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Was mir an der Emerging Church nicht gefällt


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Rolf

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Was mir an der Emerging Church nicht gefällt






Von David Decker


■ Mir kommt die gesamte „Emerging Conversation“ wie ein großer Theologenclub vor. Ich vermisse einfach mal das Fußvolk und auch die sogenannte „Mittlere Ebene“. Mir kommt die ganze Diskussion oft viel zu einseitig vor. Einseitig intellektuell. Obwohl Vielstimmigkeit propagiert wird, ist vieles letztlich nur immer „dasselbe in Grün“. Ich lese und höre eine Schar Männer in den ausgehenden 20ern bis mittleren 50ern. Fast durch die Bank Theologen. Das ist gut, mir aber zu wenig und zuviel Einerlei. Wo sind „einfachen Leute“? Außerdem vermisse ich die ganzen Frauen? Und ich vermisse die „jungen Alten“. Ich vermisse Emergente Handwerker, Bauern, Schüler, Arbeitslose usw. Es mag jetzt platt klingen, aber bitte erhöht in der Konversation die Bandbreite.

■ Obwohl sie sie vorgebenermaßen nicht liebt, bietet auch die Emerging Church zahlreiche Engführungen, etwa in der Behauptung, es gäbe keine absolute Wahrheit(en) mehr. Weiterhin wird es deutlich in der Eingrenzung des Begriffes „evangelikal“ bzw. „die Evangelikalen“ und in der Einschätzung deren Vertreter; ferner in Kategorien wie „Rechtgläubigkeit“. Im Eifer des Gefechts und der beflügelnden Begeisterung geht offenbar manchmal das Temperament mit durch…

■ Obwohl die Emerging Church vehement Dualismen ablehnt, ist die scharfe Trennung zwischen dem Zeitalter der Moderne und der Postmoderne letztlich auch so ein Dualismus. Ebenso zähle ich die Einteilung der Diskutanten/ Diskussion (mit Leuten außerhalb der EC) in „offen“ bzw. „rechtgläubig“ dazu, ebenso das ganze Diskussions- und Abgrenzungswirrwarr um den Evangelikalismus. – Denn wie bereits das Beispiel der spätantiken Sekte des Manichäismus lehrt, kann praktisch alles zu einem Dualismus werden.

■ Außerdem ist mir die Trennung zwischen Moderne und Postmoderne viel zu scharf und endgültig. Ich vertrete die Ansicht, dass beide Zeitalter parallel existieren. Außerdem habe ich Probleme von einer „Übergangszeit“ zu sprechen. Vielmehr würde ich von regional entkoppelbaren Gleichzeitigkeiten sprechen, natürlich global gedacht (wie es die EC richtigerweise einschlägt!).

■ Die Emerging Church legt mir den Fokus in ihren Analysen neben vielen wichtigen, neuen und innovativen Gedanken doch zu sehr auf das, was in 2000 Jahren Heils- und Kirchengeschichte schlecht lief. Innovative Gedanken und Gemeinschaften usw. werden ausgeblendet, auch wenn es kleine Bewegungen, kurzlebige Gedanken oder vielleicht nicht ganz so prominente Personen waren. Viele Gedanken und Ansätze sind wirklich nicht neu, sondern werden lediglich mit neuer Begrifflichkeit und angeliefert mit einem perfekt präparierten Umfeld „platziert“. Innovative Ansätze, zum Beispiel aus dem Brüdertum vermisse ich völlig. Doch bis heute gibt es in jenen (höchst heterogenen!) Kreisen dialogische Foren und ein „Ringen um den besten Weg“ – inklusive Praxis. D.h. etwa eine „Orthopraxie“ ist nicht neu. Alles schon mal dagewesen.

■ Die Emerging Church sähe es gerne, nicht als weitere „Welle aus Amerika“ wahrgenommen zu werden, wenngleich genau dies (bewußt und unbewußt) geschieht. Man müßte präzisieren: eine Welle aus der englischsprachigen Hemisphäre, d.h. USA, GB, NZ, Australien, Kanada. Nichts gegen diese Länder und Leute, dennoch ist das ganze Thema für mich eine „Welle“ bzw. „Bewegung“. Was soll mit einem Leugnen bezweckt werden? Die Richtung der „Welle“ ist auch eindeutig. Die Frage bleibt, warum z.B. der deutsche Zweig der Bewegung bisher nur durch Variationen der bestehenden EC-Ideen auffiel, jedoch nicht mit wirklich eigenen urdeutschen Ansätzen?

■ Ob sie es will oder nicht: die Emerging Church wird in erster Linie als eine Bewegung/ ein Konzept/ ein Diskurs wahrgenommen, der in urbanen (Sub-) Kulturen funktionieren sollte – und wohl nur dort, oder? Mit einer großen kulturellen Gleichförmigkeit bzw. nicht-westlichen sozioökonomischen Bedingungen könnten/ würden/ dürften/ sollten die EC-Ansätze nicht funktionieren?!? Dies wäre für mich aber ein Hinweis auf die Fragwürdigkeit der EC bzw. für die Frage nach der Wahrheit. Anders gesagt: ich glaube nicht, dass die EC in irgendeinem „Kahlschlag-Dorf mit Hartz IV“ funktioniert. Warum? Einfach nachfragen!

■ Die EC geht über viele Erweckungen der Heils- und Kirchengeschichte relativ schnell und oberflächlich hinweg. Die Frage ist: sind viele EC-Gedanken nicht schon schrecklich alt und praxiserprobt? D.h. wie sind alle bisherigen Erweckungen zu erklären, wenn ein Großteil der bisherigen Kirchengeschichte kritisch beäugt wird? – Es wäre sträflich die Erweckungen als Highlights rauszufiltern und alles andere, was war, als „mangelhaft“ zu disqualifizieren – aus welchen Gründen auch immer.

■ Ron Kubsch bringt es während einer Buchrezension [PDF] auf den Punkt: die EC ist leider zu oft auch eine Sammelbewegung von Enttäuschten, Frustrierten und zu-kurz-Gekommenen der weiten evangelikalen/ evangelischen Welt; in Deutschland wohl ganz besonders?

■ Die EC scheint mir von der Mentalität her das zu sein, was man in der Politik mit „links“ bzw. „linksliberal“ bezeichnet. Dabei hätte ich gerne gewußt, um beim Bild der Politik zu bleiben, was dann ein „mitfühlender Konservatismus“ in EC wäre?

■ Vermutlich wird in der nun folgenden Diskussion auf diesen Beitrag alles Kritische abgestritten oder entsprechend seziert, um es richtig zu stellen. Genau das wäre eine weitere Kritik: alles lässt sich mit dem EC-Konzept „passend machen“, weil dem Puzzle so oft die Teile mit den Außenkanten fehlen… Anders gesagt: man kann sich auch wunderbar herauswinden und kriegt den Pudding einfach nicht mehr an die Wand genagelt.
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