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Anthroposophen beim Panzerdeal aktiv?


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Rolf

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Anthroposophen beim Panzerdeal aktiv?






23.05.2012



"Ausriss" aus der Website "25000-euro.de"

Es geht um die Lieferung von über 200 Panzern des Typs Leopard nach Saudi-Arabien. Im Fadenkreuz einer Kampagne des "Zentrums für politische Schönheit" steht der Panzerhersteller Kraus-Maffei-Wegmann (KMW).
von Michael Mentzel

Mit Hilfe der Kampagne "25000-euro" möchte das Zentrum für politische Schönheit (ZPS) gegen die Eigentümer des Rüstungskonzerns Kraus-Maffei-Wegmann (KMW) vorgehen. Gesucht werden jetzt Informanten, mit deren Hilfe es gelingen soll, Belege für kriminelle Machenschaften vorzulegen, um die Verantwortlichen bei KMW hinter Schloss und Riegel zu bringen. 25.000 Euro Belohnung hat das ZPS ausgelobt; das Geld, so heißt es in der taz, stamme von einem "Philantrophen" und läge auf dem Konto des ZPS.

Was auf den ersten Blick aussieht wie der Aufruf zur Denunziation, entpuppt sich auf den zweiten Blick als der gelungene Versuch, Aufmerksamkeit für ein Problem zu generieren, dass vom Staat wie wohl auch von den BürgerInnen eher als marginal betrachtet wird. Denn die von Krauss-Maffei-Wegmann hergestellten Produkte hübschen die bundesrepublikanische Außenhandelsbilanz auf, und auf diesem Auge ist die Öffentlichkeit nachgerade ein bisschen blind.

Gleichwohl ist es nicht abzuleugnen: Die Produkte des Rüstungskonzerns sind dazu geeignet, Probleme in der Welt zu lösen, die es ohne diese - und ähnliche - Produkte möglicherweise gar nicht gäbe, auch wenn eine solche Vermutung den Bellizisten aller Coleur die Zornesröte ins Gesicht treiben mag.

Prominente Fürsprecher der Aktion gibt es auch, Rupert Neudeck von den Grünhelmen wird auf der Webseite des Zentrums für politische Schönheit mit den Worten zitiert: "Das ist ein genialer Versuch. Und wenn ich mitmachen kann, werde ich mittun. Erst mal Glückwunsch zu der Initiative."

So weit, so gut. Was aber hat das mit den Anthroposophen zu tun? Einer der Steckbriefe der Aktion gibt genauer Auskunft: Abgebildet ist Dr. Manfred Bode, Vorsitzender des Aufsichtsrates des Rüstungskonzerns KMW. Überschrift: "Der Anthroposoph". Nach dem Anthroposophen Peter von Siemens, der keine Probleme damit hatte, sein Geld mit der Errichtung von Atomkraftwerken zu verdienen, jetzt also noch ein spiritueller Sinnsucher als Lieferant fragwürdiger Produkte? Peter von Siemens laut Spiegel im Jahre 1968: "Unsere Industrie darf nicht auf einen industriellen Kolonialstatus herabsinken."

Manfred Bode ist Inhaber des Bundesverdienstkreuzes, dass ihm im August 2007 vom Kasseler OB Bertram Hilgen überreicht wurde. Die anlässlich der Übergabe gehaltene Rede offenbart den Hintergrund des "Anthroposophen" Bode. OB Hilgen: "Ihr soziales Engagement findet Ausdruck in der nachhaltigen Förderung der Arbeit mit behinderten Menschen. Herausragend und einzigartig ist Ihre Unterstützung, die Sie persönlich und die die Wegmann-Gruppe über nunmehr drei Jahrzehnte dem Kuratorium für Behinderte Stadt und Landkreis Kassel e.V. haben zukommen lassen."

Ein guter Mensch also. Unbeschadet der auch zu würdigenden Tatsache, dass Schwache und Arme in unserer Gesellschaft von denen unterstützt werden, die es sich leisten können, handelt es sich bei den Nutznießern der Spenden aber vermutlich nicht um jene, die eventuell schon einmal Bekanntschaft mit den aktuellen Produkten des Rüstungskonzerns gemacht haben.

