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Adventistische interkonfessionelle Dialoge


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Rolf

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Spes Christiana 21, 2010, 139–154





Adventistische
interkonfessionelle Dialoge1






Stefan Höschele



Zusammenfassung

Theologische Dialoge sind aus der Beziehung konfessionsverschiedener Kirchen
nicht mehr wegzudenken. Siebenten-Tags-Adventisten haben zunächst
zögernd, seit den 1990er Jahren aber zunehmend zielgerichtet, solche Gespräche
gesucht. Dieser Aufsatz gibt einen Überblick über adventistische Dialoge,
vergleicht und analysiert sie und versucht eine erste Gesamtwertung, bei der
die Spezifika adventistischer interkonfessioneller Dialoge aufgezeigt werden.
Ein wesentliches Charakteristikum der ökumenischen Bewegung ist insbesondere
seit den 1970er Jahren der bilaterale interkonfessionelle Dialog. Auf der Grundlage
von Dialogen zwischen den verschiedenen Kirchen ist über die Abschlussberichte
hinaus eine umfangreiche Literatur entstanden, die zwischenkirchliche Gespräche
inhaltlich oder prinzipiell reflektiert und die Haltung spezifischer Denominationen
oder Konfessionsfamilien thematisiert.2 Seit einiger Zeit stellt daher
die theologische und ökumenewissenschaftliche Reflexion über Lehr- und Konvergenzgespräche
einen eigenständigen Forschungsbereich dar.
Die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten hat während der vergangenen
zwei Generationen ebenso eine Anzahl von theologischen Dialogen mit anderen
Kirchen und interkonfessionellen Organisationen durchgeführt. Diese sind jedoch
bislang noch keiner umfassenden Wertung unterzogen worden. Außer einer kurzen
übergreifenden Erörterung adventistischer interkonfessioneller Gespräche und
Beziehungen (Rodríguez 2003) existieren bislang nur Reflexionen zu einzelnen
Dialogen: dem mit dem Lutherischen Weltbund (ein Erfahrungsberichts [Saarinen2001]
und eine Rezension [Pöhler 2001] über den Berichtband Lutherans and

1 Dieser Beitrag ist die überarbeitete Version eines Vortrags, den ich am 25. Februar 2009 in Friedensau
vor adventistischen Pastoren im Rahmen eines Seminars des Instituts für christliche Dienste
gehalten habe. Ich widme ihn mit großer Freude Hans Heinz: Er ist aufgrund der Vereinigung der
theologischen Seminare Marienhöhe und Friedensau in den 1990er Jahren mein Vorgänger als
Dozent für Systematische Theologie. Obgleich ich durch Altersabstand bedingt bei ihm nur eine
einzige Lehrveranstaltung besuchen konnte, behandelte gerade diese das Thema Ökumene, mit dem
sich dieser Artikel beschäftigt. Vgl. auch seinen Aufsatz zum Thema (Heinz 1994).

2 Die Abschlussberichte von Dialogen auf Weltebene finden sich in Meyer 2003 und vorausgegangenen
Bänden. Eine frühe Übersicht über bilaterale Dialoge ist Confessions in Dialogue 1975.
Wichtige prinzipielle Reflexionen finden sich z.B. in Brandt 1986, Beintker 2000, Fuisz 2001 und
Hietamäki 2010. Als konfessionelles Beispiel sei Der baptistische Weltbund in ökumenischen Gesprächen
2005 genannt.

Adventists in Conversation 2000) und den Gesprächen mit Vertretern der römisch-
katholischen Kirche (Pöhler 2007). Umfassender besprochen wurden inoffizielle
Gespräche nordamerikanischer adventistischer Kirchenleiter mit Vertretern
der evangelikalen Bewegung in den 1950er Jahren (Unruh 1977 sowie die
zwei unveröffentlichten Dissertationen McGraw 2004 und Nam 2005). Über diese
punktuellen Betrachtungen hinaus existiert noch keine Auswertung der Thematik
als ganzer. Insgesamt liegt hier also klar ein Forschungsdesiderat vor.
Der vorliegende Artikel gibt einen Überblick über die von Siebenten-Tags-Adventisten
bislang durchgeführten Dialoge und präsentiert eine erste, wenn auch vorläufige
Gesamtwertung adventistischer interkonfessioneller Gespräche. Dabei kann auf
Details einzelner Dialoge nicht näher eingegangen werden; sicherlich bedürfen
insbesondere die mehrjährigen Gespräche mit Vertretern des Lutherischen Weltbundes
(1994–1998) und des Weltkirchenrates (1965–1971; vgl. So Much in Common
1973) einer jeweils gründlichen Diskussion und einer eigenen Bewertung.

