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Eugen Drewermann


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54 Antworten in diesem Thema

#1
friedi1

friedi1

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Hallo,

ich bin jemand, der sich nun seit einiger Zeit intensiv mit den Veröffentlichungen von Eugen Drewermann beschäftigt und sich wünscht, sich darüber mit anderen engagiert und ernsthaft austauschen zu können. Daher freue ich mich, wenn jemand schreibt, dass Drewermann ihn interessiert.
Natürlich geht es mir nicht nur um "fans" von Drewermann, auch Leute, die ihm skeptisch oder kritisch oder ablehnend gegenüber stehen sind mir als Gesprächspartner sehr willkommen. Allerdings wäre es schon prima, wenn Ihr selbst wenigstens ein bisschen in den Büchern dieses Autors gelesen hättet und Euch nicht etwa nur auf Vorurteile und Inormationen über seine Positionen aus zweiter oder dritter Hand bezieht.

In der Hoffnung und Erwartung auf anregenden Austausch,

friedi1
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#2
keine Hoffung mehr

keine Hoffung mehr

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friedi 1


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#3
1Joh1V9

1Joh1V9

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Ich denke nicht, dass friedi1 nach Pamphleten gegen Drewermann suchte...
Obschon Drewermann ein einflußreicher und vielgelesener Theologie ist, scheinen in diesem Forum wohl nur wenige Leser sich aktiv mit ihm und seinem Werk befaßt zu haben. Ich leider auch nicht, in jedem Fall gibt es Bedenkenswertes in seiner Theologie und der Auseinandersetzung mit "seiner" Kirche.
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#4
keine Hoffung mehr

keine Hoffung mehr

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Erklär mir die Welt! - Eugen Drewermann im Gespräch mit Volker Panzer"


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#5
friedi1

friedi1

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Lieber "keine hoffnung mehr",
lieber "1Joh1V9",

vielen Dank für Eure Rückmeldungen. Ich bin den beiden Links von "keine hoffnung mehr" gefolgt, habe Joshua Streits Streitschrit gelesen und mir das Fernsehinterview mit Drewermann angeschaut.

Streits Streitschrift hat mich erschreckt, weil sie meines Erachtens geradezu darauf ausgeht, Drewermann regelrecht zu dämonisieren und ihn gewissermaßen zu einem Erzteufel und Satansdiener zu stilisieren.
Um der Provokation und Herausforderung willen kann man sowas ja vielleicht mal machen. :cool: Aber ich frage mich, ob man einen solchen verbalen Anschlag auf einen Autor, wie Streit ihn in seiner Streitschrift vornimmt, mit den christlichen Werten der Liebe und der von Jesus ja hoch gehaltenen Goldenen Regel, den anderen so zu behandeln, wie man von ihm behandelt werden will, vereinbaren lässt.
Ich habe nicht den Eindruck, dass der Autor dieser Streitschrift irgendetwas von dem, was Drewermann sagt und sagen will wirklich verstanden hat.
Freilich ist echtes Verstehen von einem Menschen, der so denkt und empfindet wie Streit, wohl auch kaum zu erwarten. Denn wie sollte ein Mensch, der der Ansicht ist, dass der Gebrauch des menschlichen Intellekts zwangsläufig dazu führen müsse, dass der Glaube an Christus verloren geht, im der Lage sein, beim Lesen eines Autors wie Drewermann seinen Verstand zu gebrauchen? Und wie sollte ein Mensch wirklich verstehen können, solange er fürchtet, durch den Gebrauch seines Verstandes das Allerwichtigste, nämlich den Glauben an Jesus und die Bibel verlieren zu müssen?

Liebe Grüße von
friedi1
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#6
friedi1

friedi1

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Liebe Forumsnutzer!

Wie darf, soll, kann, muss ich mir die Tatsache erklären, dass nun seit fünf Wochen niemand mehr auf meinen letzten Beitrag zu diesem Thema reagiert
hat? :shock:

Ich freue mich auf Antwort! :smile:
  • 0

#7
Rolf

Rolf

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Ich vermute mal, das viele Christen mit Drewermann nicht so recht klar kommen. Einerseits nennt sich drewermann selbst "Halbbuddhist,", andererseits passt Drewermanns psychotherapeutische Religionsphilosophie nicht so recht zur biblischen Anthropologie. Da man sich mit Drewermann wenn denn schon intensiv beschäftigen muss, ist das für viele sicher eine Zeit und Interessensfrage. Was polarisiert, wird häfig als lästig empfunden. Zu Unrecht wie ich finde, aber wahrscheinlich dem Zeitgeit geschuldet.


Herzliche Grüße


Rolf
  • 0

#8
friedi1

friedi1

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Hallo lieber Rolf,

sehr herzlichen Dank für Deine promte Reaktion. Beim Absenden meines Beitrags bekam ich eine Error-Meldung und die Mitteilung „the server has gone away“, daher dachte ich, mein Beitrag sei gar nicht angekommen.

Folgendes möchte ich zu Deiner Rückmeldung sagen:

Wir leben doch in einer Zeit, in der die Unternehmungen der wissenschaftlich fundierten historisch-kritischen Untersuchung der biblischen Inhalte lange schon und – im Rahmen eines intellektuell redlichen Umgangs damit – unabweisbar zu dem Schluss geführt haben, dass die Geschichten der Bibel uns zum allergrößten Teil überhaupt keine historischen Tatsachen überliefern. Das wirft doch dramatische Fragen auf, die, solange wir es mit dem Glauben und der Bibel ernst meinen, mit allergrößtem Nachdruck nach überzeugenden Antworten verlangen. Wer hält solche Antworten bereit? Ich meinerseits bin bei der Suche nach solchen Antworten immer wieder bei Drewermann gelandet. Dort werde ich fündig. Andere werden möglicherweise anderswo fündig. Doch dann interessiert es mich brennend: WO?
Bei keinem Theologen unserer Zeit finde ich ein so leidenschaftliches Engagement f ü r die Bibel, ein Engagement dafür, zu zeigen, dass und unter welchen Voraussetzungen die Bibel auch im 21sten Jahrhundert von allergrößter Relevanz und Bedeutung ist, auch und gerade für geistig rege, wache, aufgeschlossene und freie Menschen.
Offen gestanden: ohne Drewermanns tiefenpsychologische Exegese des Neuen Testaments, ohne seine tiefenpsychologisch reflektierte Vermittlung der Inhalte des NT müsste ich mich heute Atheist nennen, um nicht zum Lügner zu werden. Daher ist mir Drewermanns Theologie, die die Erkenntnisse der Tiefenpsychologie nicht aussperrt, sondern nutzt, existenziell wichtig und wertvoll. Und ich frage mich, wie andere Christen ohne eine solche Theologie heute noch aufrichtig Christen sein können. Auf diese und ähnliche Fragen hoffte ich innerhalb dieses Forums ein paar interessante Rückmeldungen zu bekommen.

Liebe Grüße,
friedi1
  • 0

#9
1Joh1V9

1Joh1V9

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Wir leben doch in einer Zeit, in der die Unternehmungen der wissenschaftlich fundierten historisch-kritischen Untersuchung der biblischen Inhalte lange schon und – im Rahmen eines intellektuell redlichen Umgangs damit – unabweisbar zu dem Schluss geführt haben, dass die Geschichten der Bibel uns zum allergrößten Teil überhaupt keine historischen Tatsachen überliefern.


Ich denke, es gibt hier viele, die das mit Recht nicht so sehen.
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#10
Rolf

Rolf

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Das Problem scheint mir zu sein, dass man als "Kopfchrist" berechtigte Schwierigkeiten hat, bestimmte Inhalte der Bibel nachzuvollziehen. Wenn nur das wahr ist, was intellektuell auch erfassbar ist, dann ist Drewermann sicherlich einer der brilliantesten Aufklärer.

Nur - so funktioniert das nicht mit der Bibel, weil die Bibel nicht den Anspruch hat, logisch zu sein. Meine Gedanken sind nicht Eure Gedanken und meine Wege sind nicht Eure Wege spricht der Herr. An anderer Stelle heißt es: "Ein Zweifler denke nicht, dass er etwas von Gott empfange" und an wieder anderer Stelle heißt es: "Der Heilige Geist leitet in alle Wahrheit."

Der natürliche Mensch, also der Mensch ohne Gottesbeziehung in Jesus Christus, für die Glauben an das Unlogische unverzichtbar ist, vernimmt aber nichts vom Geist Gottes.

Das ist das vertrackte, wenn man meint man könne Gottes Wort in der Tiefe im Verstand erfassen. Ich habe mich mit Drewermann viel zu wenig beschäftigt, aber wenn es so ist, dass Drewermann dafür steht, dass man das Wort Gottes intellektuell und unter zuhilfenahme von Säkularwissenschaften in der Tiefe erforschen kann, dann ist er aus der Sicht der Bibel ein Irrlehrer.


Herzliche Grüße


Rolf
  • 0

#11
friedi1

friedi1

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Wir leben doch in einer Zeit, in der die Unternehmungen der wissenschaftlich fundierten historisch-kritischen Untersuchung der biblischen Inhalte lange schon und – im Rahmen eines intellektuell redlichen Umgangs damit – unabweisbar zu dem Schluss geführt haben, dass die Geschichten der Bibel uns zum allergrößten Teil überhaupt keine historischen Tatsachen überliefern.


Ich denke, es gibt hier viele, die das mit Recht nicht so sehen.


Vielen Dank, 1Joh1V9, für diese Rückmeldung und Stellungnahme. Möge der Dialog niemals enden!
Als Antwort fallen mir folgende Gedanken ein:

Natürlich kann man das, wenn mans will, anders sehen. Bloß: die Fakten sprechen halt alle dagegen. Und: Glaube gegen alle Fakten, das kanns nicht sein. Glaube, der auf Kosten einer unbefangenen Anerkennung der Realität geht, der kann nicht vom Heiligen Geist stammen. Heilig und ungesund, das passt nicht zusammen. Glaube hat mit intelellektueller Verkrampfung nichts zu tun. Ganz im Gegenteil. Und wäre es anders, wäre mir der Glaube nicht nur schnurz, ich wäre sein Feind.
Gott gab uns den Versand. Von einer Zerstrümmerung desselben hat er nichts gesagt. Der, der gesagt hat "Wer Ohren hat zu hören, der höre" wird mir sicher nicht widersprechen, wenn ich sage: Wer einen Verstand hat zum Denken, der denke. Glaube und Verstand passen prächtig zusammen, finde ich. Der Verstand befruchtet den Glauben und der Glaube befruchtet den Verstand. Und der Mensch braucht seinen Verstand und zwar einen freien Verstand, um sein Leben möglichst gut und sinnvoll zu leben und seine Gaben, sprich: Begabungen, zu entfalten. So geht es zu im vom Glauben geheiligten Dasein.
Solange Verstand und Glaube in einem feindschaftlichen Verhältnis zueinander stehen, haben wir keinen Frieden im Herzen. Wo aber kein Friede ist, da ist der Geist Gottes fern.

