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Einsicht eines evangelikalen Hardliners


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Eine Antwort in diesem Thema

#1
1.Kor.1,30

1.Kor.1,30

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Lieber Fritz

Ich habe Deinen Beitrag Fritz Wolf bezüglich der Theologie der Charismatischen Bewegung mit grossem Interesse gelesen. Auch ich war über 10 Jahre in dieser Bewegung, habe mich dann aber wegen negativen Erfahrungen von solchen Gruppierungen distanziert. In den letzten Jahren hat der Herr mir aber eine objektivere Sicht meiner eigenen, persönlichen Erfahrungen, wie auch der Charismatischen Gruppierungen geschenkt und ich musste meine sehr ablehnende Haltung dieser Strömungen gegenüber revidieren.

Ich gehe mit Vielem von dem, was Du über die Charismatiker sagst, einig. Leider wird tatsächlich sehr viel Unfug in diesen Gruppierungen getrieben. Über die Verirrungen in der Lehre wollen wir gar nicht erst reden. Ich finde es aber nötig, das Bild, das Du malst, zu relativieren. Hier geschieht nämlich wieder etwas, woran der Feind sehr grosse Freude hat. Dadurch, dass er es schafft, uns über all die Verfehlungen unserer anders denkenden Geschwister "aufzuklären", wendet sich unser Blick völlig von den Verfehlungen und Verirrungen innerhalb der eigenen Gruppierungen und Strömungen ab. Wir kreiden diesen Geschwistern Dinge an, die man vielleicht genauso gut auf unsere eigene Gemeinde anwenden könnten, wenn wir objektiv genug wären.

Ich selber habe ja einige Schriften erstellt zu diversen Themen, welche sogar auf diesem Website zugänglich waren, u.a. auch zur Charismatischen Bewegung. Ich habe alle diese Schriften wieder zurückgezogen, weil ich sie immer mehr als zu einseitig empfand und ich es mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren konnte, die Schriften in dieser Form öffentlich zu publizieren. Der Grund war ganz einfach der, dass ich in den evangelikalen Kreisen, aus deren Sicht meine Schriften verfasst waren, mindestens so viele Probleme, Verfehlungen und Verirrungen erkennen musste, wie man sie angeblich bei den charismatisch orientierten Geschwistern zu entdecken glaubt. Die Probleme mögen zwar z.T. ganz anders gelagert sein, sie sind deswegen nicht weniger schwerwiegend. Ich könnte heute mindestens so viele "Aufklärungsschriften" über die Verfehlungen und Verirrungen innerhalb der evangelikalen Richtungen schreiben, wie ich es dazumal über die Charismatiker getan habe.

So will ich nun den Spiegel einmal kehren und versuchen, Anhand deiner eigenen Formulierungen aufzuzeigen, was ich meine. Bitte sei mir nicht böse, denn ich mache dies nicht aus reiner Polemik, sondern aus einer grossen inneren Not bezüglich dem Zustand der Christenheit in unserer Zeit.

BM_1__Wenn_der_charismatische_Geist_der_heilige_Geist_ist__dann_widerspricht_er_sich_selbst1. Wenn der evangelikale Geist der Heilige Geist ist, dann widerspricht er sich selbst

Innerhalb der evangelikalen Glaubensgemeinschaften gibt es viele verschiedene Lehren, welche sich eindeutig widersprechen, und doch behaupten die Vertreter dieser Lehren, ihre Lehre sei die einzig Richtige und sei vom Heiligen Geist inspiriert. Ich nenne hier als Beispiele die Kontroversen zwischen Calvinisten und Arminianisten, zwischen Dispensationalisten und Nicht-Dispensationalisten, zwischen Herrschafts- (Lordship) und Erretter- (Saviour) Theologie, um nur wenige zu nennen. Diese Lehren lassen sich kaum auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Geschwister, welche eine andere Meinung vertreten, werden als Irrlehrer und Verführer abgestempelt.

2BM_1__Wenn_der_charismatische_Geist_der_heilige_Geist_ist__dann_widerspricht_er_sich_selbst. Wenn der evangelikale Geist der Heilige Geist ist, dann widerspricht er der Bibel

Zwei Lehren, die sich eindeutig Widersprechen, können nicht beide gleichzeitig vollumfänglich wahr sein, es sei denn, beide Parteien hätten irgend einen Zusammenhang ganz massiv übersehen. Somit können diese Lehren sicherlich nicht alle wahr sein und würden somit sogar der Heiligen Schrift widersprechen.

Du sprichst aber unter diesem Punkt nur katholische Lehren an, sagst also, die katholische Lehre sei mit den Charismatischen Lehren gleichzusetzen. Die meisten Charismatiker, einige evangelikale und ich selber müssten Dir diesbezüglich aufs heftigste widersprechen.

3BM_1__Wenn_der_charismatische_Geist_der_heilige_Geist_ist__dann_widerspricht_er_sich_selbst. Wenn der evangelikale Geist der Heilige Geist ist, dann sagt er nicht immer die Wahrheit

Ich musste schon mehrfach zur Kenntnis nehmen, dass meine evangelikalen Geschwister immer wieder Dinge behaupten, die recht einfach widerlegt werden können, wenn man sich nur die Zeit nimmt, der Sache ein wenig nachzugehen. Vor etwa einem Jahr kursierten bezüglich dem Zauberlehrling Harry Potter und seiner Schöpferin, der Schriftstellerin Joanne Rowling, einige absolut haarsträubende Zitate, welche Christen sogar als Leserbriefe in Tageszeitungen abdrucken liessen. Als ich ein Bruder darauf aufmerksam machen wollte, dass diese Zitate alle von einem amerikanischen Satire-Blatt erfunden waren und wir als Christen die Wahrheit nicht mit Lügen verteidigen dürfen, hat er mir geantwortet, er könne ja nicht allem nachgehen, wichtig sei, dass der Heilige Geist ihm bestätigt hätte, dass diese Dinge, mindestens der Spur nach, wahr seien. Und hier geht es NICHT um Charismatiker !!! Dies ist nur eine Erfahrung von vielen, die ich in den letzten 10 Jahren unter evangelikalen Christen gemacht habe. Die Meinung geht scheinbar in die Richtung, dass das, was ich denke und glaube, unbedingt richtig und vom Heiligen Geist inspiriert sein muss ! Anders wären die ganzen Streitereien innerhalb der Evangelikalen Gemeinschaften bezüglich Lehrfragen gar nicht zu erklären.