1. Vorgeschichte und Übersicht
Eine Übersicht und Reflexion adventistischer interkonfessioneller Dialoge wird
auch die Gesamtsituation des innerchristlichen Dialoggeschehens und die Vorgeschichte
dieser Gespräche berücksichtigen müssen. Die letztere zeigt, wie sich das
konfessionelle Engagement in diesem Typ zwischenkirchlicher Beziehungen entwickelt
hat und welche Voraussetzungen und Schwierigkeiten als Ausgangslage
existierten. Denn dass eine Kirche sich überhaupt dafür entscheidet, formale oder
zumindest halboffizielle theologische Gespräche mit anderen kirchlichen Organisationen
aufzunehmen, ist trotz der Selbstverständlichkeit, mit der viele bekannte
Konfessionsfamilien dies tun, nicht für alle kirchlichen Traditionen gegeben.
Heute trifft einerseits noch viel mehr zu, was Harding Meyer schon 1980 festgestellt
hat: „Jeder … weiß, dass das Feld interkonfessioneller Dialoge … kaum
noch überschaubar ist“ (Meyer 1981, 15). Andererseits bemerkte Meyer zu Recht,
„dass einige Kirchen stark, andere Kirchen nur wenig am Dialog beteiligt sind. Es
gibt auch – quantitativ zwar nicht sehr bedeutende – Kirchen, die, aus welchen
Gründen auch immer, noch keinerlei internationale Dialoge führen (z. B. Sieben-
Tage-Adventisten [sic])“ (ibid., 16). Während die Beobachtung von 1980 für Adventisten
inzwischen nicht mehr gilt, könnte Ähnliches weiterhin über manche
dem evangelikalen oder pfingstkirchlichen Spektrum zuzuordnenden Denominationen
gesagt werden. Insofern ist die Reflexion über eine konfessionelle Tradition,
die nur unter Vorbehalten Dialoge aufgenommen hat, auch als Fallstudie für
das Verständnis sich ähnlich positionierender Kirchen von Bedeutung.

Ein Rückblick in die Geschichte der Siebenten-Tags-Adventisten kann nun klären,
warum sie erst relativ spät begannen, sich ins Gesamtgeflecht interkonfessioneller
Gespräche einzubringen. Die Herkunft aus der ursprünglich interkonfessionellen,
dann aber separatistischen Millerbewegung, die Entwicklung einer sabbatarischen Theologie sowie einer spezifischen Eschatologie, die andere Kirchen auch als endzeitliche
Verfolger betrachtete, machten positive Beziehungen zu diesen nicht gerade
einfach. Erste Erfahrungen in konstruktiver Zusammenarbeit mit einer anderen
sabbatarischen Kirche, den Siebenten-Tags-Baptisten, in den 1860er Jahren (vgl.
Thomsen 1971), und mit anderen Christen, insbesondere in der Abstinenzbewegung,
sammelten Adventisten dennoch schon ab den 1870er Jahren.3

Insgesamt blieb die adventistische Haltung zu anderen Kirchen jedoch auch in der
ersten Hälfte des 20. Jh. ambivalent. Einerseits bestanden etwa in den USA positive
Kontakte und eine Atmosphäre der Kooperation mit anderen Denominationen
im Rahmen des Foreign Mission Council. Auf der anderen Seite strebten Adventisten
keine Mitgliedschaft im protestantischen Federal Council of Churches an,
weil sich hier schon in der Gründungsphase eine Befürwortung von Sonntagsgesetzen
abzeichnete, was Adventisten aufgrund ihrer sabbatarischen Theologie
strikt ablehnten (mehr hierzu in Höschele 2009, 188–191).
Ähnlich entwickelte sich die adventistische Haltung auch international. Entsprechend
den Erfahrungen in Nordamerika wurde eine Mitgliedschaft im sich in den
1930er Jahren formierenden Ökumenischen Rat der Kirchen nicht ernsthaft erwogen
(GC Committee Minutes, 30. März 1939). Andererseits zeigen die schon erwähnten
Gespräche mit evangelikalen Publizisten und Theologen in den 1950er
Jahren die wachsende Bereitschaft einer damals bereits 100 Jahre alten Bewegung,
sich auf andere Christen unter den Prämissen einer Gegenseitigkeit einzulassen,
die eine gegenseitige Anerkennung guten Willens und eine gewisse Form
existierender christlicher Gemeinschaft bereits einschloss.

Auch die Rolle Bert B. Beachs seit seiner Funktion als Beobachter beim Zweiten
Vatikanischen Konzil muss hier betont werden. Er entwickelte sich unter anderem
durch die dort geknüpften Kontakte insbesondere als Sekretär des adventistischen
Council on Interchurch Relations und damit als Organisator der meisten
adventistischen Dialoge ab 1980 zu einer Schlüsselperson für den gesamten
Komplex adventistischer interkonfessioneller Beziehungen. Die Person Beach
illustriert indessen nicht nur die Bedeutung einzelner Personen für theologische
Dialoge, sondern zeigt auch das doppelte adventistische Anliegen dabei, nämlich
die Suche nach Nähe und Gemeinsamkeit mit anderen Christen, die jedoch eine
klare Abgrenzung in bestimmten Glaubensüberzeugungen nicht scheut.4
Die folgende Übersicht über adventistische Dialoge bietet ein Bild, das sich über
ein halbes Jahrhundert hinweg entwickelt hat. Es enthält alle Gespräche mit Ver-
3 Daher konnten Siebenten-Tags-Adventisten auch früh eine Resolution verabschieden, die die Anerkennung
anderer Christen und „freundschaftliche Beziehungen“ zu ihnen betonte: „Resolved, that for
the sake of our blessed Redeemer we desire to cultivate fraternal feelings, and maintain friendly relations,
with all who name the name of Christ; and in particular with those who in common with us hold
to the unpopular doctrine of the second advent of our Saviour near“ (GC Business Proceedings, 15.
März 1870). Ähnliche Worte finden sich in der noch heute gültigen, ursprünglich 1919 verfassten
Erklärung zur Beziehung zu anderen christlichen Organisationen; vgl. Höschele 2010a.