Das sind vorerst mal meine Gedanken dazu. Aber vielleicht habe ich noch nicht verstanden, was Du, 1Joh1V9, mit Deinem knappen Votum sagen wolltest.
Aus welchen Gründen Du meinst, dass eine andere Sicht, als die von mir in dem von Dir angeführten Zitat dargelegte MIT RECHT möglich ist, das weiß ich ja noch nicht. Vielleicht kannst Du es mir erklären.

Herzlichen Gruß,
friedi1
  • 0

#12
1Joh1V9

1Joh1V9

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Ich kenne, ehrlich gesagt, kaum Fakten, die dagegen sprechen, der Bibel zumindest grundsätzlich Glauben zu schenken. Ich bezweifle auch, dass alle Fakten dagegen sprechen. Du kannst mich gerne für naiv halten oder eines besseren belehren, dann aber mit einem logisch nachvollziehbaren Beispiel und nicht mit einem allgemeinen: "Alles historisch falsch."
Ich finde eine Haltung, die der Bibel jegliche historische Authentizität abspricht, sehr anmaßend, zumal die biblischen Texte ja sehr alt sind, also die Verfasser auch viel näher an den historischen Ereignissen dran gewesen sind als wir.
Denn wie Paulus so schön sagt: "Wir sind nicht erdachten Fabeln gefolgt." Und ich denke, das Christen mit Verstand auch heute guten Grund haben, dasselbe zu sagen.
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#13
friedi1

friedi1

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Lieber 1Joh1V9!

Auch ich kenne keine Fakten, die dagegen sprechen, der Bibel glauben zu schenken. Und wer ernsthaft meint, Drewermann stehe dafür, der Bibel keinen Glauben zu schenken, der zeigt damit eigentlich nur, dass er Drewermann nie gelesen hat.
Ich zweifle mitnichten an der Wahrheit und absoluten Vertrauenswürdigkeit der Bibel; ich zweifle aber an der Lehre, die vorschreibt, die Geschichten der Bibel ausschließlich und wesentlich historisch begreifen zu m ü s s e n . Ich weiß, dass die, die diese historische Auffassung vertreten, auf bestimmte Stellen des biblischen Textes verweisen, z. B. auf den Anfang des Lukas-Evangeliums (Lukas 1,1-4). Aber ich weiß auch, dass wir der Bibel und ihren Autoren Gewalt antun, wenn wir die Bibel so lesen, als sei sie im Geiste neuzeitlichen Weltverständnisses geschrieben worden. Das ist nämlich begreiflicherweise nicht der Fall.

Das Wirklichkeitsverständnis des neuzeitlichen Weltbildes ist v e r e n g t – Drewermann wird nicht müde mit größtem Nachdruck darauf hinzuweisen. Das neuzeitliche Weltbild lässt nur noch die äußerliche Wirklichkeit als Wirklichkeit gelten. Der Mensch aber, wir alle aber leben nicht nur in der Wirklichkeit, die uns umgibt und die wir mit unseren körperlichen fünf Sinnen erfassen, sondern wir sind zugleich mit alle dem konfrontiert, was an Wirk-lichkeit in uns selbst wirk-sam ist. Wir sind in unserem Verhalten und Tun keineswegs einfach nur von alle dem bestimmt, was sich um uns herum tut und befindet. Wir sind immer zugleich auch von unserer inneren Wirklichkeit her bestimmt, nämlich von unseren Wünschen, Sehnsüchten, Bedürfnissen, Trieben, Träumen, Phantasien, Zielen, Plänen, Absichten ect. Und all diese inneren Wirklichkeiten sind so komplex, dass wir, genau wie dies ja auch bei der äußeren Wirklichkeit der Fall ist, in jedem Augenblick nur einen verhältnismäßig winzigen Teil von alle dem im Bewusstsein und im Bereich unserer Aufmerksamkeit haben. Das heißt, dass in uns selbst vieles geschieht und uns selbst vieles von innen her beeinflusst, was zum großen Teil auch über unser Wahrnehmungsvermögen hinaus geht.
Von alle dem aber will das klassisch neuzeitliche Weltverständnis gar nichts wissen. Wenn der neuzeitlich geprägte Mensch von der Wirklichkeit spricht, dann meint er immer und ausschließlich nur solche Dinge und Ereignisse, die sich außerhalb des Menschen abspielen. Und genau dort, im Außen findet auch die neuzeitliche Wissenschaft all die Gegenstände ihrer Forschung. Was sich im Menschen an Wirk-lichem, also an wirksamen, das menschliche Verhalten wesentlich mitbestimmenden Vorgängen und Faktoren befindet und abspielt, das gilt dem klassisch neuzeitlichen Geist als keiner weiteren Untersuchung wert, da es ja „nur“ „subjektiv“ ist.
Eine solche Spaltung zwischen innermenschlicher und außermenschlicher Wirklichkeit aber, und vor allem eine solche entschieden einseitige Wertschätzung allein nur für das, was - nach neuzeitlichem Sprachgebrauch – objektiv ist, also für das „Außermenschliche“, eine solche Spaltung und ein solches einseitig außenorientiertes Interesse an der Welt kannte das antike Denken noch nicht! Da gab es keine Generalentwertung der inneren, „subjektiven“ Wirklichkeit bei gleichzeitiger allgemeiner Überbewertung des rein äußeren, wie dies im neuzeitlichen Denken allenthalben zu beobachten ist. Subjektives Erleben und äußeres Ereignis wurde in solchen Zeiten, in denen die Bibel entstand, völlig gleichwertig behandelt, was natürlich auch einen entscheidenden Einfluss auf die Art und Weise hatte, in der man damals Ereignisse zur Darstellung brachte, und es gab, sicher auch und vor allem bei den biblischen Autoren, einen gesunden Respekt vor dem inneren, subjektiven Erleben des Menschen, der in der Neuzeit weitgehend verloren gegangen zu sein scheint.

Und wenn wir nun z. B. Lukas 1,1-4 so lesen, wie wenn das die Worte eines neuzeitlich geprägten Geschichtsschreibers, eines Historikers, seien, dann pressen wir diesen Lukas in eine Rolle, die in Wirklichkeit nie die seine war, die in Wirklichkeit niemals die seine gewesen sein kann (weil er ein antiker und kein neuzeitlicher Autor war) und die er, wie ich vermute, auch niemals zu spielen bereit gewesen wäre.
Wir, die wir das neuzeitliche Weltverständnis schon mit der Muttermilch und – häufiger – mit der Alete-Kost in uns aufgenommen haben, sind wie selbstverständlich daran gewöhnt, zu denken – und auch zu fühlen:

objektive Berichterstattung = gute Berichterstattung bzw.
subjektive Berichterstattung = schlechte Berichterstattung.
Aber in dieser Denk- und Fühlweise steckt ja schon die ganze, für das neuzeitliche Denken so typische und geradezu konstituierende und wie ich finde höchst bedenkliche Geringschätzung der innermenschlichen, der subjektiven Wirklichkeit und des subjektiven Erlebens!

Ja, im Grunde es es doch so, dass wir kaum etwas dabei finden, wenn wir uns auf den, wie ich meine, eigentlich unfassbar ignoranten Standpunkt stellen, dass etwas, das sich „nur“ im Menschen (im Bewusstsein) und nicht entsprechend auch außerhalb des Menschen befindet oder ereignet, völlig uninteressant sei, eben, weil es ja „gar nicht wahr“ sei. Dabei übersehen wir, dass etwas, das „nur“ im Bewusstsein des Menschen vorhanden ist und nicht auch in der äußeren Wirklichkeit, eben doch in einer unbedingt wirksamen, wirkungsvollen und damit auch wirk-lichen Weise im Leben des Mensch existent und relevant ist, also im strengen Wortsinn zu seiner Wirk-lichkeit gehört. Wenn aber etwas, das zwar „nur“ in uns selbst, nicht aber außerhalb von uns existiert, innerhalb unseres Lebens, also im durchaus höchst alltagsrelevanten Bereich unseres gesamten Verhaltens, Handelns, Tuns, Fühlens und Empfindens Wirkungen zeitigt, die nicht weniger wirk-lich sind, als etwa die Wirkungen die von bspw. Mauern, Bäumen, Leitplanken oder auch Menschen um uns herum ausgehen, dann tun wir schlecht daran, diesen Wirkfaktoren im Menschen keine weitere Beachtung zu schenken und so zu tun, als spielten sie für das Verständnis der Wirklichkeit des Menschen keine Rolle.

Und wenn nun, meine ich, und meint wie ich finde völlig zu Recht auch Drewermann, Lukas absolut aufrichtig und angemessen, beteuert, nur das zu schildern, was er und andere aufrichtige Menschen selbst erfahren und gesehen haben, so, glaube ich, spricht er dabei – für die damalige Zeit selbstverständlich, für einen neuzeitlich geprägten Geist aber eben leider keineswegs selbstverständlich – nicht allein nur von Dingen, die sich im Außen, im „Objektiven“ abgespielt haben, sondern immer zugleich und ohne wertende Unterscheidung auch vom ganzen weiten und unüberschätzbar wichtigen Bereich des „Subjektiven“, des innermenschlichen Erlebens, der eben offenbar, vollkommen zu Recht, für den antiken Menschen, und vielleicht sogar insbesondere für den antik jüdisch geprägten Menschen, mindestens ebenso relevant bzw. sogar letztlich vermutlich noch relevanter erschien und war, als der ganze Bereich der äußeren und äußerlichen Wirklichkeit, der unserem heutigen Welterleben so überaus wichtig erscheint.