Zusammenfassend müsste ich also ebenfalls urteilen, dass in evangelikalen Kreisen der Heilige Geist nicht am Werk ist und demnach Abstand von diesen Kreisen angebracht wäre. Glaube ich das wirklich? Natürlich nicht !

Ja, es gibt extreme charismatische Gruppierungen, von denen ich mich ganz deutlich distanzieren muss, wie es aber auch in evangelikalen Kreisen Gruppierungen gibt, die fast sektenhaften Charakter annehmen und von denen ich mich ebenfalls ganz klar distanziere. Doch im grossen Ganzen bin ich der Meinung, dass die Hauptlehren, die uns als Christen kennzeichnen - nämlich das Opfer Jesu Christi, die Erlösung aus Gnaden, die Auferstehung von den Toten und was sonst noch dazu nötig ist - auch in den meisten Charismatischen und Pfingst-Gemeinden vertreten wird. Mit Deiner Argumentationsweise disqualifizierst Du also nicht nur die Charismatiker, sondern auch die Evangelikalen.

Die Charismatische Strömung ist für mich eine klare Gegenströmung zum erstarrten Rationalismus, der sich in vielen Gemeinden seit der Aufklärung etabliert hat. Der Herr hat diese Strömung zugelassen - eine Strömung, in der ganz gewiss auch sehr viel schief läuft, weil es eben leider auch Menschen darin hat - weil IHM die rein verstandesmässige Auslegung der Schrift (siehe z.B. Spr. 3, 5) und die dadurch erstarrte Praxis völlig zuwider war. Wo bleibt hier eine Liebe zu Gott von ganzem Herzen? Sind es nicht die Evangelikalen, die immer wieder behaupten, man dürfe sich nicht auf seine Gefühle verlassen? Wo steht das in dieser Form in der Bibel? Warum nimmt man Spr. 3, 5 nicht genauso ernst? Klar, wer nur auf den Verstand baut, wird in geordneteren Linien und Strukturen bleiben, die dann aber leider irgendwann erstarren. Wer nur auf die Gefühle baut, hat entsprechende Herzlichkeit und Spontanität, wird aber immer wieder von jedem Wind der Lehre hin und her getrieben. Wo bleibt da das biblische Mass? Ich bin froh, dass ich entdecken durfte, dass sich viele Charismatische Gemeinden dieser Problematik immer bewusster werden und sich einer sachlicheren und nüchterneren Lehre zuwenden. Wie Du aber selber weisst, kann man nicht etliche Jahrzehnte Erfahrung einfach über den Haufen werfen. Veränderungen kommen langsam. Und die Veränderungen kamen nicht, weil Evangelikale Kreise so gut über die Misstände in diesen Gemeinden "aufgeklärt" haben, sondern weil der Herr diesen Geschwistern zeigen konnte, dass das, was sie tun, nicht auf biblische Weise funktioniert, weil ihre Herzen für eine solche Korrektur offen war. Wie offen sind denn die Evangelikalen für solche Korrektur? Meine persönliche Erfahrung hat gezeigt, dass die Evangelikalen mindestens so hartnäckig, wenn nicht sogar noch hartnäckiger, an ihren Lehren und Meinungen hangen, wie die Charismatiker.


So, nun habe ich vorläufig genug zu diesem Thema gesagt. Ich würde mich auf eine auferbauende und konstruktive Antwort von dir freuen.

Ganz herzlichen Gruss

P.K.

aus:

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#2
Guest_Peter Wiem_*

Guest_Peter Wiem_*
  • Guests
Eine Art Vorwort

Die Auseinandersetzung zwischen den grossen Denominationen und den Kirchen wird sicherlich einen noch breiteren Raum in der kommenden Zeit einnehmen. Wenn man Christen so leicht gegenseitig aufhetzen kann, wie es bei diesem Thema der Fall ist, und wenn nicht mehr die Liebe sondern der effektive Umgag mit dem eigenen religiösen Wissen gefragt ist, warum sollte der Diabolos diese Strategie der Selbstzerstörung nicht weiterhin mit allen Mitteln fördern?

Normalerweise sollten wir Jünger Jesu an der Liebe untereinander erkannt werden!
Wenn es aber um die Frage nach der "richtigen" Denomination oder Kirche geht, dann ist es oftmals mit der Liebe nicht mehr weit her.
Dann geschehen unter dem Vorwand der reinen Lehre manchmal grauenhafte Dinge.
Und diese Dinge geschehen oft genug unter Glaubensgeschwistern!

Es ist die eine Sache, was ich mir für Gedanken darüber mache, wie ich Jesus sehe, und wie ich die dadurch gewonnenen Ansichten am Besten umsetzen kann. Es gibt keine zwei Menschen auf diesem Erdboden, die Gott absolut deckungsgleich sehen, und so gibt es auch keine absolut deckungsgleiche Ansichten, Einsichten oder gar Theologien über Gott.

Wenn ich mich also für eine Gemeinde, einen Verband oder gar eine Denomination entscheide, die mit meinen Ansichten (egal ob sie gut oder weniger gut sind - unsere Erkenntnis ist nun mal Stückwerk) am ehesten übereinstimmen, dann bedeutet das noch lange nicht, dass nun alle Ansichten und Erkenntnisse übereinstimmen müssen.

Wer meint, dies als Glaubensziel anstreben zu müssen, der bekommt einen "zusammengeliehenen" Glauben.
Derjenige gibt seine persönlichen Erfahrungen mit Jesus und seine Erkenntnis Gottes für ein Linsengericht preis!

Deshalb halte ich es persönlich auch für bedenklich bis unredlich, wenn sich Christen hinter den Ansichten ihrer Denomination + deren Theologien verstecken. Hier haben dann die Theologien und Argumente anderer unter anderem dazu zu dienen, mir gewisse Glaubensansichten und ihre Verfechter vom Hals zu halten. Im Grunde geht es dabei um die Bequemlichkeit, sich über gewisse Sachlagen keine eigenen Gedanken machen zu müssen (weil dies bereits andere getan haben), und um das Ziel, meine Gewohnheiten zumindest teilweise nicht antasten zu müssen.

Hier dient also die Flucht unter das Dach einer Denomination oder Kirche dazu, dem Anspruch Gottes entweder ganz auszuweichen, oder ihn auf ein für in meinen Augen verträgliches mass herunterzuschrauben.

