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Münchner Meiserstraße wird umbenannt


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Münchner Meiserstraße wird umbenannt



Verdienste und Versagen eines Bischofs
Jesus.de-

Von Achim Schmid


19.07.2007

(epd) - Ein heftig umstrittener Straßen-Name hat der bayerischen evangelischen Landeskirche eine Debatte um die Rolle ihres ersten Landesbischofs, Hans Meiser (1881 - 1956), beschert. Wegen massiver antisemitischer Äußerungen Meisers hat der Münchner Stadtrat am Mittwoch mit den Stimmen von SPD und Grünen die Umbenennung der Straße in der Innenstadt beschlossen. Landesbischof Johannes Friedrich, der trotz Kritik an Meiser eindringlich für die Beibehaltung des Straßennamens eingetreten war, äußerte sich «enttäuscht» über den Beschluss.

Unmittelbar nach dem Tode des weit über Bayern hinaus hoch geschätzten Bischofs waren in mehreren bayerischen Städten Straßen nach Meiser benannt worden. Fundierte wissenschaftliche Forschungen, hauptsächlich von der Landeskirche selbst angestoßen, haben jedoch auch ein ambivalentes Bild des Bischofs gezeichnet. Meiser war nicht nur ein äußerst fähiger Kirchenmann, sondern meldete sich auch mehrfach mit massiven antisemitischen Äußerungen zu Wort.

Bereits 1926 schreibt Meiser als Direktor des evangelischen Predigerseminars in Nürnberg in einer Artikel-Serie von der Gefahr, die durch ein «entartetes Judentum» drohe, von dem «jüdischen Verstand», der «etwas Zerfressendes, Ätzendes, Auflösendes» habe und von der «Forderung nach Reinhaltung des Blutes». 1944 wiederholt Meiser derartige Äußerungen.

Meiser betont in seinen Texten aber auch, dass sich vor dem Hintergrund der beginnenden Judenverfolgung «alle ernsten Christen förmlich genötigt sind, sich schützend vor die Juden zu stellen». Anregungen aus seiner Kirche, wie etwa von dem damaligen Synodalpräsidenten von Pechmann, aktiv für die jüdischen Mitbürger einzutreten, nimmt er nicht auf.

In seiner Theologie war Meiser ein konservativer Lutheraner, für den die christliche Mission unter Juden und die Überlegenheit des christlichen Glaubens selbstverständlich waren. Mit dieser Haltung stand er damals in einer Nationalprotestantisch geprägten Kirche nicht allein. Erst Ende der 90er Jahre sagte sich die bayerische Landeskirche offiziell von der «Judenmission» los.

1933 wurde Meiser, der der Weimarer Republik und einem demokratischen Staatswesen mit deutlicher Distanz gegenüber stand, zum ersten bayerischen Landesbischof gewählt. Sein kirchenpolitischer Kurs, mit dem er orientiert an Bekenntnis und Bibel die Kirche von den NS-nahen «Deutschen Christen» frei halten wollte, führte ihn schnell in ernste Konflikt mit den Nazis. Ein Zeitzeuge, der spätere Augsburger Dekan Claus-Peter Schmid, erinnert sich, dass nach Meisers Konfirmanden-Unterricht häufig demonstrativ ein Gestapo-Mann vor dem Haus stand.

Am 11. Oktober 1934 drang der aus Berlin entsandte «Rechtswalter Hitlers für kirchliche Angelegenheiten, August Jäger, in den Dienstsitz Meisers ein und stellte den Bischof unter Hausarrest. Daraufhin kam es vor der Dienstwohnung Meisers, dem heutigen Landeskirchenamt an der Münchner Meiserstraße, zu einer offenen Demonstration gegen das NS-Regime. Allein aus Nürnberg waren in einem Sonderzug 800 fränkische Protestanten angereist.

Nach Krieg und Naziherrschaft trieb Meiser als tatkräftiger Organisator die Konsolidierung der evangelischen Kirche voran. Auf
ihn geht die Gründung der Evangelischen Akademie Tutzing, der evangelischen Hochschule in Neuendettelsau und des Kirchenbundes Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) zurück.

Bei seinem Rücktritt 1955 wurde Meiser mit Lobreden und Orden überhäuft. Nach der Umbenennung der Meiserstraße in Nürnberg und München erinnert jetzt nur noch eine Straße in Ansbach, die laut Stadtratsbeschluss ihren Namen behalten soll, an den Bischof.
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