Auch wenn ich nicht glaube, dass die Bibel im Wesentlichen historische Fakten, also Dinge und Ereignisse der äußeren Wirklichkeit schildert und schildern will, sondern - höchst wichtige! - Fakten, Dinge und Ereignisse der innermenschlichen Welt, so glaube ich doch ganz im Einklang mit Paulus, auch, dass wir, indem wir uns den Überlieferungen der Bibel anvertrauen, mitnichten „erdachten Fabeln“ folgen. Denn die Überlieferungen der Bibel schildern nach meiner Auffassung durchaus, und im eben dargelegten Vollsinne, Wirklichkeiten. Denn wer getreulich Wirklichkeiten beschreibt, der darf auch mit Fug und Recht behaupten, die reine Wahrheit zu sagen. Und wenn wir nun angesichts der Feststellung, dass vieles von dem, was in den Evangelien geschildert wird sich nicht in der äußeren, wohl aber in der innermenschlichen Wirklichkeit abgespielt habe, einwenden, dann seien diese Geschichten ja nur „erfundene Fabeln“, dann zeigt sich darin wiederum nur unsere typisch neuzeitliche Geringschätzung und Verachtung für die ganze große und weite Welt innermenschlicher - und ich wagen hier nun endlich, wenn auch sicher zu spät, dieses bei vielen Leuten merkwürdigerweise noch immer so verrufene Wort: psychischer, also s e e l i s c h e r Wirklichkeit. Nur wer die Seele des Menschen v e r a c h t e t , vermag angesichts von Schilderungen, die zentrale und menschheitlich wichtige innermenschliche, also seelische Vorgänge darlegen, von wertlosen „Fabeln“ zu reden.
Wo es aber, wie meines Erachtens in den Geschichten der Bibel, in höchst kompetenter und wahrhaftiger Weise gerade um die Seele des Menschen geht, also um genau das, um dessen Errettung willen Christus sein Leben am Kreuz hingab, da sollten wir allerdings nicht so tun, als handele sich sich dabei um „erdachte Fabeln“. Denn es geht dabei – nochmal: um W i r k l i c h k e i t e n , und um höchst relevante Wirklichkeiten, gerade w e i l sie seelischer Natur sind und damit einen Bereich der Wirklichkeit betreffen, der in seinem Wert und seiner Bedeutung doch weitaus höher zu veranschlagen ist, als jede äußere Wirklichkeit, die ja eben immer nur eine vergängliche sein kann, da sie eine Wirklichkeit innerhalb der vergänglichen Welt von Zeit und Raum ist.
Drewermann ist konsequenter Weise der Ansicht, dass wir den neuzeitlichen Wirklichkeitsbegriff e r w e i t e r n müssen, dass wir ihn nicht länger allein auf die äußere Welt der fünf Sinne und der drei (oder meinetwegen auch vier) Dimensionen anwenden und beschränken dürfen, sondern endlich anerkennen müssen, dass die Wirklichkeit, in der der Mensch bzw. die Seele des einzelnen Menschen sich bewegt, weitaus größer und reichhaltiger ist, als allein nur die äußere Welt, und dass der ganze Bereich der innermenschlichen Wirklichkeit des Menschen ganz selbstverständlich in den Begriff der Wirklichkeit bzw. der Realität mit aufgenommen werden muss, wenn wir nicht in der christlichen Kultur des Abendlandes weiterhin auf mindestens einem „Auge“ blind sein und bleiben wollen.

Und das heißt dann eben auch - und hier kommen wir nun endlich auf das Eigentliche zu sprechen -, dass wir bei unseren Versuchen, die Bibel zu verstehen, ihre Inhalte und Darstellungen nicht länger in den erdrückend beengenden, reduktionistischen Verständnisrahmen des neuzeitlichen Denkens hineinpressen dürfen. Denn die Bibel erzählt uns von einer Wirklichkeit, die unglaublich viel größer und tiefer ist, als die Gesamtheit all dessen, was innerhalb des neuzeitlichen Denkens für wert und berechtigt erachtet wird, unter den Begriff des Wirklichen subsummiert werden zu dürfen. Schließen wir die seelische Wirklichkeit des Menschen aus unserem Wirklichkeitsbegriff aus, wie es noch heute der Durchschnittsmensch alltäglich, gewohnheitsmäßig und zumeist ohne allen Argwohn tut, so m ü s s e n wir die Bibel zwangsläufig in eklatanter Weise missverstehen, da i h r ein Wirklichkeits- und Wahrheitsbegriff zu Grunde liegt, der ein solches Ausschließen der seelischen Wirklichkeit des Menschen seinerseits wiederum ausschließt.

Der langen Rede kurzer Sinn:
wenn wir die These, die innerhalb der katholischen Theologie mit ihrem bedauerlichen und meines Erachtens auch überflüssigen Unfehlbarkeitsanspruch leider dogmatisch ferstgeschrieben wurde, die These nämlich, dass die Bibel bei ihren Schilderungen in der Hauptsache und im Wesentlichen durchgängig historische Tatsachen, also Fakten der äußeren Wirklichkeit beschreibe, - wenn wir diese These nun tatsächlich aufgeben, wie dies die allemal überzeugenden Ergebnisse der historisch-kritischen Bibelforschung uns so unabweisbar nahelegen, dann landen wir keinesweg notwendig bei einer religiösen Entwertung der biblischen Überlieferung; wenigstens dann nicht, wenn wir es wagen, bei der Auslegung der Bibel den neuzeitlich veräußerlichten Wirklichkeitsbegriff als ein zeitgeschichtlich bedingtes, überholbares und in vieler Bereichen geistig heute auch schon überholtes Phänomen hinter uns zu lassen und uns einem zeitgemäß erweiterten und vertieften Wirklichkeitsbegriff zu öffen.

Besser und klarer und vor allem kürzer kann ich all das im Augenblick noch nicht ausdrücken. Puh, uff!! Ich bitte, diese Ausführungen gnädgst und geduldigst zur Kenntnis zu nehmen :smile: – und nicht vorschnell mit den geläufigen und üblichen Argumenten einer „einzig bibeltreuen“ und ganz sicher immer „unfehlbaren“ Glaubensgewissheit dagegen zu schießen und zu wettern. Bitte erst gründlich nach- und durchdenken, dann abschicken.

Freilich hoffe ich dennoch baldigst Antwort und Rückmeldung zu erhalten.

Viele liebe Grüße und Gottes Segen,
friedi1
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#14
Marc__Joh 8, 32

Marc__Joh 8, 32

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Hallo friedi1,

beziehen sie sich auf das neue Buch von Drewermann über das Lukasevangelium?

Ich habe es leider nicht gelesen, kann aber ihren Ausführungen, soweit ich Drewermann kenne, zustimmen. Die Kritik der neuzeitlichen Wirklichkietsauffassung, die sich stark auf das Objektiverbare und das Empirische bezieht ist ganz gut nachvollziehbar. Das ist soweit aber auch nichts neues.

Ich weiß natürlich nicht welche Methode Drewermann bezügl. biblischer Exegese in seinem neuen Werk vorschwebt. Ich kenne seine früheren Arbeiten zur Tiefenpsychologie und Exegese. Geht er jetzt darüberhinaus?
Außer der Kritik am neuzeitlichen Zeitgeist, die auch so von Freud stammen könnte, und an der historischen Bibelexegese der kath. Kirche -man kann die Evangelische hier auch dazuzählen, da die sich an diesem Punkt fast gar nicht mehr unterscheiden- kann ich nichts weiter erkennen.

Nebenbei ist das Lukasevangelium auch in dieser Hinsicht ein besonderes. Lukas ist der einzige neutestamentl. Autor, der sich am ehesten selbst (!) als Historiker begreift. Von daher ist er für uns moderne Menschen aus dieser Perspektive gut zugänglich. In seiner spezifischen Verbindung von Heilsgeschichte (religiöser Topos) und Zeitgeschichte (als einer objektiven Größe) zeigt er doch gerade, dass er ein Innen und ein Außen kennt, sonst wäre eine Beziehung beider Größen ja unsinnig. Er verfügt also über etwas wie einen Geschichtsbegriff oder Weltbegriff, der jenseits seiner religiösen Erfahrung liegt. Und es ist ja gerade die Auseinandersetzung mit der nicht bloß innerlich erlebten Welt, die ihn zu seiner Version des Evangeliums und der Verfassung der Apostelgeschichte bewegt. Gemeinhin nimmt man das Problem der Parusieverzögerung als Anlaß dieser Auseinandersetzung an. Dieses "Problem" kommt aus der Religion, hat aber objektive Auswirkungen: Die Verschränkung beider Ebenen der Historischen und der Religiösen steht dafür, dass sich das Christentum mitten in der Welt ereignet! Kein simpler Gedanke, wenn man bedenkt dass die Gnosis der damaligen Zeit, die sehr einflussreich war, einen anderen Weg gewählt hat. (Auf ihren Spuren wandeln auch die in diesem Forum thematisierten WuG-Anhänger.) Lukas wählt also den steinigeren Weg, wenn sie so wollen, er flieht eben nicht aus der Welt.

Aus diesem Grund mag ich ihrem Satz:

Da gab es keine Generalentwertung der inneren, „subjektiven“ Wirklichkeit bei gleichzeitiger allgemeiner Überbewertung des rein äußeren, wie dies im neuzeitlichen Denken allenthalben zu beobachten ist. Subjektives Erleben und äußeres Ereignis wurde in solchen Zeiten, in denen die Bibel entstand, völlig gleichwertig behandelt, was natürlich auch einen entscheidenden Einfluss auf die Art und Weise hatte, in der man damals Ereignisse zur Darstellung brachte, und es gab, sicher auch und vor allem bei den biblischen Autoren, einen gesunden Respekt vor dem inneren, subjektiven Erleben des Menschen, der in der Neuzeit weitgehend verloren gegangen zu sein scheint.


nicht so ganz zustimmen.

Kurzer Sinn meiner Einlassung: DAs Objektive gehörte von Anfang an dazu, das darf man nicht aus den Augen verlieren. Der Mensch der Antike ist, wie ich finde sonst nicht ganz richtig gezeichnet. Ich stimme aber voll und ganz dem Anliegen Drewermanns, das ja auch das ihre zu sein scheint, zu: Die Verkürzung der subjektiven Wirklichkeit, die eine individuell geglaubte ist.
Jetzt bin ich in der kath. Schriftlehre nicht so bewandert, aber es erscheint mir zweifelhaft, dass man der Auffassung sei die Bibel würde historische Tatsachen beschreiben. Die hist.-krit. Forschung differenziert ja zwischen historischen und nicht historischen Stoffen, keineswegs wird die Bibel pauschl als unhistorisch bewertet. Außerdem ist die hist.-krit. Methode ja nur ein Teil des Weges mit dem Ziel der Bibelinterpretation, sie bereitet gewisermaßen erst das Feld für eine sachgemäße Arbeit mit dem Text, sie ist der heuristische Teil der Arbeit. Die Königsdisziplin ist die Hermeneutik! DIese ist keinesfalls einer tiefenpsycholigischen ERschließung abgeneigt....

