, geraten als erste ins Visier der Sterbehilfe-Befürworter. So gibt es in den Niederlanden, wo die Tötung von Menschen auf deren mutmaßlichen Wunsch hin erlaubt ist, kaum noch Wachkoma-Patienten. In der Befragung fanden 65 Prozent der Ärzte und Pflegenden, dass es unter bestimmten Umständen gerechtfertigt sei, das Leben dieser Kranken zu beenden. Jährlich fallen in Deutschland zwischen 3.000 und 5.000 Menschen in diesen Zustand zwischen Leben und Tod.

Zieger sieht mit Sorge, dass sich die Tabugrenzen in der Diskussion verschieben. Befürworter der Sterbehilfe äußern sich in den Medien ungeniert. Und auch eine solche Studie, fürchtet der Arzt, wirft Fragen auf, die vom Gesetz her gar nicht zur Disposition stehen. Doch hört er den "Ruf der Not" aus den Ergebnissen. Die Studie zeigt, dass die Zufriedenheit mit der eigenen Arbeit und mit der Versorgung der Patienten im eigenen Haus die Einstellung entscheidend beeinflusst: Jene Befragten, die mit ihrem Beruf "sehr unzufrieden" sind, votieren zu 74 Prozent für Sterbehilfe an Wachkomatösen. "Es kommt nicht von ungefähr, dass immer mehr Tötungen von Kranken und Alten durch Pflegende bekannt geworden sind", meint Zieger.

Moralische Erdrutsch

Als Hauptursache für den moralischen Erdrutsch gilt die desolate wirtschaftliche Situation im Gesundheitswesen. Die sensiblen Wachkoma-Patienten, meint Zieger, spüren den Druck, unter dem das Personal steht, und reagieren: "Wenn ich nicht willkommen bin, ziehe ich mich zurück – aus dem Weg gehen kann ein Koma-Patient ja nicht." Durch die Einführung der Fallpauschalen verschlechtere sich die Versorgung weiter: "Teure Patienten rechnen sich weniger." Für die Frührehabilitation, die entscheidend die Chancen des Kranken beeinflusst, wieder zu Bewusstsein zu gelangen, erhalten die Krankenhäuser nicht das entsprechende Entgelt. Sie werden also für ihre Leistungen bestraft, wenn sie sie weiterhin erbringen. Eine Folge ist, dass Kranke früher von der Intensivstation in Pflegeheime verlegt werden, wo sie kaum mehr als am Leben gehalten werden.

Unter den Befragten, die sich als religiös bezeichnen, spricht sich eine knappe Minderheit von 44 Prozent für aktive Sterbehilfe aus, im speziellen Fall der Wachkoma-Patienten sind es 56 Prozent. Unter Katholiken ist die Zustimmung geringer als unter Protestanten und Konfessionslosen. Sind die Schwächsten unter den Patienten demnach im Krankenhaus eines kirchlichen Trägers besser aufgehoben? "Diese Häuser müssen genauso sparen wie andere", sagt Zieger. "Aber jedes Krankenhaus beantwortet die Frage anders, wie die Mittel intern verteilt werden."

Text: KNA Katholische Nachrichtenagentur GmbH, 06.02.2007
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