4 Vgl. Beach 1968 und 1975 sowie Beach und Graz 2000, 27–29 und 93–127.
142
tretern anderer Kirchen oder christlicher Bewegungen, die entweder offiziellen
Charakter hatten oder aber die zumindest von adventistischer Seite her als so gewichtig
betrachtet wurden, dass nennenswerte Berichte vorliegen (eine kommentierte
Sammlung offizieller Berichte findet sich in Höschele 2010b, 99–160).
Dialogpartner
Zeitraum
Abkürzung
1. Evangelikale in den USA 1955–1956 EvUSA
2. Ökumenischer Rat der Kirchen 1965–1971 ÖRK
3. Church of God (7th Day) 1980, 1984,
1985, 1986
COG7D
4. Heilsarmee (I) 1980, 1985 HA I
5. Assemblies of Yahweh 14.–15.5.1984 AOY
6. Evangelische Allianz
(damals World Evangelical Fellowship)
4.–5.2.1985 WEF
7. Arbeitskreis rel. Gemeinschaften der Vereinigten
Ev.-Luth. Kirche in Deutschland
1985–1987 VELKDAK
8. Polnische Bischofskonferenz 1985–2000 PBK
9. Lutherischer Weltbund 1994–1998 LWB
10. Reformierter Weltbund 2001 RWB
11. Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit
der Christen
2001–2003 PRFEC
12. Heilsarmee (II) 2004, 2005,
2008
HA II
13. Evangelische Allianz
(World Evangelical Alliance)
2006–2007 WEA
14. Presbyterian Church in the USA 2006–2010 PCUSA
Geplante, aber nicht durchgeführte
Dialoge5
15. Siebenten-Tags-Baptisten 1968 STB
16. Reformed Ecumenical Synod 1985, 1987 RES
17. Weltweite Kirche Gottes 1999 WKG
18. Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel 2002 ÖPK
5 Auf die Gründe, die dazu führten, dass einzelne geplante Dialoge nicht zustande gekommen sind,
kann hier nicht im Einzelnen eingegangen werden. Zwei Aspekte jedoch sind die personelle Ausstattung
mancher Kirchenbünde oder Kirchen sowie mangelnde Dialogerfahrung derselben.
143
2. Klassifikation und Analyse
Diese mehr als ein Dutzend durchgeführten und vier nicht durchgeführten Dialoge
bedürfen einer Analyse, bei der sie nach relevanten Aspekten geordnet und
betrachtet werden. Vor einer eigentlichen Wertung sollen in diesem Teil Beobachtungen
angestellt und gebündelt werden, die die Vorgänge in adventistischen
interkonfessionellen Dialogen detaillierter erklären. Dabei werden ohne Anspruch
auf erschöpfende Behandlung aller möglichen Perspektiven die folgenden Fragen
gestellt: 1. Wer ergriff die Initiative? 2. Was war die Zielstellung? 3. Wie offiziell
war der jeweilige Dialog? 4. Welche konfessionelle Konfiguration lag vor?
5. Wie viel Gewicht hatten die beteiligten Gruppen im Kontext der Gesamtchristenheit?
6. Wie viel Zeit wurde für die Gespräche verwendet? 7. Gab es geografische
Beschränkungen? 8. Ist es zu konkreten Ergebnissen gekommen?
1. Was die Initiative anbelangt, so ist in den meisten Fällen eine Gegenseitigkeit
des Interesses festzustellen. Während Bert Beach an fast jedem Dialog beteiligt
und ebenso bei der Initiierung und Organisation der einzelnen Dialogrunden von
Bedeutung war, ist sicherlich meist auf beiden Seiten der aufrichtige Wunsch
nach wechselseitigem Verständnis und teilweise vielleicht auch nach theologischer
Konvergenz wahrzunehmen. Einzig bei den kleineren sabbatarischen Kirchen
(COG7D, AOY; STB) ist von stärkerem adventistischem Interesse auszugehen,
diese Denominationen dialogisch an sich zu binden. Dass gerade diese Gespräche
zu keinen nennenswerten Resultaten geführt haben, liegt wohl daran, dass
kleinere Kirchen eine starke Eigenidentität pflegen, die einer Konvergenz abträglich
ist.

2. Die Zielstellung aller Dialoge war zunächst ein gegenseitiges Kennenlernen
und Aufbau von Verständnis, was aufgrund der tendenziell isolierten Position der
Siebenten-Tags-Adventisten im kirchlichen Spektrum auch notwendig war.
Hauptsächlich ab den 1990er Jahren hat die Frage öffentlicher Anerkennung für
die Aufnahme von Dialogen ebenso eine Rolle gespielt (z. B. PBK, LWB, RWB,
WEA). Dementsprechend ist auch expliziter theologisch gearbeitet worden, und
die Gespräche nahmen zunehmend den Charakter von Fachdialogen an (LWB,
RWB, HA II, PRFEC, WEA, PCUSA). Die Konzeption als Kennenlerngespräche
impliziert, dass Dialoge unter adventistischer Beteiligung grundsätzlich nicht als
Konvergenz- oder Konsensdialoge mit dem Ziel einer wie auch immer gearteten
Kircheneinheit oder formal festgestellter Kirchengemeinschaft – wie in Dialogen
anderer Kirchen teilweise angestrebt – intendiert waren.