Sie kommen zu dem Schluss:

wenn wir diese These nun tatsächlich aufgeben, (...), dann landen wir keinesweg notwendig bei einer religiösen Entwertung der biblischen Überlieferung; wenigstens dann nicht, wenn wir es wagen, bei der Auslegung der Bibel den neuzeitlich veräußerlichten Wirklichkeitsbegriff als ein zeitgeschichtlich bedingtes, überholbares und in vieler Bereichen geistig heute auch schon überholtes Phänomen hinter uns zu lassen und uns einem zeitgemäß erweiterten und vertieften Wirklichkeitsbegriff zu öffen.


Wenn wir die historische Geltung der biblischen Texte aufgeben, dann geht das schon einher mit einer religiösen Entwertung, denn wir geben damit unseren Anspruch auf Wirklichkeit auf. Wir stehen auf lange Sicht in der Gefahr einer doppelten Wahrheit, der religiösen und der wiss. objektiven. Beides tritt dann notwendig auseinander. Damit wendelt das Christentum auf gnostischen Wegen und findet sich wieder in den "Träumen eines Geistersehers" um mit Kant zu sprechen. Vielleicht war Lukas der erste der mit seiner Version des Evangeliums dem zuvorkommt. Damit ist er der erste Theologe, wenn man von Paulus mal absieht.
Das ist der erste Teil ihrer AUssage. Der zweite Teil hängt damit zusammen, ist aber ungemein schwierig obwohl es sich sehr nachvollziehbar und leicht bei ihnen anhört.
Die crux liegt im neuzeitlichen Wirklichkeitsbegriff. Der ist alles andere als einfach und die von ihnen genannten Kriterien sind nur eine Seite der Medaille. Wir haben, obwohl wir Defizite feststellen können, die Neuzeit nicht überwunden. Unser Wirklichkeitsverständnis ist neuzeitlich, aufklärerisch, kurz modern. Ich stimme ihnen von Herzen zu, aber was ist ein

zeitgemäß erweiterte[n]r und vertiefte[n]r Wirklichkeitsbegriff

???
Meiner Meinung nach zielt diese Frage mitten auf das Thema der "Krise der Metaphysik in der Moderne". Kein einfaches Thema! Für Drewermann scheint an dieser Stelle seine Auseinandersetzung mit Freud oder dem Existenzialismus eine große Rolle zu spielen. Das müssten sie vielleicht näher beleuchten. [?]
Bevor diese Arbeit unerledigt ist werfen sie bitte nicht vorschnell den historischen Anspruch aus der Bibelwissenschaft. Wir müssen zumindest, bevor wir das tun, erkennen was wir daran haben und wie wertvoll diese Perspektive ist. Die hist.-krit. Methode und Theologie geht mit der Neuzeit einher und ist als eine direkte Reaktion auf sie zu werten und natürlich ist vieles aus heutiger Sicht überholt, aber überwunden ist es noch nicht ist die neuzeitliche Wirklichkeitsauffassung nicht.

Mit vielen Grüßen
Marc
  • 0

#15
friedi1

friedi1

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Lieber Marc,

sehr herzlichen Dank für Ihre engagierte und kenntnisreiche Rückmeldung.

Meine Antwort ist wieder sehr wortreich geworden. Daher erwarte ich nicht, dass Sie sie umgehend in einem Zuge lesen und sehr bald darauf reagieren. Lassen Sie sich ruhig Zeit. Sie haben sich bisher als ein treuer Antwortgeber erwiesen, so werde ich es nicht missverstehen, falls Ihre Antwort etwas auf sich warten lassen sollte.
Nun meine Antwort auf Ihren letzten Beitrag:

Nein, Drewermanns neueres Buch über das Lukas-Evangelium kenne ich bis jetzt auch noch nicht. Auch ich beziehe mich im Wesentlichen auf die Gedanken, die er in Bd I + II in Tiefenpsychologie und Exegese entfaltete. Dass ich mit dem, was ich zuletzt geschrieben hatte über die in Tiefenpsychologie und Exegese entfaltete Sicht hinausgehe, wäre mir allerdings nicht bewusst.

Es scheint mir wichtig, zu beachten, dass es Drewermann ja nicht einfach nur darum geht, das verengte Wirklichkeitsverständnis der Neuzeit zu kritisieren, sondern vor allem darum, zu zeigen, dass die heute übliche historisch-kritische Bibelexegese ganz und gar dem neuzeitlichen Wirklichkeitsbegriff verhaftet ist und damit den biblischen Texten überhaupt nicht gerecht zu werden vermag.
Der Wirklichkeitsbegriff, um den es mir geht und um den es Drewermann geht, ist insofern ein vertiefter und erweiterter, als er eine Entwertung des ganzen weiten und wichtigen Bereichs der inneren, subjektiven, seelischen Wirklichkeit des Menschen gewissermaßen verbietet und an die Stelle solcher Entwertung eine respektvolle Aufmerksamkeit für diese innermenschliche Wirklichkeit des Seelischen setzt.
Ich hoffte, mich diesbezüglich bereits in den Ausführungen meines letzten Beitrags einigermaßen hinreichend ausgedrückt und erklärt zu haben. Aber vielleicht erscheint Ihnen ein solcher, um die innermenschliche, seelischen Wirklichkeit erweiterter und bereicherter Wirklichkeitsbegriff zu fremd, als dass Sie mit meiner eher abstrakt und allgemein gehaltenen Definition dieses Begriffs wirklich etwas anfangen konnten. Die innermenschliche, seelische Wirklichkeit als einen vollwertigen Bereich der Realität zu begreifen, das geht dem neuzeitlich geprägten Menschen eben vielleicht doch noch allzusehr gegen den Strich.
Sie weisen, natürlich zu Recht, darauf hin, dass wir alle gegenwärtig (noch) neuzeitlich denken und fühlen – ich hatte meinerseits ja auch darauf hingewiesen -, aber wenn dem so ist, so muss dem doch nicht unbedingt so bleiben! Jeder Einzelne hat ja die Möglichkeit, in seinem persönlichen Denken die Grenzen eines Weltverständnisses zu überschreiten, das heute, sogar innerhalb der akademischen Naturwissenschaft selbst, in vielen Bereichen bereits schon überschritten und überholt wurde, z. B. durch die Einführung Heisenbergschen Unschärferelation (vgl. Drewermann: Tiefenpsychologie und Exegese, 783)

Die exegetische Methode, die Drewermann vorschlug und an der sich für ihn selbst, soweit ich weiß, seit Tiefenpsychologie und Exegese nichts Wesentliches verändert hat, besteht im Kern ja darin, die unhistorischen ebenso wie die historischen Inhalte der biblischen Erzählungen von der Tiefenpsychologie her als seelische Bilder und Symbole zu begreifen, anstatt auch die unhistorischen Inhalte als Darstellungen äußerer Wirklichkeiten gewissermaßen zu historisieren und somit zu veräußerlichen.

Sie sagen:

Außer der Kritik am neuzeitlichen Zeitgeist, die auch so von Freud stammen könnte, und an der historischen Bibelexegese der kath. Kirche - man kann die Evangelische hier auch dazuzählen, da die sich an diesem Punkt fast gar nicht mehr unterscheiden - kann ich nichts weiter erkennen.
Dem will ich nicht widersprechen, möchte jedoch darauf aufmerksam machen, dass Drewermanns Kritik am Zeitgeist nicht im Allgemeinen verbleibt und zumindest für die Theologie insofern weitaus mehr ist als eine Repetition der Freudschen Position, da der tiefreligiöse Drewermann sich ganz besonders eingehend, sehr viel eingehender, als der Atheist Freud dies je zu tun bereit gewesen wäre, auf die Niederschläge des Zeitgeistes innerhalb der kirchlich-christlichen Theologie bezieht; und eben feststellt, dass auch die Theologie dem Geist der Neuzeit gefolgt ist und daher in der Phase der Geistesgeschichte, in der wir uns gegenwärtig befinden, ebenso einer grundlegenden Revision bedarf, wie der Zeitgeist überhaupt. Außerdem gilt es zu sehen, dass die Tiefenpsychologie, die Drewermann am Ende des 20. Jahrhunderts zum vertieften Verstehen der biblischen Botschaft zu Rate zieht, sich seit den Tagen Freuds bedeutsam weiterentwickelt hat und es daher viel zu kurz greift, zu meinen, Drewermann habe gewissermaßen nur wiederholt, was Freud schon hundert Jahre früher gesagt hatte.

Sie schrieben ferner:

„Lukas ist der einzige neutestamentl. Autor, der sich am ehesten selbst (!) als Historiker begreift. Von daher ist er für uns moderne Menschen aus dieser Perspektive gut zugänglich.“