Auch aus diesem Grund ist eine vergleichende Auseinandersetzung ein Minenfeld. Viel zu oft geht es gar nicht um die Argumente an sich, sondern um meine mangelnde Bereitschaft, sich von Gott verändern zu lassen.
Denominations- und Kirchendenken ist immer unflexibel und niemals imstande, auf alle meine ganz persönlichen Bedürfnisse einzugehen.

Ausserdem fordert solche ein Denken mich nicht über einen bestimmten Punkt heraus.
Wenn Jesus mir etwas ganz persönlich zum Sagen und zum Anordnen hat, dann habe ich als überzeugter Anhänger einer Denomination oder Kirche es schwer, den Ruf Gottes ausserhalb des Rahmens wahrzunehmen, der mir mit meiner Mitgliedschaft gesetzt ist.

Diese und ähnliche Überlegungen haben uns als Hauskreis bewogen, uns einmal darüber so richtig Gedanken zu machen und uns dabei an keinen Grenzen aufzuhalten, die nicht durch die Schrift zweifelsfrei vorgegeben sind.

Da auch Paulus in der Apg. als Sektierer bezeichnet wurde, war damit das Thema rasch gefunden.

Sektenkunde - 1.) Die Evangelikalen

Einführende Gedanken

Um Missverständnissen vorzubeugen: Hier geht es nicht zuerst darum, sämtliche bekannte Glaubensrichtungen in die eine oder andere „Sektenecke“ gedrückt zu wissen, sondern um eine nüchterne Bewertung der vorhandenen Glaubensüberzeugungen.

Es wäre aus meiner Sicht fatal, alle Denominationen und Sekten auf ihre Stärken und Schwächen hin zu analysieren, und dabei den eigenen Glaubensstandpunkt auszuklammern.
Nicht alles, was wir als gut und richtig gemeint beurteilen, ist auch richtig. Und es wäre eine grobe Verkennung der geistlichen Tatsachen, wenn der Teufel gerade um seine eigene Glaubensrichtung lehrmässig und praktisch einen grossen Bogen schlagen und nur „die Anderen“ verführen würde.

I) Die praktischen Grundlagen

1.) Gott ist heilig
2.) Gott ist liebevoll
3.) Gott ist gerecht

Die Stärke der evangelikalen oder „bibeltreuen“ Theologie liegt eher in der Theorie, als in der Praxis.
Das liegt einerseits daran, dass das Wort Gottes im Grossen und Ganzen ein zuverlässiger Masstabgeber für das geistliche Leben sein darf, aber andererseits dem Heiligen Geist und seinen Gaben mit einem tiefen Misstrauen begegnet wird.
Dieser Zwiespalt prägt die evangelikale Theologie entscheidend und in allen Glaubensdetails. Ausserdem prägt das Vertrauen in den Hebelarm Gottes und das Misstrauen in die Kraft Gottes das Zeugnis der Evangelikalen nach aussen hin. Es wird kaum eine Glaubensrichtung geben, die ein so uneinheitliches Zeugnis über Gott nach innen und aussen lebt und lehrt.

Deshalb sind die hauptsächlichen Eigenschaften Gottes (seine Heiligkeit, seine Liebe und seine Gerechtigkeit) für einen Evangelikalen ebenfalls uneinheitlich. Je nach Erkenntnisstand oder je nach theologischer Gewichtung können diese Begriffe derartig unterschiedlich ausgelegt und interpretiert werden, wie dies bei kaum einer anderen Denomination der Fall ist. Logischerweise ist das Gottesbild und das Gottesverständnis von Gemeinde zu Gemeinde immer ein wenig anders.

Da der „durchschnittliche Evangelikale“ zumindest unbewusst um diese innerliche Gottesferne weiss, nimmt er sich gerne von anderen Denominationen das, was ihm kurzfristig Hilfe zu geben scheint, ohne dabei sein theologisches Verständnis preisgeben zu müssen. Im jüngster Zeit ist dies vor allem die Überbetonung der Gefühle und das oftmals emotionale Liedgut der charismatischen Bewegung. Beide Lösungsversuche haben den Evangelikalen mehr geschadet als genützt.

Der Evangelikale weiss normalerweise aus der Schrift um seine Heilsgewissheit, aber er erlebt sie genauso normalerweise nicht an und in sich selbst. Die evangelikale Dreieinigkeit besteht zwar in der Theorie aus Vater, Sohn und Heiligem Geist, in der Praxis aber hat das Wort Gottes die Stellung des (mundtot gemachten) Heiligen Geistes eingenommen.
Diese Beglaubigung der Schrift durch Ihn fehlt an allen Ecken und Enden und macht die Evangelikalen bei aller vermeintlichen Erkenntnis anfällig für Verführungen in lehrmässiger und praktischer Hinsicht.

II) Die theoretischen (bibelbezogenen) Grundlagen

1.) allein Jesus
2.) allein aus Gnaden
3.) allein die Schrift
4.) allein aus Glauben

Vielleicht sind die Evangelikalen diejenigen, die diesen vierfachen Auslegungsschlüssel in der Theorie am meisten bejahen.
Da sie aber aufgrund ihrer Vorgeschichte (Berliner Erklärung – Abgrenzung von den Charismen + den Charismatikern) den Heiligen Geist quasi entmündigt gemacht haben, fehlt allzu oft der erfolgversprechende Bezug zur Praxis. Über Jesus wird zwar oft genau und schriftgemäss gepredigt, aber Er wird dabei nicht verherrlicht, weil dem Heiligen Geist dazu nicht die Möglichkeiten eingeräumt werden.

Die Auslegung der Schrift ist teilweise stark alttestamentlich geprägt, was bei den bisher gemachten Feststellungen auch nicht verwundert.
Diese Prägung entspringt aber weniger dem Mangel an Erkenntnis der Schrift, sondern aus Mangel an Erkenntnis Jesu Christi.
Das inhaltlich alttestamentliche Vaterunser ist, wie bei den Katholiken, ein fester Bestandteil des Betens und des Segens.
Das beispielsweise die Erlösung schon stattgefunden hat und das Reich Gottes bereits Bestandteil jedes Jüngers Jesu ist, wird dabei jedesmal neu im Bekenntnis oder stillem Reden mit Gott verneint.