3. Ein offizieller Charakter kann etwa bei der Hälfte der Dialoge ausgemacht
werden. Dieser Charakter wurde offensichtlich bewusst gewählt, weil er Adventisten
als ebenbürtige Gesprächspartner und damit in der Öffentlichkeit als anerkennenswerte
Kirche erscheinen ließ. Andere Gespräche dagegen sind ohne große
Medienwirksamkeit oder ausdrücklich ohne offizielles Gewicht durchgeführt
worden (EvUSA, ÖRK, COG7D, AOY, WEF, PRFEC). Dies gab solchen Ge144
sprächen ein Moment der Vorläufigkeit und Unverbindlichkeit, was von adventistischer
Seite auch beabsichtigt wurde.

4. In Bezug auf teilnehmende Konfessionen ist zunächst von Bedeutung, dass
Adventisten nicht an multilateralen Gesprächen teilnahmen. Diese werden ja
meist mit dem Ziel der Produktion von Konsenstexten abgehalten, was adventistischen
Zielstellungen zuwidergelaufen wäre. Auffallend ist andererseits die Tatsache,
dass Dialoge mit Vertretern der evangelikalen Bewegung (EvUSA, WEF,
WEA) und dem ÖRK durchgeführt wurden, die in sich interkonfessionell sind.
Dies zeigt, dass Adventisten einen gewissen Grad von Anerkennung und gute Beziehungen
anstrebten, ohne indessen diesen Organisationen beitreten zu wollen.
Die häufigste (bilateral-konfessionelle) Dialoggestalt schließlich bot den besten
Rahmen, die Zielstellung des gegenseitigen Verständnisses zu verwirklichen.

5. Was das Gewicht der beteiligten Kirchen im Kontext der Gesamtchristenheit
anbelangt, so können über die bedeutenden interkonfessionellen Gesprächspartner
hinaus zwei Gruppen unterschieden werden. Nur wo spezifische historische Verbindungen
oder dogmatische Affinität zu finden ist, sind Dialoge mit kleineren
Kirchen durchgeführt worden (COG7D, AOY, HA I, HA II). Die meisten Gespräche
fanden dagegen mit zahlenmäßig bedeutenden Kirchen statt. Dies zeigt,
dass die Dialoge bewusst so geplant wurden, dass aus ihnen positive kirchenpolitische
Wirkungen entstehen konnten, das heißt, dass eine stärkere Wahrnehmung
als respektable Kirche in der christlichen Öffentlichkeit zumindest zu erwarten
war.

6. und 7. Zeitrahmen und geografische Aspekte: Mit wenigen Ausnahmen einmaliger
Kurztreffen (AOY, WEF) wurden Dialoge über mehrere Tage, meist auch
über mehrere Jahre durchgeführt und standen dementsprechend in mehr als nur
punktuellem Interesse. Die Mehrheit war globaler Natur, nur wenige national
begrenzt (PBK, PCUSA, VELKDAK). Im Falle regionaler Dialoge (EvUSA,
ÖRK [hier mit Adventisten in Europa]) hatten diese dennoch Bedeutung für die
Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten insgesamt.

8. Zu den greifbaren Ergebnissen der Gespräche zählen neben dem verbesserten
gegenseitigen Verständnis und einer differenzierteren Wahrnehmung von Adventisten
in der christlichen Welt besonders die offiziellen Berichte. In mehreren
Fällen kam es allerdings – entweder aufgrund der Natur der Gespräche oder auf
Wunsch der Dialogpartner – zu keiner Veröffentlichung solcher Dokumente.6
Umfassende Berichte wurden nur in vier Fällen erstellt (ÖRK, LWB, RWB,
6 In einigen Fällen liegen keinerlei offizielle Berichte vor (EvUSA, COG7D, VELKDAK, AOY,
WEF, HA I); in anderen nur Pressemeldungen (HA II und die noch laufenden Gespräche PCUSA).
Ein kurzer offizieller, jedoch bislang unveröffentlichter Bericht existiert für die Gespräche in Polen
(PBK: „Statement of the Council of Ecumenism“; vgl. Höschele 2010b, 144–147). Über die Gespräche
mit dem Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen berichtete lediglich eine
vatikanische Nachrichtenagentur („Informal Consultations with Seventh-Day Adventists“). WEA),7 was theologisch einen eher mageren Ertrag darstellt. Dabei muss allerdings
bedacht werden, dass in einer theologischen Konvergenz nicht die erste
adventistische Priorität bestand.