Aber dies ist ja gerade z. B. einer der grundlegenden Irrtümer, von denen wir uns befreien müssen, wenn wir nicht vollkommen blind bleiben wollen, für den fundamentalen Unterschied der Art und Weise, in der ein Lukas auf der einen und ein neuzeitlicher Historiker auf der anderen Seite die Historie, vor allem im Hinblick auf religiös bedeutsame Ereignisse, auffassen, begreifen und beschreiben.
Ich wüsste nicht, wie die These sich seriös begründen ließe, Lukas selbst habe sich als ein Historiker im neuzeitlichen Sinne begriffen, auch wenn ich durchaus sehe, dass diese These von Ihnen erkennbar nur relativ und nicht absolut gemeint ist. Der Beginn seines Evangeliums (Lk 1,1-4), auf den ich mich auch in meinem letzten Beitrag bewusst bezogen hatte, mag uns eine gewissermaßen neuzeitliche Geschichtsauffassung suggerieren; dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn wir – wie Sie dies offenbar tun möchten - den geistesgeschichtlichen Abstand zwischen dem Jahrhundert, in dem Lukas schrieb, und den Jahrhunderten der Neuzeit, vernachlässigen, wenn nicht sogar ganz ignorieren.
Dass auch das Wirklichkeitsverständnis des Lukas ebenso ein Innen wie auch ein Außen kennt, hatte ich übrigens ja gar nicht bestritten, sondern ausdrücklich herausgestellt und betont. Wohl aber neige ich zu der Annahme, dass Lukas über einen, wie Sie formulieren, „Geschichtsbegriff oder Weltbegriff, der jenseits seiner religiösen Erfahrung liegt“ keineswegs verfügte oder überhaupt verfügen wollte. Welterfahrung und Gotteserfahrung sind für einen Menschen wie Lukas ein und dasselbe!
Vielmehr müssen wir, wie ich meine, davon ausgehen, dass jegliche Geschichtsbetrachtung und -schilderung für Lukas immer nur insofern relevant und einer Niederschrift überhaupt würdig erscheinen konnte, als sie ihm zugleich auch als Heilsgeschichte gelten konnte. Ein Mensch vom Schlage eines Lukas ist lobenswerterweise durch und durch religiös und auf Gott hin orientiert, und so etwas, wie eine profane Geschichte jenseits der Heilsgeschichte kann es für ihn überhaupt nicht geben, aus Gründen, die ich gleich ausführen werde; und selbst wenn es für ihn so etwas gäbe, hätte er sicher keinerlei Interesse daran, sich selbst zu einem ihrem Schriftführer zu machen. Jedes Stückchen Geschichtsschreibung, das sich nicht als Heilsgeschichte begreift, ist ja von vornherein ein Stück n i c h t c h r i s t l i c h e r Geschichtsschreibung, indem es nur unter der Voraussetzung der Annahme entstehen kann, dass der christliche Gott nicht oder zumindest nicht durchgehend der Herr der Weltgeschichte sei. Und an einer solchen nichtchristlichen Geschichtsschreibung konnte ein Lukas wohl kaum ein Interesse haben.
Für einen Menschen wie ihn gibt es so etwas wie eine bloß oder rein äußerliche Welt überhaupt nicht. Auch das Äußerliche steht für ihn in einem so innigen Bezug zum Innerlichen, dass es für ihn stets eine ganz und gar innerliche Bedeutung hat und haben muss. Und er hat darin ja vollkommen Recht und zwar nicht etwa nur innerhalb des geistesgeschichtlichen Kontextes der Antike, sondern im Grunde eben bis heute und zeitlos, gegen die Wirklichkeitsauffassung des Geistes der Neuzeit!
Die rein äußerliche, "objektive" Welt und Wirklichkeit ist ja vollständig eine Erfindung der neuzeitlichen Art und Weise, die Wirklichkeit explorieren und erfassen zu wollen. Und die Unternehmung, diese rein äußere, "objektive" Welt wissenschaftlich forschend aufklären zu wollen, kann zwar, muss aber nicht mit einem Glauben an Gott verbunden sein. Sie ist religiös gesehen also neutral. Und eine entsprechende Geschichtsschreibung, die nicht immer schon Heilsgeschichtsschreibung, sondern bloß äußerliche, "objektive" Geschichtsschreibung sein möchte, ist ja dementsprechend ebenfalls an sich eine religiös völlig neutrale Angelegenheit. Und an einem solchen Geschichtsverständnis, selbst wenn es das über rudimentäre Ansätze hinaus in der Antike bereits gegeben hätte, hätte ein Lukas wegen seines Durchdrungenseins von Religion und Gottglaube niemals ein ernstes Interesse hegen können, noch nicht einmal im Hinblick auf begrenzte Anteile seines eigenen literarischen Schaffens.
Ob nun mit oder ohne Parusieverzögerung: die Welt bleibt für einen Lukas immer ganz und gar die Welt seines Gottes, eine Welt also, die stets aufs Innigste in Verbindung steht mit dem Inneren und Innersten, das für einen Gottgläubigen stets identisch bleibt mit dem Göttlichen. Für einen Menschen, der so durch und durch religiös ist, wie Lukas es offenbar war, gibt es niemals nur eine „Verschränkung“ des Äußeren („Historischen“) mit dem Inneren („Religiösen“), die ja - qualitativ! - immer noch eine klare Unterscheidbarkeit von Innen und Außen bedeuten würde, sondern alles Äußere und Historische bezieht sich für ihn derart unmittelbar auf das Innere und Innerste, dass überhaupt alle Relevanz des Äußeren ganz und gar von diesem Inneren abhängig ist und für sich genommen gar nicht bestehen könnte. Kurz und pointiert gesagt: etwas rein Äußeres und Objektives, wenn es das überhaupt gäbe, wäre für einen solchen Menschen auch schon rein bedeutungslos und somit überhaupt keiner Erwähnung wert.

Wenn das Christentum eines solchen Menschen wie Lukas auch nicht zu allererst etwas Äußeres, Objektives darstellt, sondern in der Hauptsache und im Wesentlichen ein inneres Ereignis ist, so vollzieht es sich aber dennoch in der Welt, indem es nämlich in Gestalt eines durch den inneren Glauben wesentlich beeinflussten Handelns und Verhaltens zum Ausdruck und damit im Bereich der äußeren Realität zur konkreten Wirkung gelangt. Ein solches wesentlich innerliches Christentum nun in die Gnosis-Schublade abzuschieben, wäre gewiss ein Kurzschluss.
Vielmehr geht es darum: Das „Objektive“ wird ja, wie Sie wissen, stets durch einen Menschen wahrgenommen. Und das Ideal einer absolut objektiven Wahrnehmung des Außen durch den Menschen, von dem die Naturwissenschaft so lange wie hypnotisiert gewesen war, ist im praktischen Forschen ja tatsächlich niemals erreichbar – was inzwischen, wie bereits erwähnt, auch innerhalb der wissenschaftlichen Erkenntnistheorie zunehmend bemerkt und anerkannt wird. Insofern ist, auch aus wissenschaftlicher Sicht, der Begriff des Objektiven streng genommen gegenstandslos. Das Objektive gibt es nicht. Das „Objektive“ ist bestenfalls das durch Menschen, also immer subjektiv Erfasste, Erlebte, Wahrgenommene. Und wenn nun ein Lukas die unbedingte Wahrhaftigkeit seiner Schilderungen am Beginn seines Evangeliums – meines Erachtens vollkommen zu Recht – beteuert, dann missverstehen wir ihn typisch neuzeitlich, wenn wir glauben, er beteuere die Objektivität seiner Darstellung. Er kannte die Idee neuzeitlicher Objektivität noch nicht (die ja überhaupt erst im 16. Jahrhundert aufkam) – was der Glaubwürdigkeit und Wertschätzung seiner Person und seiner Leistung durchaus keinen Abbruch tut, weil ja diese Objektivitätsidee in Wahrheit weniger einen geistesgeschichtlichen Fortschritt, als vielmehr einen gewaltigen, über Jahrhunderte hin die Kultur, vor allem die europäische, zu deren Nachteil bestimmenden, Missgriff und Irrweg darstellte.
In einer solchen naiven Gleichsetzung von Wahrhaftigkeitsanspruch und wissenschaftlichem Objektivitätsanspruch liegt der Grundirrtum der vielen Menschen, die in einer Anbiederung an den Geist der Neuzeit die überwältigenden Schilderungen der Bibel wie historische Berichte im Sinne neuzeitlichen Weltverständnisses auffassen wollten und wollen.

Sie sagten:

Jetzt bin ich in der kath. Schriftlehre nicht so bewandert, aber es erscheint mir zweifelhaft, dass man der Auffassung sei, die Bibel würde historische Tatsachen beschreiben.

Nun, es lässt sich ja nicht von der Hand weisen, dass nicht nur die katholische Lehre, sondern auch viele Protestanten der Überzeugung sind, dass man - um ein zentrales und einschlägiges Beispiel zu wählen - zu glauben habe, die Auferstehung und Himmelfahrt Christi sei als die Beschreibung eines äußerlichen, physikalischen Vorganges im Bereich der äußeren Wirklichkeit aufzufassen. Wer hier anders denkt, wie beispielsweise ich es mit Drewermann und anderen tue, indem er glaubt, dass die Auferstehung Jesu „nur“ - nein: sogar nicht etwa äußerlich und somit historisch, sondern rein auf der seelischen Ebene, also im Bereich dessen, was für alles Religiöse letztlich allein wirklich und relevant ist, stattgefunden habe, der gilt doch den allermeisten (katholischen und protestantischen) Kirchenchristen als Häretiker, was freilich nichts zu bedeuten hat.
Und sehr viele, wenn nicht die meisten Kirchenchristen sehen sich im Hinblick auf die Resultate der historisch-kritischen Bibelforschung ja noch bis heute einzig und allein vor diese Alternative gestellt: entweder fasse ich die biblischen Erzählungen als historischen Berichte auf (und katapultiere mich damit theologisch auf ein buchstäblich mittelalterliches Erkenntnisniveau zurück, und zeige mich zugleich auch gegenüber Ergebnissen seriöser wissenschaftlicher Forschung ignorant) oder aber ich gebe meine Überzeugung von der Glaubwürdigkeit der Bibel auf und werde insgeheim oder auch offen Atheist oder vielleicht Anhänger irgendeiner esoterischen Richtung ect. Drewermann aber zeigt, dass es zu dieser so oder so höchst unbefriedigenden Alternative wiederum eine Alternative gibt, und zwar eine reelle und sowohl wissenschaftlich als auch biblisch-theologisch befriedigende Alternative.

Selbstverständlich trifft es zu, dass die historisch-kritische Bibelforschung nicht pauschal alle biblischen Schilderungen für unhistorisch erklärt. Aber es sind doch durchgängig gerade diejenigen biblischen Schilderungen, die üblicherweise als Basis für die zentralen Aussagen der christlichen Kirchenlehre herangezogen werden, die gemäß der Ergebnisse historisch-kritischer Untersuchung nicht als historischen Berichte gelten können, wie z. B. die Schilderung um die Einsetzungsworte des Abendmahls oder eben die gerade schon angeführten Geschichten um die Auferstehung Christi.
Und wenn, um noch kurz auf eine andere Ihrer Ausführungen einzugehen, nun die Hermeneutik heute gegen die Tiefenpsychologie nicht mehr gänzlich verschlossen ist, so ist dies ja zu begrüßen.