Diese alttestamentliche Prägung spielt auch in der Frage der Taufe oder der sogenannten „Erbsünde“ eine grössere Rolle.
Die „Kindertaufe“ entspringt aus dem Streben nach Werkgerechtigkeit und die „Erbsünde“ soll die theologische Begründung dafür liefern. Diese Fehlentwicklungen waren und sind nur möglich, weil die Korrektur durch den Heiligen Geist in evangelikalen Kreisen weder gewünscht noch in der Praxis über einen gewissen Punkt hinaus machbar ist.

Diese Uneinsichtigkeit dem Heiligen Geist gegenüber führte zu einem konsequenten „Wegtheologisieren“ der Gnaden- und Dienstgaben des Geistes. Wer also von Gott als Apostel, Prophet oder als Gabenträger der Gaben Erkenntnis, Weisheit, Zungenreden usw. berufen und ausgerüstet wurde, der hat einen schweren Stand innerhalb der evangelikalen Bewegung. Hier darf tatsächlich allzu oft nicht sein, was nicht sein kann!

Beispielsweise wird neuerdings der 1. Korintherbrief als ein „seelsorgerlicher Brief des Paulus an eine Gemeinde des 1. Jahrhunderts“ gesehen. Das bedeutet, das dieser Brief in seinen inhaltlichen Aussagen zum Teil als zeitbedingt und umständehalber dargestellt wird. Wiederum wird dadurch diesem Brief seine uneingeschränkte Gültigkeit als Wort Gottes für alle Zeiten und alle Eventualitäten abgesprochen.
Was also tatsächlich Gottes Wort und was vorübergehende theologische Randerscheinung zu sein hat, darüber entscheiden viel zu oft Menschen, die sich in erster Linie ihrer Theologie verpflichtet sehen.

III) Knechtschaft als (erstrebenswerter) Lebensstil

Ohne die liebevolle Leitung des Heiligen Geistes ist ein dauerhaftes Leben im Sieg nicht möglich.
Wir würden unsere seelischen Kräfte hoffnungslos überschätzen, wenn wir hier von einer anderen Möglichkeit ausgehen würden.
Die Theologie der Evangelikalen führt ihn unweigerlich in die Knechtschaft.
Dass diese Knechtschaft schöngelehrt und/oder schöngepredigt wird, macht diese Theologie nicht besser. Wer partout ohne die Kraft des Heiligen Geistes Nachfolge Jesu lehrt und lebt, für den ist die Niederlage ein ständiger Begleiter.

IV) Gehorsam als (überbewertetes) Lebensprinzip

Der Gehorsam spielt unter den Evangelikalen keine kleine Rolle!
Die Gemeinden sind einheitlich auf Organisationstruktur ausgerichtet, weil nur unter der Leitung des Heiligen Geistes ein Organismus möglich ist. Diese Organisation verteilt die Aufgaben und Dienste von oben nach unten und fordert den ihrer Meinung nach unabdingbaren Gehorsam dafür ein.
Hier liegt also gleich ein doppeltes Missverständnis vor, dem aber nicht nur die Evangelikalen erlegen sind.
Nur hat hier der Heilige Geist keinerlei Korrekturkompetenz.

V) Fazit

Die „Sektenkunde“ ist ein weites Feld mit unscharfen Rändern.
Manchmal würden wir uns genauere Vorgaben aus Gottes Wort oder auch aus den Umständen wünschen, um leichter zu einem hieb- und stichfesten Urteil kommen zu können.

Nach allem, was ich von den Evangelikalen wissen darf, würde ich sie als Geschwister im Herrn und Mitteilhaber am Evangelium sehen. Es gibt durchaus Christen, die sich zuerst den evangelikalen Zielen und erst danach der Schrift verpflichtet sehen, die das aber in den seltensten Fällen auch erkennen können. Kritisch wird es meiner Meinung nach dann, wenn diese Ziele dafür herhalten müssen, zuerst Trennung und Abspaltung anzustreben und nicht zuerst Liebe und Einheit in Christus Jesus.

Sektenkunde - 2.) Die Charismatiker

Einführende Gedanken

Die „theologische Landschaft“ der Gläubigen in Deutschland heutzutage wird von zwei Richtungen geprägt, die der Evangelikalen und die der Charismatiker.
Dabei grenzen sich die Evangelikalen wesentlich deutlicher von den Charismatikern ab, als umgekehrt.

Neben diesen beiden Blöcken verblassen andere Gruppierungen wie: Baptisten, Mennoniten usw. Das liegt einerseits an der Anziehungskraft der grossen Denominationen, andererseits an ihrem Zeugnis nach aussen. Diese beiden Denominationen haben ein theologisch und praktisch fest umrissenes Gottesbild, welches sie auch dementsprechend nach aussen hin bezeugen können. Je nachdem, wer für eher sachliche oder eher emotionale Argumente über Gott empfänglich ist, der findet jeweils, was er sucht.

I) Die praktischen Grundlagen

1.) Gott ist heilig
2.) Gott ist liebevoll
3.) Gott ist gerecht

Die Stärke der charismatischen Theologie liegt eindeutig in der Praxis. Hier gibt es selten ein durch welche geistliche Theorie auch immer eingegrenztes Gottesverständnis. Deshalb kann Gottes Heiligkeit, Gottes Liebe und Gottes Gerechtigkeit vom praktischen Standpunkt her gesehen ganz anders erlebt werden, wie zum Beispiel innerhalb der evangelikalen Kreise mit ihren „Spielregeln“.
Das Gottesbild ist wesentlich kompletter, einheitlicher und „vertrauenderweckender“ als anderswo, und die Möglichkeiten, Jesus in seiner Herrlichkeit zu erleben sind dementsprechend grösser.

Wo viel Licht ist, ist aber zwangsläufig auch viel Schatten. Die Möglichkeiten zur Verführung sind in charismatisch gesinnten Gemeinden wesentlich grösser als in vergleichbaren anderen Gemeinden, weil der Aufrichtigkeit und vor allem der Nüchternheit viel zu wenig Beachtung geschenkt werden.
Manche Irrlehren und Irrtümer sind so hanebüchen, dass sie nur in charismatischen Kreisen eine Chance haben, gutgläubige Christen zu verwirren und irrezuleiten.
Das Problem dabei ist eine Überbetonung der geistlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten bei gleichzeitiger Vernachlässigung der eigenen geistlichen „Hausaufgaben“. Nirgendwo kann die Begeisterung für Gott grenzenloser und gleichzeitig der Mangel an Selbsterkenntnis grösser sein, als bei den Charismatikern.