3. Eine Wertung
Wenn nach vorangegangener Analyse von Einzelaspekten im Folgenden nun der
Versuch einer Wertung unternommen wird, so stellt sich zunächst die Frage nach
Bewertungskriterien. Dabei muss eine sich aus der Thematik ergebende Pluralität
in Augenschein genommen werden. Worum ging es also bei adventistischen interkonfessionellen
Dialogen, und woran lässt sich dementsprechend messen, ob
sie hilfreich oder erfolgreich waren? Wie oben ausgeführt bestanden die wichtigsten
Ziele im gegenseitigen Kennenlernen und in öffentlicher Anerkennung. Darüber
hinaus tauchen jedoch vereinzelt auch noch andere Motive auf,8 sodass sich
die folgende Einteilung treffen lässt:
Informativ:

1. Verständnis anderer Kirchen unter Adventisten
2. Verständnis und Anerkennung von Adventisten durch Vertreter anderer Kirchen
Pragmatisch
3. Realisierung christlicher Gemeinschaft
4. Feststellung von Möglichkeiten der Kooperation
Über die explizit genannten Ziele hinaus muss gefragt werden, ob sich durch die
obige Analyse Einsichten ergeben, die die Logik und Dynamik adventistischer
Dialoge insgesamt erhellen. Überdies müssen adventistische Dialoge auch im
7 ÖRK: Die Berichte sind außer als Einzeltexte (Seventh-Day Adventist Conversations and Their
Significance 1970; Seventh-Day Adventist Conversations 1972) auch in der Materialsammlung So
Much in Common 1973 veröffentlicht worden. LWB: Der Bericht liegt auch in deutscher Sprache
vor: Adventisten und Lutheraner im Gespräch 1998; die Vorträge während der einzelnen Dialogrunden
finden sich auch im englischen Berichtband Lutherans and Adventists in Conversation 2000.

RWB: Der Bericht („Report of the International Theological Dialogue“ 2007 [2001]) existiert auch
in deutscher Sprache: „Bericht über den internationalen theologischen Dialog“ 2001. WEA: Der
Text („Gemeinsame Erklärung“ 2007) wurde über das Internet verbreitet; abgedruckt findet er sich
in Höschele 2010b, 157–160.
8 Im Vorbereitungsprotokoll zu WEF heißt es über die Zielstellung: „1. Increasing better understanding.

2. Giving a reason for the faith that is within us. 3. Achieving Christian fellowhip in the
joy of salvation by faith in Jesus Christ. 4. Explaining the concept of the Kingdom of God, and its
eschatological and religious liberty dimensions.“ (CIR-Protokolle, 24. August 1984) Der LWBDialogbericht
hält als Ziele fest: „[1] Zu einem besseren gegenseitigen Verständnis zu gelangen, [2]
falsche Klischeevorstellungen abzubauen, [3] die Glaubensgrundlagen klarzulegen, [4] tatsächliche
und vermeintliche Spannungspunkte zu erkennen.“ (Adventisten und Lutheraner im Gespräch 1998,

7) Der WEA-Abschlussbericht führt aus: „Hauptzweck dieser Konsultationen war [1] nicht die
Sondierung irgendeines formalen Zusammenschlusses von Organisationen. [2] Es sollte vielmehr
darum gehen, den Glauben und die Arbeitsweisen der jeweils anderen Seite besser zu verstehen und
[3] Möglichkeiten einer fruchtbaren Zusammenarbeit auf lokaler und nationaler Ebene auszuloten.“
(„Gemeinsame Erklärung“ 2007, 1).
146
Kontext anderer interkonfessioneller Dialoge betrachtet werden. Somit ergeben
sich Fragen nach
5. der Homogenität der Dialoge,
6. dem theologischen Gehalt der Dialoge und
7. dem Profil adventistischer Dialoge im Kontext der gesamten interkonfessionellen
Dialoglandschaft.
Nach einer Untersuchung dieser Aspekte werden im Folgenden schließlich im
Sinne einer Gesamtwertung ebenso die nachstehenden Fragen diskutiert bzw.
thesenhaft besprochen:
8. Lässt sich eine Entwicklung ausmachen?
9. Gibt es eine Art Paradigma oder aber mehrere Grundmuster im Hintergrund
adventistischer Dialoge?
10. Was sind Chancen und Grenzen adventistischer interkonfessioneller Dialoge?

1. und 2. Die theologischen Dialoge können einerseits als Ausdruck eines schon
existierenden adventistischen Verständnisses dafür gewertet werden, dass in anderen
Kirchen viele positive Elemente – also vestigia ecclesiae oder, in adventistischer
Sprachgewohnheit, „Wahrheiten“ (vgl. Vandeman 1986) – vorhanden sind.
Auf der anderen Seite implizieren sie eine Lernerfahrung, die dieses grundsätzliche
Verständnis weiter vertieft. Auch in der umgekehrten Richtung dürfte dies der
Fall gewesen sein. Freilich nimmt nur eine bestimmte Ebene von Kirchenvertretern
an theologischen Gesprächen teil, und die Dialoge wurden in vielen Ländern
sowohl von adventistischen Kreisen als auch von anderen Kirchen nur eingeschränkt
rezipiert. So hat das Deutsche Nationalkomitee des Lutherischen Weltbundes
den Abschlussbericht des adventistisch-lutherischen Dialogs nicht angenommen
und von seiner Verbreitung abgeraten (DNK-LWB 2002; eine Kritik
liefert Geldbach 2002). Dennoch ist das gegenseitige Verständnis insgesamt klar
gestärkt worden. Gespräch ist nur möglich, wo eine gemeinsame Basis vorhanden
ist, und diese liegt im Fall der adventistischen Dialoge darin, dass eine gegenseitige
Anerkennung als Christen bei allen Differenzen im Detail vorausgesetzt ist.