Doch Sie schrieben:

… Wenn wir die historische Geltung der biblischen Texte aufgeben, dann geht das schon einher mit einer religiösen Entwertung, denn wir geben damit unseren Anspruch auf Wirklichkeit auf …,

Nein! Nicht ein Aufgeben des Anspruchs auf Wirklichkeit ist, was damit passiert, sondern die Hinwendung an einen anderen Bereich der Gesamtwirklichkeit, nämlich an den vom neuzeitlichen Geist so schmählich vernachlässigten, wenn nicht mit Füßen getretenen Bereich der seelischen Wirklichkeit.
Und nochmals und immer und immer wieder: diese innere Wirklichkeit unserer Seele ist MINDESTENS genauso gültig, wichtig, wertvoll und wirklich, wie die äußere, - wahrscheinlich aber unendlich viel wichtiger. Es gilt zu begreifen: unser neuzeitlich geprägtes Gefühl t r ü g t , wenn es uns suggeriert, dass die Wahrheiten der Religion an Stellenwert einbüßen müssten, sofern wir anerkennen, dass sie sich nicht auf die äußere Wirklichkeit beziehen – wenngleich sie auf diese äußere Wirklichkeit doch übermächtig wirken, indem sie nämlich den Menschen innerlich verändern und verwandeln (sofern er sich für diese inneren Wahrheiten öffnet) und somit bewirken, dass das Handeln und Verhalten des Menschen in der äußeren Wirklichkeit ein anderes wird.

Sie schrieben auch:

Wir stehen auf lange Sicht in der Gefahr einer doppelten Wahrheit, der religiösen und der wiss. objektiven.
Was hier an Ihrer Formulierung in die Irre und auf eine falsche Fährte führt, das ist der Begriff der „doppelten Wahrheit“; denn der suggeriert die Gefahr einer unhaltbaren Widersprüchlichkeit zwischen gewissenhafter Theologie einerseits und gewissenhafter Naturwissenschaft andererseits. Doch wer die Dinge bei Licht betrachtet und eben nicht länger unter dem verdunkelnden Einfluss des vereingten Wirklichkeitsbegriffs der Neuzeit, der das Seelische aus der Sphäre alles wahrhaft Wirklichen aussperren möchte, der sieht, dass diese Gefahr in Wirklichkeit nicht besteht!
Denn dann wird klar: die Religion an sich soll und muss ja gar keine wissenschaftlich objektiven Aussagen über die äußere (vergängliche) Welt machen. Ihr ureigener - übrigens höchst wichtiger! - "Job" ist es aber, gültige Aussagen über die so unendlich wichtige seelische Wirklichkeit des Menschen bereit zu halten.
Wenn wir über die ä u ß e r e Welt genau und immer genauer bescheid wissen wollen, dann müssen wir sie eben mit naturwissenschaftlichen Methoden erforschen. Und die Ergebnisse sorgfältiger, nüchterner und gewissenhafter naturwissenschaftlicher Forschung müssen selbstverständlich auch von den Vertretern der Religion respektiert werden, was in jedem Falle verantwortungsbewusster Religiosität ja natürlich auch geschieht.
Wenn wir aber über die Wirklichkeit unseres seelischen Daseins Wesentliches und Wahrhaftiges erfahren wollen, dann sind wir durchaus gut damit beraten, uns an die Religion zu wenden.
Fatal wird es allerdings, wenn die Vertreter der Religion glauben, die rein seelische Natur der Wirklichkeit, über die s i e ihrem religiösen Anspruch gemäß rechtmäßig befragt werden, leugnen zu müssen! Und genau dies geschieht heute im Fall des kirchlichen Christentums weitgehend. Und woimmer diese erstaunliche Verleugnung hochgehalten wird, da geschieht dies ganz offensichtlich in dem Bestreben, dem ziemlich überspannten neuzeitlich-naturwissenschaftlichen Zeitgeist zu imponieren. Und statt diese seelische Natur der Wirklichkeit, um die es in der Religion in Wahrheit und seit jeher geht und gehen muss, selbstverständlich anzuerkennen, stellen sie die auf Dauer natürlich völlig unhaltbare, ja absurde Behauptung auf, die Natur jener religiösen Wirklichkeit, für die sie tatsächlich zuständig sind, sei im Grunde von der selben Art, wie die äußere Wirklichkeit, ja es handele sich dabei tatsächlich um äußere Wirklichkeit, um Wirklichkeiten innerhalb desjenigen Wirklichkeitsbereiches also, den wir mit unseren fünf körperlichen Sinnen erfassen.
So wird z. B. aus dem ungeheuer wichtigen und seelisch so absolut wirkungsvollen, wirklichen Ereignis der Auferstehung Christi, die sich in jener Wirklichkeit abgespielt hat bzw. abspielt, der die Seele des Menschen zutiefst zugehörig ist, (die dabei aber nicht die äußere, "objektive" Wirklichkeit ist), ein äußerliches, materielles und somit ja auch schon religiös in Wahrheit nichtiges und rein oberflächliches Sensationsereignis, von dessen Stichhaltigkeit in einer von der Naturwissenschaft sehr weitgehend durchdrungen Welt des 21sten Jahrhunders natürlich kaum ein Mensch tiegreifend überzeugt sein kann. Und dann kann nur Verwirrung und Verworrenheit die Folge sein!

Dass diese von Ihnen beschworene Gefahr einer in sich widersprüchlichen und unversöhnbaren "doppelten Wahrheit" in Wirklichkeit gar nicht besteht, darum geht es ja gerade! Diese Gefahr besteht nämlich nur solange, wie wir glauben, unsere religiöse Wahrheit diesem einseitig auf die äußere Wirklichkeit verengten Wirklichkeitsbegriff der Neuzeit unterwerfen zu müssen.
Richtig ist zwar: eine Aussage, die nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt, kann nicht als wahr gelten. Falsch aber ist es zu sagen: eine Aussage, die nicht mit der äußeren Wirklichkeit übereinstimmt, muss in jedem Fall als falsch gelten. Denn wenn sie auch mit der äußeren Wirklichkeit nicht übereinstimmt, so kann sie unter Umständen eben doch mit der inneren, der seelischen Wirklichkeit übereinstimmen. Und sofern dies der Fall ist, müssen wir es ihr zugestehen, als eine im Vollsinn des Wortes wahre Aussage gelten zu dürfen, eben weil jene seelische Wirklichkeit gemäß eines nicht-verengten Wirklichkeitsbegriffes genauso der Wirklichkeit überhaupt zuzurechnen ist, wie die äußere Wirklichkeit unserer fünf Sinne.

Denn unser Begriff von Wirklichkeit ist erst dann angemessen, komplett und unversehrt, wenn er die seelische Wirklichkeit des Menschen ebenso umfasst, mitberücksichtigt und anerkennt, wie er auch die äußere, physikalische Wirklichkeit in sich birgt.

Nochmals: Wenn heute mit aller möglichen wissenschaftlichen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit nachgewiesen ist, dass die theologisch zentralen Geschichten der Bibel keine historisch stimmigen Berichte sind, dann ist deren religiöser Wert und Gültigkeit damit eben NICHT widerlegt, und zwar nicht deshalb nicht, weil etwa die Gültigkeit dieser wissenschaftlich-historisch-kritischen Erkenntnisse grundsätzlich angezweifelt werden müsste – das müssen sie keineswegs, sondern weil die seelische Wirklichkeit, um die es im Hinblick auf religiöse Aussagen stets geht, ebenso vollgültig ist, wie der ganze Bereich der äußeren Wirklichkeit; und weil daher eine Aussage auch dann, wenn sie zwar nicht mit der äußeren, wohl aber mit der seelischen Wirklichkeit übereinstimmt, ebenso einen Anspruch darauf erheben kann, als wahr zu gelten, wie solche Aussagen, die zwar mit äußeren, nicht aber mit seelischen Wirklichkeiten übereinstimmen.

Daher ist es schlich falsch, zu behaupten, wir würden, wie Sie meinten, „unseren Anspruch auf Wirklichkeit“ aufgeben, wenn wir ganz selbstverständlich zugeben, dass die Religion nicht die äußere, sondern die innerseelische Wirklichkeit unseres Daseins zum "Gegenstand" hat. Wir tauschen durch ein solches, dringend erforderliches Eingeständnis religiös nicht die Wirklichkeit gegen keine Wirklichkeit, nicht das Sein gegen ein Nichts, sondern wir tauschen lediglich die rein äußerliche Wirklichkeit gegen die rein seelische, innermenschliche Wirklichkeit ein. Und dieser Tausch ist kein schlechter, sondern ein sehr guter.
Die Anerkennung der Ahistorizität der für die Kirche wesentlichen biblischen Geschichten bedeutet zwar in gewisser Weise eine Abwendung von der rein äußerlichen Wirklichkeit, zugleich aber die Hinwendung zu der Wirklichkeit, um die es der Religion angestammtermaßen in Wahrheit immer zu allererst gehen muss.

Viele Grüße und Gottes Segen,
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#16
Marc__Joh 8, 32

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Hallo friedi1,

vielen Dank für Ihre AUsführungen zum Thema. Generell denke ich nach lektüre ihres Textes, dass wir uns letztlich im Kreis drehen solange Sie nicht näher beschreiben, was sie mit mit der seelischen, innermenschlichen Wirklichkeit meinen. Das habe ich im Schlußteil meines letzten Textes ja schon ausgeführt.

Ich finde Ihre auf Descartes u.a. zurückgeführte Zweiteilung der Wirklichkeit in res cogitans und res extensa zur Kennzeichnung des "neuzeitlichen Wirklichkeitsauffassung" für zu kurz gegriffen. Das müssten Sie weiter ausführen, ich wiederhole mich. Die Neuzeit ist nicht nur der Rationalismus des 16./ 17. Jhs.!
Wie ich bereits anmerkte gehören wir beide auch dazu -Neuzeit- erst recht Drewermann. Durch Ihren Text zieht sich der rote Faden eines Gedankens, den ich versuchen würde zu beschreiben, als der VErsuch einen reinen losgelösten Standpunkt einzunehmen gegenüber dem Geist der Neuzeit (Antimodernismus?). So etwas zu konstruieren ist doch fadenscheinig, denn das neuzeitliche, moderne Denken (Geist) sind Sie und ich, ist Drewermann und dann auch noch Descartes, Bacon -je nachdem wie weit sie die Linie in die Vergangenheit ausziehen möchten vielleicht auch schon Luther und wenn der dann doch sicher Ockham oh der beruht ja größtenteils auf Duns Scotus, vielleicht ist der gesamte Nominalismus als modern und neuzeitlich zu sehen? Damit wären wir dann aber im 11. Jh. ! Dann könnten wir noch feststellen, dass das was da gedacht wird ja zum großen Teil eine Aristotelesrenaissance ist...
Ob Lukas moderner Historiker war schließt sich hier an. Er hätte es sicher verneint. Aber letztlich beruht sein ganzes Evangelium auf dem Grundgedanken des historisch stattfindenden Heils Gottes. Bitte lesen sie allein die Weihnachtsgeschichte auch wenns zum Kirchenjahr nicht passen mag. Dort finden Sie das who is who der Makropolitik der Antike, angefangen beim Gottkaiser bis zum syrischen Präfekten.
Aber das ist wieder nur eine Brechung unseres Grundthemas vom neuzeitlichen Geist und seiner vermeintlichen Okkupation der äußeren Wirklichkeit.