Da auch wir Christen allzu oft uns lieber an negativen als an positiven Vorbildern orientieren wollen (weil Negatives in unseren Augen auffälliger erscheint), fällt die Distanzierung von charismatisch ausgerichteten Gemeinden leichter, weil deren Zeugnis und Verhalten uns mehr Argumente zu einer Distanzierung liefern.
Oftmals kann es allerdings passieren, das die Distanzierung aus den falschen Gründen heraus erfolgt: angeprangert wird der Umgang mit Gott und seinem Wort, Hauptübel ist aber allzu oft die falsche Reaktion auf persönliche Mängel.
Der Mangel an Erkenntnis und gleichzeitig eine gewisse Disziplinlosigkeit im Glauben gehört z. B. dazu, auch die viel zu unkritische Bereitschaft, sich für alles und jeden „begeistern“, zu lassen, was mit der Person und dem Auftrag Jesu Christi in Zusammenhang gebracht werden könnte.

Die theoretische Verankerung in der Schrift und das Arbeiten an seiner eigenen Glaubensdisziplin wird gerne durch das praktische Erleben Gottes und seiner Gaben ersetzt. Das führt in aller Regel zur geistlichen Oberflächlichkeit und macht die Charismatiker bei allem vermeintlichen und tatsächlichen Gotterleben anfällig für Verführungen in lehrmässiger und praktischer Hinsicht.

II) Die theoretischen (bibelbezogenen) Grundlagen

1.) allein Jesus
2.) allein aus Gnaden
3.) allein die Schrift
4.) allein aus Glauben

So gut die theologischen Ansätze in der Charismatik sind, so schlecht sind die Ergebnisse davon manchmal im Detail.
Hier liegt der Segen und der Fluch dichter beieinander als in jeder anderen Denomination, deshalb sind auch manche Lehrmeinungen und gedankliche Überlegungen manchmal geradezu unglaublich weit weg von der Wahrheit.
Allerdings muss bei der Charismatik genauer hingeschaut werden, weil die gedanklichen und theologischen Erwägungen, die zum Segen, aber auch zum Unsegen hinführen können, sich manchmal nur um Nuancen unterscheidet. Wer sich mit Geistesgaben auseinandersetzen muss, der steht ohne die Gabe der Erkenntnis und/oder der Geisterunterscheidung auf verlorenem Posten, was diese Aufgabe anbetrifft.

Diee Bereitschaft zur Begeisterungsfähigkeit für die Sache Gottes geht leider oft Hand in Hand mit der Weigerung, an sich und seinem Charakter ernsthaft arbeiten zu wollen. Das Wort vom Kreuz gehört nicht zu den bevorzugten Lehr- und Predigtthemen, und das Wort vom Kreuztragen noch viel weniger.

Die vollbrachte Erlösung in Jesu wird freudig akzeptiert und bejaht, aber die Konsequenzen daraus sind normalerweise nicht vollständig, weil sie nicht vollständig verkündet werden. Wo die Evangelikalen das Leid um Jesu willen eher überbetonen, fallen die Charismatiker genau an der anderen Seite vom Pferd.
Diese gelehrte und gelebte Unnüchternheit würde ich als die grösste Schwachstelle innerhalb der charismatischen Bewegung sehen.

Die grösste Stärke der charismatischen Bewegung ist ihre theoretische und vor allem praktische Einstellung dem neuen Bund gegenüber. Hier sind sie allen anderen Denominationen um Längen voraus. Zwangsläufig sind Gemeinden, die die Stärken der charismatischen Theologie erfasst haben und die Schwächen weitestgehend von sich und ihren Gemeindegliedern fernhalten können, kraftvoller als andere Gemeinden.

III) Knechtschaft als (erstrebenswerter) Lebensstil

Ohne die liebevolle Leitung des Heiligen Geistes ist ein dauerhaftes Leben im Sieg nicht möglich. Da diese Tatsache in charismatischen Kreisen bekannt ist, wird normalerweise auf diesen Zustand hingearbeitet.
Gleichzeitig weiss auch der Satan um die Wirksamkeit dieser geistlichen Gesetzmässigkeit und setzt gerade an dieser Stelle erstaunlich viele Hebel in Bewegung, um diese Leitung völlig zu verhindern oder zu hintertreiben durch falsche Lehre, falsche Geister, falsche Beweggründe usw.. Deshalb geben die charismatischen Gemeinden ein kunterbuntes Bild ab, wenn man sich diesen Punkt genauer betrachtet. Von Knechtschaft über Freiheit bis hin zur Zügellosigkeit ist hier alles drin und auch alles erlebbar.

IV) Gehorsam als (überbewertetes) Lebensprinzip

Rein theoretisch gesehen hat der Heilige Geist die grösste Korrekturkompetenz unter den Charismatikern. Wer seine Begabung und damit auch die Grundlagen seiner Beauftragung von Ihm erwartet, der ist eher geneigt, auf Ihn zu hören wie vergleichsweise anderswo.
In der Praxis verdirbt aber die Unnüchternheit viel von diesem Vorrecht, mit dem Heiligen Geist lehrmässig unbelastet zusammenarbeiten zu können. Ausserdem fördert die Unnüchternheit das Allzumenschliche im Zusammenleben der Christen untereinander. Ein Egebnis dieses Zurückfallen in menschliche Mastäbe und Angewohnheiten innerhalb der Gemeinde ist die Gehorsamspflicht, die je stärker in den Vordergrund tritt, je mehr die Vollmacht im Auftrag Jesu abnimmt.

V) Fazit

Meines Wissens gibt es keine andere Denomination, wo Heil und Unheil so nahe beieinanderliegt.
Es gibt allerdings auch keine Denomination, die so offensichtlich von Satan angegriffen wird und die auch unter den Christen derartig umstritten ist, wie die charismatische Bewegung.
Alle diese geschilderten Dinge müssen zu denken geben.

Unser Vorbild Jesus wurde ebenfalls zum Feindbild Nummer eins des Teufels und der damaligen religiösen Elite. Wahrscheinlich ist die charismatische Theologie und vor allem die Praxis am dichtesten am Original „dran“, deshalb sind auch die Verführungsmöglichkeiten innerhalb und im Zusammenhang mit dieser Glaubensgemeinschaft am offensichtlichsten.