3. und 4. So kann auch die Zielstellung einer Realisierung christlicher Gemeinschaft
in der Weise verstanden werden, dass sie wurzelhaft schon existierte, jedoch
häufig nicht ausdrücklich betont wurde und greifbar zu erleben war. Hier ist
also nicht nur an theologische Fachdiskussion zu denken, sondern an ein Erleben
gemeinsamen Betens und gegebenenfalls Singens sowie existenziellen Ringens
um das Verständnis des Wortes, was ja auch „christliche Gemeinschaft“ impliziert.
In Bezug auf die „Entdeckung von Möglichkeiten der Kooperation“ indessen
kann beobachtet werden, dass es meist nicht hauptsächlich um die Entdeckung
neuer Aktivitäten dieser Art ging, sondern dass durch Verweis auf bereits
bestehende Kooperation, z.B. im sozialen Bereich, in der Bibelverbreitung
oder in Bezug auf Religionsfreiheit, eine spezifisch handlungsorientierte Auffassung
christlicher Einheit betont werden sollte.

5. Insgesamt kann in der Analyse oben eine gewisse Heterogenität festgestellt
werden. Dialogpartner waren einerseits interkonfessionelle Entitäten, andererseits
Kirchen und unter ihnen sowohl große, etablierte Organisationen als auch kleine
und kleinste Gruppen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass eine
gewisse Zufälligkeit waltete. Ähnliches lässt sich an der Dauer der Dialoge ablesen;
von einmaligen Treffen bis hin zu etlichen Jahren reichen die Zeitspannen,
sodass manche Dialoge auch kaum vergleichbar sind. Entsprechend unterschiedlich
fällt das Textmaterial aus, das von den verschiedenen Dialogen zur Verfügung
steht.

6. Dies führt auch dazu, dass – wie schon erwähnt – der theologische Ertrag der
Dialoge unterschiedlich ausfällt und insgesamt als nicht sehr umfassend gewertet
werden muss. Es ergibt sich ebenso als natürliche Folge der Tatsache, dass Konvergenzen
– wie in Dialogen mancher anderer Kirchen – nicht beabsichtigt wurden.
Konkret bedeutet das, dass die Kommuniqués oder Abschlussberichte zwar
Vergleiche von Positionen enthalten und Gemeinsamkeiten und grundlegende
gegenseitige Anerkennungen konstatieren, doch nur in Einzelfällen konstruktive
theologische Leistungen darstellen, denen ein gewisser Neuigkeitswert eignet.9
Zuweilen kann es für Beobachter auch erstaunlich anmuten, wie kompromisslos
traditionelle adventistische Positionen z.B. in Bezug auf die Auslegung bestimmter
apokalyptischer Texte (Offb 13) in den Dialogen dargelegt werden, obwohl sie
nicht Teil der 28 adventistischen Glaubensüberzeugungen sind. Insgesamt zeigt
sich also die Tendenz zu einer theologisch sehr scharf profilierten Darstellung bei
gleichzeitigem Versuch, theologisch Brücken zu schlagen. Ein solcher Versuch ist
9 Pöhler (2001, 166) stellt fest, dass im LWB-Dialog einzelne adventistische Vertreter eine gewisse
Eigenständigkeit aufweisen, gleichzeitig jedoch „kein Neuland erschlossen“ wird.

Gleichwohl
enthält der Abschlussbericht eine nicht ganz unproblematische Idee, die jedoch eine gewisse kreative
Leistung darstellt, wenn es heißt: „Die Glaubensbekenntnisse und Bekenntnisschriften sind für
die Lutheraner abgeleitete Normen des Glaubens (norma normata). In analoger Weise stellt das
Schrifttum von Ellen G. White eine Autorität dar, die von der Schrift hergeleitet ist und an der
Schrift geprüft werden muss.“ (Adventisten und Lutheraner im Gespräch 1998, 32) Darüber hinaus
stellt der WEA-Dialogbericht fest: „While acknowledging the significant and Christ-centered role of
Ellen G. White, the Evangelical participants question any authoritative or inspired role on her part
for the whole Church.“ In der deutschen Übersetzung ist diese Passage übrigens inkorrekt wiedergegeben,
denn dort heißt es: „Während die Adventisten (Hervorhebung S. Höschele) die wichtige
und auf Christus bezogene Rolle von E. G. White anerkennen, stellen die evangelikalen Teilnehmer
jede maßgebliche oder sich auf Inspiration berufende Rolle von E. G. White für die gesamte Kirche
Jesu in Frage.“ („Gemeinsame Erklärung“ 2007, 2) Im englischen Original ist klar eine prinzipielle
Anerkennung der Tatsache festzustellen, dass die evangelikalen Dialogteilnehmer Ellen White eine
tendenziell positive Bedeutung zugestehen, was so vorher kaum irgendwo zu lesen war. Wichtig ist
schließlich auch die Art angestrebter Kooperation, die einem dogmatischen Minimalismus wehrt
und eine Art „Ökumene der Profile“ vertritt: „Da die Gespräche eine gemeinsam vertretene Glaubensgrundlage
ergaben, sehen Evangelikale und Adventisten Möglichkeiten der Zusammenarbeit
bei gemeinsamen Anliegen. Gleichzeitig anerkennen sie das Recht und sogar die Verantwortung
aller Kirchen, die zusammenarbeiten wollen, sich an ihre eigenen spezifischen Glaubenslehren zu
halten und ihnen zu folgen“ (ibid.).
natürlich kein einfaches Unterfangen, doch trifft dies wohl auf die meisten Dialoge
von Kirchen zu, die ihrer Theologie klare Umrisse geben.