Ihre grundlegenden Einsichten teile ich sehr wohl, mir scheint nur, dass mit der Verlagerung der Frage nach Religion in eine Sphäre der menschlichen Seele unter Ausblendung objektiver Kriterien nicht viel gewonnen ist:
Dieser gesamte Bereich, den sie andeuten und gegen die nat.-wiss. Weltsicht geltend machen, was für einer ist dieser denn? Mithin einer in dem objektive Kriterien nicht gelten. Das entnehme ich Ihren Definitionen. Die Methode um in diesem Bereich zu sinnvoll Kommunizierbarem zu kommen soll welche sein? Die Psychologie? Oder sparen wir die Methodenfrage auch aus, da wir uns damit wieder einem objektivierbaren Feld annhäherten? Was ich sagen will: Es geht nicht um die hist. Wissenschaft, sondern um die Möglichkeit von Reflexivität und Objektivierung an sich. Wir sprechen über Theologie! Wenn wir über Gleubensakte sprechen mag das etwas anderes sein.

Meine Grundthese zu Ihren Ausführungen, die Sie auf Drewermann stützen ist, dass das ganze sehr in eine substanzlose Richtung geht (Gnosis ist sicher übertrieben das gebe ich gerne zu). Ich möchte an dem historischen Anspruch festhalten, denn die Historizität ist eine Möglichkeit Wirklichkeit zu begreifen und verstehbar zu machen. Jesus Christus ist ein historisches Ereignis und nicht ein bloß innerer religiöser Vollzug oder Erkenntnisakt. Dahinter verbirgt sich der Anspruch auf die Summe der göttlichen Offenbarung in (einem historischen) Zeit und Raum. Man kann Kreuz und Auferstehung nicht in ihrer historischen Bedeutung, sagen wir kosmischen, allein in das Innere des Menschen verlagern.

Sie schreiben dazu:

Wir tauschen durch ein solches, dringend erforderliches Eingeständnis religiös nicht die Wirklichkeit gegen keine Wirklichkeit, nicht das Sein gegen ein Nichts, sondern wir tauschen lediglich die rein äußerliche Wirklichkeit gegen die rein seelische, innermenschliche Wirklichkeit ein. Und dieser Tausch ist kein schlechter, sondern ein sehr guter.


Sie präzisieren und räumen ein:

Die Anerkennung der Ahistorizität der für die Kirche wesentlichen biblischen Geschichten bedeutet zwar in gewisser Weise eine Abwendung von der rein äußerlichen Wirklichkeit, zugleich aber die Hinwendung zu der Wirklichkeit, um die es der Religion angestammtermaßen in Wahrheit immer zu allererst gehen muss.


Nun muss man bedenken, dass es keine "rein außerliche Wirklichkeit" gibt, entweder gilt Wirklichkeit total oder wir sprechen von res extensa (=Realtiät) s.o. Allein diese Unterscheidung, die sie hier treffen zeigt ganz deutlich wie sehr Sie dem neuzeitlichen Geist verhaftet sind, ihm gearadezu frönen wenn Sie die innere Wirklichkeit dagegen als die primäre Wirklichkeit der Religion reklamieren.
Das Problemfeld das Sie hier anschneiden ist sehr komplex wie ich schon sagte und wir kommen keinen Schritt weiter, wenn Sie nicht schreiben, was Sie denn unter der "rein seelischen, innermenschlichen Wirklichkeit" verstehen. Ansonsten muss ich hier weiter im Nebel herumstochern. Eine Klärung über das Lukasevangelium ist gescheitert, weil Sie sagen werden, dass er kein moderner Historiker war und ich dagegen halten werde. Damit ist aber nichts gewonnen, da wir nur die Diskussion verlagern und nichts klären.

Es bleiben folgende Möglichkeiten:
Sie erklären was sie genau mit der inneren Wirklichkeit meinen,
dann können wir klären in wie weit diese objektiverbar ist oder reflektierbar (, wenn Sie sich an der Objektivierbarkeit stoßen). Wir können dann über ihren Wirklichkeitscharakter sprechen.
Sollte sie nicht objektivierbar sein, dann können wir schlichtweg nichts über sie aussagen, aber diese Art der Totalidentität wird Ihnen sicher nicht vorschweben.

Mit vielen Grüßen und ebenfalls Gottes Segen
Marc
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#17
Marc__Joh 8, 32

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-Nachtrag-

Liebe/r friedi1,

Zu Lukas

Was bedeutet die Annahme Lukas habe einem mod. Historiker ähnlich gearbeitet?

Das sog. proömium Lk 1,1-4 beschreibt seine kritische Vorgehensweise, die kennzeichnend ist für moderne Geschichtsschreibung. Er hält das, was bisher "von vielen" (polloi) geschrieben worden ist für gescheiterte Versuche (gr. epicheirein), nachdem er allem von Anfang an genau nachgegangen war (v.3).

Es ist nicht im Sinne des Lukas eine Profangeschichte zu schreiben, das gewiß nicht, aber das ist auch nicht das einzige Merkmal mod. Geschichtsschreibung.

Der entscheidende Punkt warum ich Lukas für einen für das neuzeitliche Denken sehr gut zugänglichen Autor halte, wird in V. 4 formuliert. Hier ist es nicht nur das kritische Sich-Abheben gegen die Vielen sondern es geht ihm um die Zuverlässigkeit (asfaleia) der Lehre. Lukas verhält sich also kritisch gegen das vorauszusetzende Wissen seines Lesers, das scheinbar der Zuverlässigkeit entbehrt.
D.h. die Erzählung (diegesis) V.1 wird als nicht zufiedenstellend bezeichnet. Es gilt für Lukas zu den Tatsachen selbst vorzustoßen, wer dies nicht tut, der bleibt der Unsicherheit verhaftet.
Lukas strebt Differenzierung an, die er mittels eigenverantwortlicher historischer (!) Rückfrage erreichen möchte.
Das Ziel dieser Unternehmung ist kein geringes, er möchte nichts anderes als seinem Leser zuverlässigen Zugang zur Heilsgewißheit ermöglichen!
Historische Rückfrage als Mittel zur Heilsgewißheit! DAs ist im Kern die "Theologie" des Lukas.
Ich hoffe damit einige Mißverständnisse ausgeräumt zu haben. Hier geht es nicht um Profangeschichte, aber um ein hist. Verständnis (Tatsachenwahrheiten), das mit Gewißheit des Heils zusammensteht.
Ein "Weltbegriff oder Geschichtsbegriff" losgelöst von Heilsgeschichte wäre u:U. extrapolierbar, hier aber nicht explizit genannt. Ob Lukas wie sie schrieben über einen solchen verfügte oder nicht und ob er ein Interesse daran hatte, ist für uns nicht feststellbar, wir können ihn nicht mehr befragen.
Was aus dem proömium seines Werkes hervorgeht ist aber eine Differenzierung von "Zeitgeschichte" allein indem ein Jetzt im Verlauf der Geschichte formuliert wird. Das Jetzt hat einen festen Zeitort zur Regentschaft des Kaisers Augustus etc.

Ich würde nicht so weit gehen wie sie :

"Für einen Menschen wie ihn gibt es so etwas wie eine bloß oder rein äußerliche Welt überhaupt nicht. Auch das Äußerliche steht für ihn in einem so innigen Bezug zum Innerlichen, dass es für ihn stets eine ganz und gar innerliche Bedeutung hat und haben muss. Und er hat darin ja vollkommen Recht und zwar nicht etwa nur innerhalb des geistesgeschichtlichen Kontextes der Antike, sondern im Grunde eben bis heute und zeitlos, gegen die Wirklichkeitsauffassung des Geistes der Neuzeit! "

Das habe ich am Ende meines ersten Textes anzudeuten versucht. Diese AUssage steht und fällt mit der von Ihnen -ganz neuzeitlich- konstruierten Differenzierung die sich an dem Begriff der "Bloß-oder-rein-außerlichen-Welt" festmachen ließe. Dieses Denken beruht auf einer sehr einseitig verstandenen Moderne. Selbst für Kant wäre eine solche Aussage nicht haltbar gewesen. Innen und Außen gehören für ihn selbstverständlich zusammen. Beides auseinander treten zu lassen ist konstruiert. Ich sage nicht das es das nicht gab, aber es bleibt ein Ausschnitt, wenn auch ein wirkmächtiger, des neuzeitlichen Denkens.
Mit großem Respekt vor Ihnen und Ihren Darlegungen und bitte nicht böse sein, aber ich gewinne den Eindrick, dass man auf diesem WEg gegen sehr gewollte Windmühlen zu Felde zieht. ;)
Formulierungen wie "die Wirklichkeitsauffassung des Geistes der Neuzeit" stehen hier völlig quer und suggerieren man könnte diesen einen (!) Geist der Neuzeit benennen, als seis womöglich ein alter Hut, und seine Wirklichkeitsauffassung (!Sing.!) zureichend beschreiben. Zum einen stehen sie voll und ganz in diesem neuzeitlichen Geist, wie gezeigt, damit ist die Ablehnung auch ganz neuzeitlich und überhaupt nichts neues, geradezu ein Merkmal der Neuzeit (vgl. sie allein "Die Dialektik der Aufklärung" von Horkheimer und Adorno). Zum anderen, das steht in unmittelbarem Kontext des ersten, ist das Merkmal des neuzeitlichen Denkens gerade seine Pluralität und die Unmöglichkeit alles unter einem zentralen Vernunftbegriff zu denken.
Eine sehr spannende Frage die sich hieraus ergibt ist inwiefern das Christentum selbst, indem es begriffliche Reflexion ausbildet -die Anfänge dessen sind bei Lukas sehr gut dokumentiert- und damit Gewißheit differneziert denkt, selbst zur Profanität, zum säkularen Denken führt. Sehen sie sich allein den Hunger an mit dem sich die mittelalterlichen Theologen auf antikes Weltwissen (Aristoteles) gestürzt haben. Diese Bewegung lässt sich nahezu für jede Epoche der Christentumsgeschichte feststellen. In der aktuellen Neuzeit läuft sie unter dem weiten und tiefen Begriff des Nihilismus. Das halte ich für nach wie vor nicht überwunden, wir leben mitten in dem Zeitalter des Nihilismus. Dieser sagt uns radikal: Es ist kein Gott!