Sektenkunde - 3.) Die evangelische Kirche

Einführende Gedanken

Die evangelische Kirche ist in Deutschland nicht nur ein Sprachrohr des christlichen Glaubens, sondern auch eine gesellschaftliche Institution mit beachtlichem Einfluss. Dieser Einfluss verdankt sie mehreren Umständen: Zum einen ist es ihre selbstgewählte Position als Gegengewicht zur katholischen Kirche, zum anderen eine theologisch und politisch gewollte Strategie als Machtfaktor und Meinungsmacher.

Besonders zustatten im Hinblick auf diese Ziele kam der evangelischen Kirche die Verbindung mit dem deutschen Staat, der durch bestimmte Gesetze und finanziellen Regelungen der Kirche lange Zeit die Aufgabe abnahm, sich um ihr Selbstverständnis und um ihre Zukunft irgendwelche Sorgen machen zu müssen. Dieser Prozess wirkte sich nicht positiv auf die geistliche Qualität der evangelischen Kirche aus!

I) Die praktischen Grundlagen

1.) Gott ist heilig
2.) Gott ist liebevoll
3.) Gott ist gerecht

„Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Gott helfe mir. Amen!“
Diese Gewissensentscheidung Luthers gegen die Hohlheit und Verlogenheit der damaligen (katholischen) Staatskirche war die Grundlage einer Bewegung weg von der Religion und Tradition hin zu Gott.
Ihre eigentliche Geburtsstunde schlug auf der Wartburg, als Luther die Bibel in eine Sprache übersetzte, die es in dieser Form noch gar nicht gab.
Diese Übersetzung gelangte „unter das Volk“, und viele, die daraufhin diese Übersetzung lasen, erkannten Gott als heilig, liebevoll und gerecht. Ausserdem zog Luther sehr geschickt und sehr öffentlichkeitswirksam eine klare Linie zwischen den Aussagen der Schrift und den Aussagen der katholischen Kirche, so dass es den Leuten viel leichter fiel, sich zu diesem „neuen Glauben“ bekennen zu können.

II) Die theoretischen (bibelbezogenen) Grundlagen

1.) allein Jesus
2.) allein aus Gnaden
3.) allein die Schrift
4.) allein aus Glauben

Diese Thesen waren die Grundlage der Reformation, die schliesslich eine neue (evangelische) Kirche hervorbrachten. Allerdings hatte diese Kirche mehrere „Geburtsfehler“, d. h., es wurde unnötig an Theologien festgehalten oder sogar Neue zur Abgrenzung gegenüber anderen Kirchen „erfunden.“ Zwei nicht harmlose Fehlentscheidungen waren die Beibehaltung der Kindertaufe und der Antisemitismus als eine biblisch vertretbare Einstellung. Aber ein „Geburtsfehler sollte sich als viel verhängnisvoller erweisen:

Zur Zeiten der Reformation sprach die katholische Kirche der protestantischen Bewegung jede Existenzberechtigung ab. (Logisch – wer gibt schon gerne freiwillig Macht und Einfluss aus der Hand!) Ein Argument der Katholiken für ihren Beweis als einzig rechtmässige Kirche Jesu Christi war das Vorhandensein von Wundern.
Daraufhin erstellte die protestantische Bewegung um Luther + Co eine Theologie, die Zeichen und Wunder als heute nicht mehr (heils-) notwendig heraushob.
Wie erwartet, liessen sich die katholischen Vertreter ihrer Kirche von dieser Ansicht nicht überzeugen, und die Kirchenspaltung wurde schliesslich vollzogen.
Für die evangelische Kirche bedeutete und bedeutet diese Theologie quasi ein Stück Existenzberechtigung. Schliesslich hatte man nun etwas Handfestes, um sich von der katholischen Kirche distanzieren zu können. Also wurde diese Theologie konsequent ausgebaut – der Heilige Geist samt seinen Gaben wurde entmündigt und zu einer Fussnote der Geschichte herabtheologisiert.
Auch Dinge wie: Dämonenaustreibung und ähnlich “wunderbehafteten” Sachen verschwanden, dementsprechende Schriften und Erfahrungsberichte wurden weggeleugnet oder zur Gegenseite zugehörig erklärt. Danach wurde die Lehre der Geistestaufe mit der Lehre der Wiedergeburt zusammengezogen, damit von vorneherein kein kraft- und “wundervolles” Gotterleben möglich sein sollte.
Alles, was irgendwie übernatürlich hätte sein können, wurde theologisch wegrationalisiert und auslegerisch passend gemacht. Nur die Dinge, welche die Schäflein abhängig von ihrem Hirten machen sollten (z. B. Erbsünde und Kindertaufe), wurden beibehalten. (Die Evangelikalen haben sich hier Vieles abgeschaut!)

III) Knechtschaft als (erstrebenswerter) Lebensstil

Was also Gottes Wort und was vorübergehende theologische Randerscheinung zu sein hat, darüber entscheiden auch in der evangelischen Kirche viel zu oft Menschen, die sich in erster Linie ihrer Theologie verpflichtet sehen. Durch die fehlende Korrektur des Geistes Gottes hat die geistliche Beliebigkeit Hochkonjunktur und das Wort Gottes ist überwiegend dazu da, persönliche Eitelkeiten zu befriedigen
Das Mittel dazu ist die Einstellung zur und Handhabung der Theologie, die auch in der evangelischen Kirche unter anderem das Mittel zum Zweck der eigenen Ehr- und Machtabsicherung geworden ist.

In der Praxis läuft das etwa folgendermassen ab: Ich meine auf irgend eine Art und Weise eine Erkennt-nis über Gott gewonnen zu haben, die mir nützt. Normalerweise müsste ich jetzt das Wort Gottes heranziehen, um diese meine Erkenntnis zu überprüfen und sie evtl. korrigieren zu können.
Dabei könnte allerdings diese “Erkenntnis” sich möglicherweise als falsch oder unvollständig herausstellen. Und das wiederum könnte sich nachteilig in Bezug auf meinen Nutzen (und meine Ehre) auswirken, die ich mit dieser “Erkenntnis” zu erlangen beabsichtige. Um diese Gefahr zu vermeiden, verwende ich das Wort Gottes nicht mehr, um meine Masstäbe daran zu überprüfen, sondern ich liefere mit dieser meiner “Erkenntnis” auch gleich die passende Theologie hinterdrein, die dafür zu sorgen hat, dass “Erkenntnis” und Gottes Wort nunmehr reibungslos übereinstimmen.

