Wir waren bei formalen Besonderheiten des ersten Schöpfungsberichtes stehengeblieben.
Hierzu fällt mir z.B. noch ein, dass fast alle Sätze mit "Und" anfangen.
Wäre der Text prosaisch, so wäre die Sprache eine ganz schlechte. Denn sie ist sehr schlicht und eintönig. Allerdings sieht der Schöpfungsbericht mehr nach einem lyrischen Werk aus.
Die formalen Besonderheiten können wir daher gut und gerne als Stilmittel sehen und nicht als Unfähigkeit des Autors, sich gewählt auszudrücken.
Dies ist wichtig, denn ein lyrisches Werk ist in der Regel nicht dazu geschrieben, um wortwörtlich aufgefasst zu werden, sondern bedient sich in aller Regel sprachlicher Bilder, Allegorien etc.
Nun zum Inhalt:
Interessant sind zum Beispiel die Tätigkeiten Gottes. Es sind insgesamt 8:
Gott schuf, sprach, sah, nannte, machte, setzte, segnete, ruhte.
Einteilung der Tage nach geschaffenen Dingen:
Prolog: Himmel, Erde, Wasser
1. Tag: Licht, Finsternis --> Tag, Nacht
2. Tag: Himmel
3. Tag: Land/Meer, Pflanzen
4. Tag: Gestirne
5. Tag: Wasserbewohner, Vögel
6. Tag: Landbewohner, Mensch
Hieraus erkennt man schon ein System. Die Reihenfolge ist ziemlich befremdlich, zumindest aus heutiger Sicht. Warum in aller Welt gibt es Pflanzen bevor es Gestirne gibt? Warum gibt es die Erde, bevor es den Rest des Universums gibt. Es macht einfach keinen Sinn.
Und deshalb ist es aus meiner Sicht sehr fragwürdig, hier eine Chronologie hineinzuinterpretieren. Die 7 Tage sind auf jeden Fall 7 voneinander getrennte Sinneinheiten.
Aber sie können meiner Auffassung nach wohl kaum wortwörtliche Tage sein und die Reihenfolge kann auch nicht so gewesen sein. Es wäre meiner Meinung sogar eine Beleidigung Gottes, dies so anzunehmen, denn Gott macht keine krummen Sachen, sondern ich denke, er hat die Welt in einer Weise geschaffen (und schafft immer noch!), die nicht so widernatürlich ist.
Die 7 Sinneinheiten sind wichtige Aspekte der Natur, wie sie die Menschen wahrgenommen haben. Sie sind so scharf voneinander getrennt, dass die Erschaffung eines Einzelnen von ihnen sowohl an einem Tag als auch in Millionen von Jahren keinen Sinn macht. Deshalb halt ich auch eine evolutionistische Deutung des Schöpfungsberichtes für wenig sinnig.
Hier wird keine Zeitleiste angegeben, sondern die Reichhaltigkeit der Schöpfung gepriesen und auf den Urheber aller Dinge verwiesen.
Die 7 Tage sind nur ein literarisches Mittel. Wir wissen nicht, wie die Anfänge waren und die Menschen damals wußten es erst Recht nicht. Und wer diesen Text als rückwärtige Prophetie deutet, macht meines Erachtens einen groben Fehler.
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