Mit ganz freundlichen Grüßen und der Bitte um Nachsicht für die Polemik, diese ist in keiner Weise gegen Ihre Person gerichtet sondern der Sache geschuldet

Marc
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#18
friedi1

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Hallo Marc,

Ihre Beharrlichkeit gefällt mir. Es gefällt mir auch der Ton, den Sie in Ihrem Nachtrag anschlagen. Das tut gut.

Ich möchte unsere Diskussion, die ja, was die Anzahl unserer Worte und die Komplexität der geistigen Konzepte, auf die wir uns beziehen, immer mehr zu explodieren droht, im Augenblick gerne auf folgende Frage reduzieren: ist Jesus - auf der Ebene der äußeren Realität - übers Wasser des Sees Genezaret gegangen?
Dabei möchte ich meinerseits meine Antwort hier gleich schon mit schicken:
Ich glaube das entschieden nicht. Ich glaube ja auch nicht, wie ich schon mitgeteilt habe, dass Jesus auf der Ebene der äußeren Realität, also leiblich, auferstanden ist. Ich glaube z. B. auch nicht daran, dass wir es bei der Weihnachtsgeschichte nach Lukas mit einem historischen Bericht zu tun haben, der schildert, was sich bei und nach der Geburt Jesu auf der Ebene der äußeren Realität abgespielt hat.

Ich hoffe, dass Sie mir nun nicht das Recht darauf absprechen werden, mich als an Christus gläubigen Menschen zu begreifen. Das Wesen des religiösen Glaubens im Allgemeinen und des christlichen Glaubens im Besonderen liegt meines Erachtens nicht darin, Geschichten, die alle Merkmale solcher literarischer Schöpfungen aufweisen, die sich in ihren wesentlichen Punkten auf der Ebene symbolischer Erzählungen bewegen, nun gegen allen Realitätssinn, gegen alle Wahrscheinlichkeit sowie auch gegen alle Befunde seriöser Wissenschaft verbissen doch für faktische Berichte zu halten. Wer etwas für möglich hält, was aber faktisch nicht möglich ist, der wird aus diesem seinem „Glauben“ bestimmt keinen Gewinn ziehen können, denn sein Glaube stellt ihn schräg zur Wirklichkeit. Und eine solche Misstellung zur Wirklichkeit hilft uns im Leben nicht nur nicht weiter, sondern schafft uns Probleme, die an sich nicht nötig und einzig und allein dadurch zu lösen sind, dass wir uns für die Realität öffnen und uns auf diese in jeder Hinsicht und in allen Bereichen unseres Denkens und Handelns einstellen.
Ich bin davon überzeugt, dass es auf eine Art einerlei ist, ob wir glauben, dass diese biblischen Erzählungen konkret aufzufassen sind oder ob wir glauben, dass Rotkäppchen vom Wolf gefressen und anschließend leben und unversehrt aus dem Bauch des Tieres freigeschnitten wurde. Es gibt keine Menschen, die sterben, dann leiblich auferstehen und in den Himmel auffahren. Es gab sie nie und wird sie auf Erden auch nie geben. Und es gab nie Gottessöhne, die einerseits im Vollsinne Menschen waren und zugleich in verschiedenen Hinsichten über den Gesetzmäßigkeiten der Natur standen. Das sind Geschichten, phantasievolle, geniale, großartige, wertvolle, wichtige Geschichten, die uns, wenn wir zum Hören bereit sind, ungeheuer viel zu sagen haben, aber es sind keine historischen Berichte. Und wir gehen auf eine geradezu drollige Weise in die Irre, wenn wir das nicht begreifen – wollen.
Unsere Beziehung zu Gott hängt nicht ab davon, dass wir uns zwingen, an verschrobenen – pardon, ich möchte es freundlicher ausdrücken: an unreifen Vorstellungen festzuhalten! Was wäre das für ein Gott, der von uns verlangen würde, dass wir symbolische Erzählungen für geschichtliche Berichte halten, und der seine für uns so unendlich, so bitter nötige Gnade, auf die wir so absolut angewiesen sind, abhängig machen würde davon, dass wir zu derartigen Verstiegenheiten bereit sind?
Wenn wir symbolhaltige Erzählungen für konkrete Berichte über Ereignisse halten, die sich einst auf der Ebene der äußeren Realität zugetragen haben sollen, dann geraten wir nicht nur in eklatante Realitätsverkennungen, mit allen fatalen Folgen, die sich daran knüpfen müssen, wir versäumen es dann darüber hinaus bedauerlicherweise auch noch, die eigentliche, wahre Botschaft, die in solchen Geschichten enthalten ist, zu entdecken und für unser Leben als Bereicherung zu gewinnen!

Ich weiß, dass ich mit dieser Antwort nun auf viele kritische Fragen, die Sie an mich gerichtet hatten, nicht eingegangen bin. Zum Beispiel und vor allem auf Ihre dringende Frage danach, was ich meine, wenn ich von der "inneren Wirklichkeit" spreche. Darauf ließe sich sicherlich eingehen. Doch Sie sagten, dass Sie Drewermanns "Tiefenpsychologie und Exegese" kennen. Und mehr als Drewermann habe ich über diese innere, psychische, seelische, subjektive Wirklichkeit des Menschen sicher auch nicht zu sagen.

Alles Liebe und Gute von
friedi1
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#19
whiteraven

whiteraven

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hi friedi,

ich habe eben mal die zusammenfassung über seine meinung seele/neurologie gelesen. mit dem quatsch und dem denken von neurologen durfte ich mich viele jahre rumschlagen. hatte zur damaligen zeit meine ex im koma gepflegt und vor allem behandelt. zumindest bei dem thema irrt er mächtig.

und, habe das alles nur kurz überflogen, ich möchte hier zur bibel und der geschichtlichen wahrheit hier nur kurz zum denken folgenden vers anführen:

Erkenne die Listen des Teufels! 
Rüste dich zum Glaubenskampf gegen die Verführungen der Mächte der Finsternis, die hinter allem stehen!

Epheser 6:11

genau das ist die list des teufels. besser kann er es doch nicht machen als die menschen zu zweifeln über die bibel zu bringen. es gibt viele dinge aus der bibel die erwiesen sind. nur, danach muss man suchen, denn der teufel will das nicht, dass wir bestärkt werden durch die bibel. nun könnte man noch entgegnen, es gibt ihn nicht. das ist jedem selbst überlassen. aus eigener erfahrung weiss ich, es gibt ihn und seine dämonen. genauso weiss ich aus eigener erfahrung, es gibt die seele. nur, ich werde niemanden überzeugen wollen, weil das der falsche weg wäre. durch eigene erfahrung kann sich jeder selbst ein bild machen und dann für sich entscheiden. ist eh der einzigst sinnvolle weg zur erkenntnis.

liebe grüße dirk
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#20
friedi1

friedi1

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Hallo Dirk!

Zunächst herzlichen Dank für Deine Reaktion auf meinen Beitrag. Es wird spürbar, dass Du im Zusammenhang mit dieser Thematik ein Anliegen hast, dass Dir da etwas sehr wichtig ist und Du es unbedingt rüberbringen willst. Das macht mich neugierig.
Freilich wirft Dein Beitrag bei mir etliche Fragen auf, die Du mir zunächst beantworten musst, damit ich mit Deinen Äußerungen wirklich etwas anfangen kann:

1.Welche Zusammenfassung über Drewermanns Meinung zum Thema „Seele/Neurologie“ hast Du gelesen? Wäre es möglich, diesen Text hier ins Forum zu posten oder einen Link, der mich zu diesem Text führt?
2.Welche Erfahrungen sind es genau, die Dich dazu veranlassen, Drewermanns Ansichten, soweit Du sie kennst, für „Quatsch“ und für einen „mächtigen Irrtum“ zu halten?
3.Hältst Du es wirklich für angemessen, Ansichten, die nicht die Deinen sind, die den Deinen widersprechen, mit einem Schlag als „Teufelswerk“ vom Tisch zu wischen? Ist das ein menschenwürdiger Umgang mit den Gedanken und der Person eines anderen Menschen?

Du scheinst die These, dass die Geschichten der Bibel in weiten Teilen keine historischen Fakten transportieren, sondern symbolische Inhalte von höchstem Wert und allergrößter Wichtigkeit für uns Menschen, als einen Angriff gegen den Glauben an Jesus Christus überhaupt zu sehen und zu empfinden; wie wenn Du sagen wolltest: entweder sind die biblischen Erzählungen historisch korrekt oder sie sind wertlos.
Ich sehe das anders und empfinde an diesem Punkt anders. Ich würde mich freuen, wenn Du bereit wärest, Dich mit mir gemeinsam darum zu bemühen, das wir wechselseitig besser verstehen, warum wir so (unterschiedlich) empfinden, denken und glauben, wie wir es tun. Es hat sicher gute Gründe, dass Du vertrittst, was Du vertrittst. Daher möchte ich diese Gründe gerne wissen, um mich mit ihnen auseinandersetzen zu können. Und ich würde mich freuen, wenn Du einräumen würdest, dass auch ich für den Standpunkt, den ich in meiner letzten Mitteilung an Marc – zugegeben etwas schroff – ausgedrückt hatte, gute Gründe habe, die zu erfahren und zu bedenken sich ja vielleicht auch lohnt.

Übrigens glaube ich auch, dass der Mensch dem Teufel verfallen kann und ich glaube selbstverständlich, dass die Seele des Menschen eine Wirklichkeit darstellt. Aber ich finde, dass man mit der Verteufelung von Meinungen und Menschen äußerst vorsichtig und bewusst umgehen muss. Man sollte sich selbst eingehend prüfen, ehe man eine solche Verteufelung vornimmt. Und wenn man nun glaubt, eine solche Verteufelung aussprechen zu müssen, so finde ich es wichtig, auch zu verdeutlichen, dass man nicht den betreffenden anderen Menschen meint, der ja immerhin ein Geschöpf Gottes ist, sondern lediglich bestimmte Ansichten und Behauptungen, die er vertritt.
Und oft, fürchte ich, ist Verteufelung nichts anderes, als Ausdruck von Angst davor, dass die eigene Meinung verunsichert werden und man dahin geraten könnte, feststellen zu müssen, dass man auch selbst seine Meinung in irgendeinem Punkt einmal ändern müsste.

Die besten Wünsche und Gottes Segen,
friedi1
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