Die Theologie verändert also die Einstellung zur Bibel: anstatt Universalmasstab in und über unser Leben zu sein wird sie nunmehr als Mittel zum Zweck umfunktioniert. Jetzt hat auf einmal die Theologie der Masstab zu sein und die Schrift wird zum “Ideengeber” von Theologien herabgewürdigt.
Der Ausgangspunkt ist die Ehrsucht und die Unredlichkeit vieler Christen. Diese Unredlichkeit bestimmt mittlerweile unbewusst und bewusst ein Grossteil des Denkens und Handelns in der evangelischen Kirche und soll sowohl den persönlichen Einfluss, als auch die geistliche Beliebigkeit (Toleranz) fördern.

Wir Christen haben uns leider an das Vorhandensein dieser Theologen und Theologien gewöhnt.
Es ist bequem, keine eigene Meinung über Gott mehr sich machen zu müssen. Überdies tragen ja die Theologen die Verantwortung für den Blödsinn, den sie verzapfen.
So meinen wir! Aber diese Gedanken greifen zu kurz, weil wir den Einfluss der Theologie auf unser eigenes Glaubensleben unterschätzen. Wir Christen wissen zwar um manche Mängel in unserem Glaubensleben, aber wir wissen allzu oft nicht, woher sie kommen und wie wir sie abstellen können, weil uns die Theologie mit voller Absicht die Wege dazu verbaut hat.

Theologie ist also ein überaus wirksames Mittel zur Knechtschaft und zur Abhängigkeit hin. Da es in der evangelischen Kirche nur noch in Ausnahmefällen um Vollmacht oder gar Kraft geht, müssen die Schäflein eben anders bei der Stange gehalten werden. Diese geistlich schiefe Ebene ist bewusst verlogen und unredlich, aber es gibt genügend Leute innerhalb der Kirche, die darum wissen und trotzdem nichts ändern.

IV) Gehorsam als (überbewertetes) Lebensprinzip

Die evangelische Kirche ist durch ihre staatlich abgesicherte Vorzugsbehandlung nicht auf den Gehorsam ihrer Mitglieder angewiesen. Sie muss nur dafür sorgen, dass diese nicht übermässig unzufrieden werden oder gar davonlaufen. So hat die widerbiblische Ethik der Toleranz und damit der Gleichgültigkeit aller Werte breiten Raum im Reden und Handeln innerhalb dieser Kirche erhalten.
Diese Toleranz fordert die evangelische Kirche zuallererst im Umgang mit sich selbst und mit ihren „Glaubensüberzeugungen“ an. Die Vielfalt ist also kein Produkt eines schöpferischen Denkens, sondern machtpolitisches Kalkül! Die eigene Position wird dadurch bewusst unklar und unangreifbar gemacht.

V) Fazit

Die „Geburtsfehler“ der evangelischen Kirche haben sie viel zu sehr allen möglichen theologischen Einflüssen preisgegeben. Ihre geistliche Unredlichkeit und Beliebigkeit hat sie heutzutage unattraktiv in den Augen Jesu gemacht, und wird sie über kurz oder lang über den Weg der Ökumene ihre Existenz kosten.

Sektenkunde - 4.) Die römisch-katholische Kirche

Einführende Gedanken

Aber auch ich sage dir: Du bist Petrus, und auf diesem Felsen werde ich meine Gemeinde bauen, und des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Reiches der Himmel geben; und was immer du auf der Erde binden wirst, wird in den Himmeln gebunden sein, und was immer du auf der Erde lösen wirst, wird in den Himmeln gelöst sein. Mt 16,18-19

Eigentlich begann alles mit einer Verheissung: Jesus gab Petrus die Zusage, dass er auf diesem Felsen seine Gemeinde bauen würde, und er ihm dazu die Schlüssel (d. h. die Vollmacht) dazu geben wird. Das Missverständnis, aus dem heraus die römisch-katholische Kirche ihre Existenzberechtigung herleitet, liegt darin, dass sich diese Zusage Jesu nicht auf Petrus selbst bezieht. Jesus bezog diese Zusage auf den kommenden apostolischen Dienst des Petrus. Die Gemeinde Jesu ist also nicht auf eine Person (ausgenommen Christus Jesus selbst) gegründet, sondern auf die Dienstgaben der Apostel und Propheten:

So seid ihr nun nicht mehr Fremde und Nichtbürger, sondern ihr seid Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen. aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, wobei Christus Jesus selbst Eckstein ist. In ihm zusammengefügt, wächst der ganze Bau zu einem heiligen Tempel im Herrn, und in ihm werdet auch ihr mitaufgebaut zu einer Behausung Gottes im Geist. Eph 2,19-22

Aus dem Missverständnis heraus entwickelte sich ein unbiblisches Selbstverständnis: Statt einer Dienstgabe rückte auf einmal eine Person (nämlich der Papst) neben Jesus Christus ins Rampenlicht. Dieser Personenkult wurde theologisch aufgehübscht und lehrmässig unangreifbar gemacht. Damit war das „Haupt“ eine Kirche geboren, die mit der biblischen Gemeinde nicht einmal den Namen gemeinsam hat.

I) Die praktischen Grundlagen

1.) Gott ist heilig
2.) Gott ist liebevoll
3.) Gott ist gerecht

Und es kam einer von den sieben Engeln, welche die sieben Schalen hatten, und redete mit mir und sprach: Komm her! Ich will dir das Gericht über die große Hure zeigen, die an vielen Wassern sitzt, mit der die Könige der Erde Unzucht getrieben haben; und die Bewohner der Erde sind trunken geworden von dem Wein ihrer Unzucht. Und er führte mich im Geist hinweg in eine Wüste; und ich sah eine Frau auf einem scharlachroten Tier sitzen, das voller Lästernamen war und sieben Köpfe und zehn Hörner hatte.
Und die Frau war bekleidet mit Purpur und Scharlach und übergoldet mit Gold und Edelgestein und Perlen, und sie hatte einen goldenen Becher in ihrer Hand, voller Greuel und Unreinheit ihrer Unzucht; und sie hatte an ihrer Stirn einen Namen geschrieben, ein Geheimnis: Babylon, die große, die Mutter der Huren und der Greuel der Erde. Und ich sah die Frau trunken vom Blut der Heiligen und vom Blut der Zeugen Jesu. Und ich wunderte mich, als ich sie sah, mit großer Verwunderung. Offb 17,1-6

Es gibt keine Religion (auch nicht der Islam), die so viel Blut vergossen hat, wie der römische Katholizismus. Es gibt keine Gemeinschaft, die sich auf den Namen und den Willen Gottes berufen hat, und die trotzdem so viel Unheil in der Weltgeschichte angerichtet hat, wie diese Kirche.
Das römisch-katholische System ist Macht- und Geldgier in Perfektion: Gott ist nur Mittel zum Zweck der eigenen Bedürfnisbefriedigung. Jesu Eigenschaften und seine Ansprüche sind uninteressant, ausser wenn sie sich gewinnbringend für die eigene Sache einsetzen lassen. Das Wort Gottes ist zwangsläufig als Literatur nicht gerne gesehen und als Masstab für sich und die eigene Anhängerschaft unerwünscht.