7. Die interkonfessionelle Dialoglandschaft insgesamt ist über die Jahrzehnte
immer unübersichtlicher geworden. Als besonders schwierig stellt sich auch die
Tatsache dar, dass Übereinkünfte zwischen zwei Dialogpartnern den Dialog mit
anderen Traditionen teilweise erschweren oder aber schon erreichte Gemeinsamkeiten
wieder infrage stellen. Theologische Gespräche sind also lediglich ein Arbeitsinstrument
in der Begegnung zwischen Kirchen.
Dass in den adventistischen Dialogen ein deutlich reduziertes Streben nach theologischer
Übereinkunft zu finden ist, erklärt auch teilweise, warum Adventisten
(mit Ausnahme der ÖRK-Gespräche) mit etwas zeitlicher Verzögerung in formale
Dialoge eingestiegen sind. Ein Abwarten ermöglichte der Denomination das Eruieren
von möglichen Konsequenzen sowie die Beobachtung der Entwicklung
verschiedener Dialogtypen und -dynamiken. Ein anderer Grund für den späteren
adventistischen Einstieg ist wahrscheinlich die Größe der Freikirche der Siebenten-
Tags-Adventisten: Als Dialogpartner waren sie bis in die 1980er Jahre für
andere Kirchen aufgrund der geringen Mitgliederzahl möglicherweise nicht besonders
interessant.

8. Die Entwicklung der Dialoge verlief von individuellen Initiativen und teilweise
kleineren kirchlichen Gruppen hin zu bekannteren Kirchen und administrativ
offizieller Organisation. Dennoch sind Unterschiede weniger prinzipieller und
nicht theologischer Natur, sondern im Wesentlichen eine Frage des Managements.
Dabei lassen sich die folgenden Phasen unterscheiden:

Phase 1: Bis 1980. Initiativen von Einzelnen und halboffizielle Gespräche; 1980
wurde der Council on Interchurch Relations (CIR) auf der Ebene der Weltkirchenleitung
(Generalkonferenz) etabliert.

Phase 2: 1980–1990. Kleinere Projekte und tendenziell heterogene Aktivitäten
(COG7D, HA I, AOY, WEF, nationale Projekte).

Phase 3: 1990–2000. Bis 1990 wurden Dialoge vom CIR durchgeführt; ab 1990
lag die Entscheidung über Dialogaktivitäten beim Verwaltungsausschuss (Administrative
Committee) der Weltkirchenleitung (CIR-Protokoll, 7. Mai 1990). Dies
führte zu einer vorsichtigeren Vorgehensweise. Vielleicht fand aus diesem Grund
in dieser Periode auch nur ein Dialog statt, nämlich der mit dem Lutherischen
Weltbund 1994–1998.
Phase 4: Seit 2000. Seit 1997 arbeitet John Graz im CIR mit; seit 2005 als verantwortlicher
Sekretär. Nach den durchaus positiven Erfahrungen mit dem LWB
kam es nun zu weiteren Dialogen mit wichtigen Partnern (RWB, PRFEC, WEA,
PCUSA) unter verstärkter Einbeziehung des Biblical Research Institute, einem
von der adventistischen Weltkirchenleitung eingesetzten theologischen Mitarbeiterstab.

9. Aus der obigen Analyse der adventistischen Dialoge folgt klar, dass es in ihnen
keine widerstreitenden Paradigmen gibt. Das Grundmuster der von Adventisten durchgeführten theologischen Gespräche, ihre Logik, liegt darin, dass Gespräche
um des Einander-Verstehens willen geführt werden, ohne dass eine oder beide
Seiten danach trachten, Konvergenzen zu erzielen. Dies erscheint auf den ersten
Blick kontraintuitiv: Warum miteinander reden, wenn am Ende kein „Fortschritt“
herauskommt? Doch „Fortschritt“ in der Beziehung zwischen Kirchen kann nicht
nur kirchenrechtlich oder theologisch gemessen werden, sondern hat sehr viel mit
der Beziehung von Menschen zu tun, die als Christen beginnen, aufeinander zu
hören. Das adventistische Dialog-Paradigma lässt sich also beschreiben als ein
Raum, bei dem es um das Wachstum von Beziehungen, um besseres Verständnis
und um Abklären von Feldern geht, wo Zusammenarbeit gelingen kann.