Das weit verbreitete Vorurteil aber, ehemalige Waldorfschüler seien per se bessere Menschen oder verbrächten ihre Zeit damit, ihren Namen zu tanzen, scheint sich in diesem Fall nicht zu bestätigen. Denn das Bode vom Zentrum für politische Schönheit als "Anthroposoph" geoutet wird, hat er wohl dem in der Rede des Kasseler OB zu findenden Hinweis zu verdanken, dass Bode "Walldorfschüler" gewesen sei und seiner Schule offensichtlich die Treue hält, was vermutlich bedeutet, dass er sie auch finanziell unterstützt. Waldorfschulen, die - wie in Hessen - nur zu 85% von der öffentlichen Hand finanziert werden, sind immer auch auf den guten Willen von Schülereltern oder Ehemaliger angewiesen.

Philipp Ruch ist Ansprechpartner für die Kampagne des "Zentrum für politische Schönheit". Auf die Frage, woher man dort wüsste, dass Manfred Bode Anthroposoph ist, muss er leider passen: man wüsste es gar nicht, sagt er und: "Wir können Ihnen das in der harten Differenzierung nicht bestätigen. Er spendet (viel) für die örtliche Waldorfschule und er ist selbst aus ihr hervorgegangen. Das Etikett "Anthroposoph" überspitzt u.U.!". Jetzt wollen wir es aber wirklich wissen und fragen bei der Pressestelle von KMW nach. Leider gelingt es uns nicht, zu erfahren, ob Herr Bode tatsächlich Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft ist oder sich selbst als Anthroposoph sieht, denn die Pressestelle von KMW ruft auch trotz dreimaliger Nachfrage nicht zurück.

Das Bundesverdienstkreuz allerdings erhielt Manfred Bode nicht wegen seiner Waldorf-Herkunft, sondern wegen seiner Bedeutung für "Leistungen, die im Bereich der politischen, der wirtschaftlich-sozialen und der geistigen Arbeit dem Wiederaufbau des Vaterlandes dienten, und soll eine Auszeichnung all derer bedeuten, deren Wirken zum friedlichen Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland beiträgt." So noch einmal der Kasseler OB in seiner Laudatio. Wir lernen also, dass Menschen wie Dr. Manfred Bode zum "friedlichen Aufstieg der Bundesrepublik Deutschland" beigetragen haben.

Nun denn, was dem einen die Eule, ist dem anderen die trapsende Nachtigall. Ob Anthroposoph, Waldorfschüler oder schlicht ein Zeitgenosse, dem es schnurz zu sein scheint, womit er sein Geld verdient; solange, wie es mit dem Verweis auf einen Verlust der Arbeitsplätze (Leserkommentar in der taz) gelingt, den tödlichen Geschäften auch noch den Mantel der Barmherzigkeit umzuhängen, werden wir mit diesen Gegensätzen leben und sie wohl auch noch eine ganze Weile aushalten müssen. Regierungen, die Geschäfte wie die des Rüstungskonzerns Kraus-Maffei-Wegmann durch ihre Politik möglich machen, werden an den gegenwärtigen Zuständen nichts ändern und es wohl auch nicht wollen, wie man unschwer an der aktuellen Diskussion über die geplanten Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien und auch die U-Boot-Lieferungen nach Israel sehen kann.

In der Hand haben es tatsächlich nur die Bürgerinnen und Bürger, hier etwas zu ändern. Insofern sind Aktionen wie diese, die auf dieses schmutzige Kapitel unserer ach so friedlichen Bundesrepublik hinweisen, eine durchaus begrüßenswerte Aktion. Denn davon, dass Unternehmen wie Kraus-Maffei-Wegmann ihre Fähigkeiten zu wirklich friedlichen Zwecken einsetzen, sind wir derzeit ziemlich weit entfernt.
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