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Zu: Gender Mainstreaming


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Rolf

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Zu: Gender Mainstreaming,





Für Arbeit und Besinnung 2/2010 vom 15. Januar Seite14/15




Hier taucht es auf, das rätselhafte Wort. Diesmal als Überschrift für ein Unternehmen, das
schon selbstverständlich in unserer Kirche seinen Platz eingenommen hat: das „Netzwerk“
und das „Büro für Chancengleichheit“ im Oberkirchenrat mit dem Ziel der „Förderung der
Chancengleichheit von Männern und Frauen in Kirche und Gesellschaft.“ Wer nachfragt,
erfährt, dass es sich bei Gender um „die soziokulturellen Unterschiede zwischen Männern und
Frauen“ handelt, die verschieden und veränderbar sind im Unterschied zu dem angeborenen
biologischen Unterschied der Geschlechter. Das Ziel der kirchlichen Bemühung ist es, „die
unterschiedlichen Bedürfnisse und Lebenslagen von Frauen und Männern sichtbar zu machen
und bei der Planung von Maßnahmen von vornherein in den Blick zu nehmen“. Ist das nicht
vernünftig? Liegt das nicht in der Konsequenz des biblischen Menschenbildes?

Doch dann komme ich ins Nachdenken, wenn ich im Genderhandbuch der Nordelbischen
Kirche auf Seite 11 kleingedruckt die Anmerkung finde:
„Geschlechtergerechtigkeit bedeutet in letzter Konsequenz die Überwindung des bipolaren
Geschlechterkonstrukts hin zu einem Bild, das alle Möglichkeiten, die sich zwischen den Idealen von
Männlichkeit und Weiblichkeit auftun, umfasst. Auch wenn uns dieses Konstrukt heute noch als analytische
Kategorie hilft, Unterschiede wahrzunehmen und einzuordnen, muss es, auch im Interesse all der Menschen, die
aus diesem Schema herausfallen (Intersexuelle, Transsexuelle, Queer-Menschen), zur Dekonstruktion, zur
Erweiterung und damit zur Auflösung des bipolaren Geschlechtermodells kommen.“

Hier wird das Ziel genannt, dem alle Bemühungen des Gender Mainstreaming gelten:
„Die Auflösung des bipolaren Geschlechtermodells“. Denn es ist ein „Konstrukt“, und zwar
ein ungerechtes, das deshalb dekonstruiert werden soll. Das Gender Kompetenz Zentrum in
Berlin belehrt uns: „Gender-Studies haben nachgewiesen, dass es kein vorgefertigtes
Geschlecht gibt – es ist ein Konstrukt, abhängig von historischen und kulturellen Kontexten.“
Heute mag die alte Kategorie des „bipolaren Geschlechterkonstrukts“ zwar noch helfen, aber
es muss zurückgebaut werden. Und zwar so, dass Männern und Frauen Wege gezeigt werden,
wie sie durch die Veränderung ihres typischen männlichen oder weiblichen Rollenverhaltens
(„Stereotypen“) sich besser verstehen und einander angleichen können. Das ist aber nur der
Anfang. Wer mit offenen Karten spielt, darf das Ziel nicht verstecken. Das Ziel ist die
„Auflösung des bipolaren Geschlechtermodells“ zugunsten eines pluralen Spektrums. Im
„Genderbereich“, jenseits der bisherigen heterosexuellen Norm, also unabhängig von der
Anatomie, öffnen sich Wege zur Wahl zwischen homosexuellen, bisexuellen, transsexuellen
und heterosexuellen Lebensweisen, die im Lauf eines Lebens sogar gewechselt werden
können.

Wie das politisch umgesetzt werden soll, zeigt die im Dezember 2007 von der „Grünen
Jugend“ verabschiedete Resolution: „Der Begriff ‚Familie’ wird bei uns in erneuerter
Definition verwendet: Wir verstehen darunter sowohl das klassische Vater-Mutter-Kind-Bild,
als auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit oder ohne Kind, polygame
Lebensgemeinschaften, Patchworkfamilien, Alleinerziehende, aber auch Wohngemenschaften
... Dies wollen wir rechtlich mit einem Familienvertrag absichern und damit die Ehe
ersetzen.“ Auch Geschwister, die sich lieben, sollen Familienverträge abschließen und Kinder
bekommen können.
Nun hat die Fraktion der SPD im Januar dieses Jahres im Bundestag ein Gesetz zur Änderung
von Art 3 des Grundgesetzes eingebracht, unterstützt von den Stadtstaaten Berlin, Hamburg
und Bremen. Der Schutz des Grundgesetzes für Ehe und Familie soll mit Hilfe des neuen
Begriffs der „sexuellen Identität“ erweitert werden, so dass Lesben, Schwule, Bisexuelle,
Transgender, Intersexuelle etc. unter denselben Schutz des Grundgesetzes gestellt werden –
mit allen rechtlichen, sozialen und finanziellen Folgen.