II) Die theoretischen (bibelbezogenen) Grundlagen

1.) allein Jesus
2.) allein aus Gnaden
3.) allein die Schrift
4.) allein aus Glauben

Der Papst nimmt für sich in Anspruch, Nachfolger des Petrus und damit der Autorität Jesu Christi zu sein.
Beides ist von der Schrift her gesehen falsch: Jesus ging es nicht um die Person sondern um den zukünftigen Dienst des Petrus (Apostel), und seine Autorität ging und geht im neuen Bund auf den Heiligen Geist über. Wo der Heilige Geist die Kraft darstellt, soll die Gemeinde den Hebelarm für diese Kraft darstellen. Das Resultat dieser geistlichen Tatsachen soll zur Verherrlichung des Vaters und zur Ehre des Namens Jesu dienen. Nichts von alledem wird in der römisch-katholischen Kirche angestrebt oder gar umgesetzt.

An die Stelle Jesu ist der Papst getreten, an die Stelle des Heiligen Geistes wurde Maria gesetzt.
“Maria” stellt keine Ansprüche an ihre potentiellen Nachfolger (das macht dafür die katholische Kirche zur Genüge!) und ist ein kluger Schachzug gegen alle feministischen Tendenzen. “Maria” macht Religion wertvoll und attraktiv für Frauen, die Zweifel an ihrem eigenen Wert auf religiösem Wege beseitigen wollen.

Das Zöllibat ist ein Grund dafür, dass die römisch-katholische Kirche heute im Geld schwimmt. Dabei ist es ihr nicht um den Wunsch ihrer Anhänger zu tun, als Mönch oder Nonne Gott gefallen zu wollen (obwohl genau dies lehrmässig vorgeschoben wird), sondern es geht ihr um den Besitz dieser Leute, der später als Erbschaft der Kirche zufällt. Hier wird die Sehnsucht der Menschen nach Gott rigoros ausgenützt.

III) Knechtschaft als (erstrebenswerter) Lebensstil

Der Schlüssel zur Knechtschaft liegt im Lehrverständnis der römisch-katholischen Kirche begründet. Einerseits wird Wert auf die Feststellung gelegt, dass die biblische Lehre sich weiterentwickeln kann (die Bibel ist also eine vorübergehende Randnotiz der Welt- und Glaubensgeschichte), andererseits wird betont, dass der Papst sich nicht irren kann, wenn er lehrmässige Ansichten öffentlich zum Besten gibt.
Hier wird also Gott und sein Wort rundheraus und vollständig unter die Autorität von Menschen gestellt.

Für den Kirchgänger bedeutet diese Knechtschaft in der Praxis ein ständiges Zurechtfindenmüssen zwischen hunderten von Gesetzen. Ausserdem wurde ein Abhängigkeitsverhältnis von den Priestern geschaffen, die in ihren Messen mittels Kinderbesprengung, Beichte, Liturgie und Abendmahl die alleinige Entscheidungshoheit über das Wohl und Wehe ihrer Schäflein haben.
Dabei wird die Liturgie zu einer Art Leistung Gott gegenüber umfunktioniert, die man zu erbringen hat, und über deren Korrektheit allein der Priester zu wachen und zu bestimmen hat. Das Abendmahl wiederholt ständig das Opfer auf Golgatha (anstatt daran zu erinnern), um deren Teilnehmer zu der regelmässigen Teilnahme daran zu verpflichten. All dies soll sicherstellen, dass der im katholischen Sinne Gläubige das Heil ausschliesslich von seiner Kirche erwarten soll, um dass er sich immer wieder neu bemühen muss.

IV) Gehorsam als (überbewertetes) Lebensprinzip

Vom Rosenkranz über das Fegefeuer bis hin zur Handhabung des Kruzifixes besteht die katholische Kirche aus einem Regelsystem, das ihr den Gehorsam ihrer Anhänger garantiert. Es gibt keine Institution weltweit, die derart über Leichen gegangen ist, um ihre Ziele durchzusetzen, wie die römisch-katholische Kirche es getan hat. Aus dem biblischen Organismus wurde eine religiöse Organisation gemacht, die im Namen Jesu mehr Verbrechen auf sich geladen hat, als jede andere Organisation vor und nach ihr.

Da der Mensch aus der Geschichte nicht lernen will (der Deutsche tut dies nur sehr zögerlich aufgrund der Vorkommnisse im zweiten Weltkrieg), wurde die Stellung oder gar die Existenzberechtigung der römisch-katholischen Kirche in Deutschland nie angetastet. Zusammen mit der evangelischen Kirche geniesst sie stattdessen seid Jahrzenhnten eine finanzielle und gesellschaftliche Vorzugsbehandlung, die vergessen machen soll, welche Rolle sie bisher und auch jetzt noch in der Weltgeschichte spielt.
Die römisch-katholische Kirche ist von allen religiösen Systemen dasjenige, welches das Streben nach Macht und Reichtum unter dem Deckmantel der christlichen Ethik am meisten perfektioniert hat.

V) Fazit

Für alle Sekten und religiösen Sondergemeinschaften ist die römisch-katholische Kirche nach wie vor ein unerreichbares Vorbild. Die Wirksamkeit ihrer Lehren und die Effektivität ihrer Methoden ist beispiellos!
Nicht umsonst sehen viele Ausleger die Verse aus Off 17,1-6 direkt auf die katholische Kirche bezogen.
Damit ist diese Kirche nach wie vor die ultimative Herausforderung für alle Nachfolger Christi und die Rettung ihrer mit Plan und Ziel irregeleiteten Anhänger ein dringliches Gebetsanliegen eines Jünger Jesu.
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