10. Die letzte der zehn oben aufgeworfenen Fragen soll im Folgenden in Thesenform
beantwortet werden. Dabei beziehen sich vier Thesen auf Chancen, vier auf
Grenzen und vier auf Felder, die sowohl Chancen als auch Grenzen beinhalten.
4. Chancen und Grenzen adventistischer interkonfessioneller Dialoge:
Eine Thesenreihe
Chancen
These 1: In den adventistischen interkonfessionellen Dialogen zeigt sich ein Instrumentarium
der Aufnahme, Vertiefung oder Erneuerung von konstruktiven
Beziehungen zu anderen Kirchen oder christlichen Bewegungen.
These 2: Dieses Instrumentarium nicht zu nutzen wäre schon aus kirchenpolitischen
Erwägungen heraus unverständlich gewesen. Erst recht gilt dies jedoch mit
Blick auf adventistische theologische Grundüberzeugungen, nach denen die Gewissensfreiheit
auch anderer religiöser Bewegungen zu achten und das Christsein
anderer Christen anzuerkennen ist.
These 3: Da diese Dialoge an positive Erfahrungen im Kontakt mit anderen Christen
im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jh. anknüpfen, haben sie Impulse aus
der adventistischen Geschichte aufgenommen und weiter entfaltet.
These 4: Sowohl auf internationaler Ebene als auch national und regional sind
Dialoge zur Klärung von Vorstellungen in Bezug auf die Freikirche der Siebenten-
Tags-Adventisten unter anderen Christen fruchtbar geworden. Umgekehrt ist
eine ähnliche Dynamik erkennbar.
Grenzen
These 5: Bei allen Dialogen ist von Anfang an klar gewesen, dass es nicht um
theologische Konvergenz geht. Sie sind also realistische Foren des Austauschs,
nicht aber der gegenseitigen dogmatischen Anerkennung gewesen.
150
These 6: Die Dialogökumene bewegt sich häufig stark auf einer Ebene, die theologische
mit kirchenrechtlichen Fragen verbindet. Bei adventistischen theologischen
Gesprächen lagen genau auf dieser Ebene Einschränkungen vor, was sie ein
Stück aus dem gewöhnlichen ökumenischen Rahmen fallen ließ.
These 7: Multilaterale Ökumene und dementsprechend multilaterale Dialoge waren
für Adventisten keine erwägenswerte Option, weil es – ähnlich wie bei der
römisch-katholischen Kirche – um spezifische Beziehungen zu einzelnen Kirchen
und ihren Vertretern ging, nicht um die Suche nach einem übergreifenden Konsens
oder nach Übereinkünften.
These 8: Insgesamt wurden Dialoge nicht primär als Ausdruck adventistischer
Ökumenizität geführt, sondern als Konsequenz einer Auffassung einer Mission,
die das Mandat guter Beziehungen zu anderen Kirchen mit sich brachte. Dialogökumene
war aus adventistischer Sicht also der Mission untergeordnet; adventistische
Mission durfte daher nicht grundsätzlich infrage gestellt werden.
Chancen und Grenzen
These 9: Die Vielfalt von Dialogpartnern zeigt, dass für Adventisten prinzipiell
das Gespräch mit allen christlichen Gruppen möglich ist. Der begonnene und
noch nicht weitergeführte Dialog mit dem Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit
der Christen und das Fehlen von Dialogen mit orthodoxen Kirchen implizieren,
dass für theologische Gespräche mit Vertretern mancher Traditionen erhebliche
Hürden zu überwinden sind.
These 10: Die wachsende Repräsentanz von Vertretern des Biblical Research
Institute implizierte, dass in Dialogen nicht primär Konvergenzen gesucht, sondern
traditionelle adventistische Positionen referiert wurden; gleichzeitig sollte so
garantiert werden, dass die Kirche als Ganze die Dialoge mitträgt.
These 11: Die zunehmend höhere Ebene der Entscheidung über Durchführung
von Dialogen rückte Dialogprojekte einerseits in ein offizielleres Licht als in den
1960er bis 1980er Jahren; andererseits spielt seit den 1990er Jahren die Frage
öffentlicher Wahrnehmung eine stärkere Rolle bei der Entscheidung über Dialogaktivitäten.
These 12: Die Entwicklung hin zu offiziellen Dialogen auf hohem Niveau seit den
1990er Jahren ist auch als Professionalisierung adventistischer interkonfessioneller
Beziehungen verständlich. Dies nimmt etwas von der Spontaneität und persönlichen
Wärme der „Ära Beach“, birgt aber die Chance, dass sich Adventisten und
Vertreter anderer Kirchen auf Augenhöhe begegnen.

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Abstract
Theological dialogues are indispensable in the relationship between denominations
of different confessional backgrounds. Seventh-day Adventists have engaged
in such conversations in a somewhat hesitant manner initially but in an
increasingly focused way since the 1990s. This article gives an overview of
Adventist dialogues, compares, analyses and attempts a first assessment, thus
demonstrating particularities of Adventist interdenominational dialogues.
Résumé
Les dialogues théologiques sont indispensables pour les relations entre les
Eglises et les dénominations des différentes confessions de foi. Les adventistes
du septième jour sont entrés en dialogue de façon hésitante au début, mais
depuis les années 1990, ils se sont montrés de plus en plus déterminés. Cet
article fait un survol des dialogues adventistes, compare, analyse et tente une
première évaluation, afin de démontrer les particularités des dialogues interconfessionnels
adventistes.
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