Auch wenn dieser Antrag an der Zweidrittel-Prozent Hürde des Grundgesetzes scheitert – wer
weiß, wie lange die Dämme halten? Denn die Wasser des Gender Mainstream fließen
unaufhaltsam – immer von oben nach unten. Von der Europäischen Gemeinschaft in Brüssel
zu den Staatsregierungen, zu den Länden, den Kommunen, damit die Gender-Regeln
möglichst geräuschlos „implementiert“ werden können. Das geschieht durch Empfehlungen,
finanzielle Förderungen, Verwaltungsvorschriften und durch Propaganda. Dafür sorgt das gut
dotierte Gender Kompetenz Zentrum in Berlin. Alle öffentlichen Institutionen werden auf
diese Weise bewässert. Neben den Bildungseinrichtungen scheint die Kirche besonders
wichtig zu sein. Und da sind nun wir selbst dran.

Deshalb die Fragen:
- Müssen, sollen, dürfen wir die von „oben“ kommenden Wasser der Gender-
Philosophie einfach in die kirchlichen Kanäle einleiten? Muss da nicht ein Filter
eingebaut werden, um der Kirche wesensfremde Einträge abzuhalten?
- Bedarf es bei dem Gewicht der Sache nicht eines öffentlichen Dialogs und eines
geordneten Meinungsbildungsprozesses, an dem alle beteiligt werden, weil es auch
jedes Gemeindeglied betrifft? Und zwar ohne Denk-und Redeverbote, und dies
möglichst angstfrei – in einem leider nicht mehr so offenen öffentlichen Klima.
- Ist die Gender-Mainstreaming-Philosophie wahr? Kann sie bestehen vor dem Forum
der Vernunft, unseres Erfahrungswissens und solider wissenschaftlicher Forschung?
Oder ist es eine Pseudowissenschaft, wie sie im vergangenen Jahrhundert der
Marxismus und andere Ideologien entwickelt und damit die Menschen verführt und
betrogen haben?
- Kann sie bestehen vor den Kriterien unserer Kirche, der Schrift und den
Bekenntnissen der Reformation und auch der Barmer Theologischen Erklärung von
1934? Das gilt vor allem im Hinblick auf das Menschenbild. Ist das „bipolare
Menschenbild“ der Bibel Abbild des Schöpfers, Zeichen unserer
Ergänzungsbedürftigkeit und unseres Angewiesenseins auf Gott den Schöpfer, den
Erlöser und Vollender? Oder ist es Zeichen einer Fehlkonstruktion, die der Mensch in
eigener Vernunft und Autorität dekonstruieren muss, um den neuen Gender-Menschen
zu schaffen, der dann frei und autonom seine “Identität“ und „Orientierung“ wählen
und leben kann?
- Ist die angestrebte Geschlechtergerechtigkeit des gleichgestellten und autonomen
Menschen kompatibel mit der biblischen Gerechtigkeit, die sich im Bild des einen
Leibes mit den verschiedenen, aufeinander angewiesenen Gliedern zeigt?
Vor dem Forum dieser und weiterer Fragen muss eine verantwortliche evangelische Kirche
prüfen, ob sie den Wassern des Gender Mainstream den Lauf in ihr Haus freigeben kann oder
nicht.

Wir sind heute – wieder – in den Fundamenten des Glaubens und der Kirche durch das
europäische politische Gender Mainstreaming Programm herausgefordert. Wir können die
Situation nur bestehen, wenn wir wie die „Manhattan Declaration – a Call of Christian
Conscience“ vom 20.10.2009 – unterschrieben von 125 hochrangigen Vertretern christlicher
Kirchen und Glaubensgemeinschaften in den USA angesichts der Zumutungen der
gegenwärtigen US-Administration – auch unsere Situation auf den Punkt bringen, an dem
sich alles entscheidet:
„Wir sind bereit, dem Kaiser zu geben, was des Kaiser ist, aber unter keinen Umständen
sind wir bereit, dem Kaiser zu geben, was Gottes ist“.
Hans Lachenmann
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