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Sushi-Rassismus


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Rolf

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Sushi-Rassismus: Wieviel Abneigung kann man sich als Kleinkind leisten?






Von Pascal Görtz

09.07.2008


Mit Sushi kann man mich durchs Dorf treiben. Ich mag keinen rohen Fisch. Schon der Geruch überfordert meine feine Nase, man könnte fast von „beleidigen“ sprechen. Bislang bin ich damit auch super durch´s Leben gekommen, weil es keinen interessierte. Dabei hätte mein Leben auch eine ganz andere Wendung nehmen können.

Hätten meine Kindergärtnerinnen zum Beispiel die 336-seitige Richtlinie zur Bekämpfung von Rassismus in Kindergärten gelesen, die das britische „National Children´s Bureau (NCB) laut der BBC in Kürze veröffentlichen wird, dann wäre ich früh als auffällig geworden. In dem Dokument werden Kindergärtnerinnen aufgefordert, aus dem Essverhalten der Kinder Rassismus im Frühstadium zu identifizieren und an die Behörden weiterzugeben. Wer sich also wie ich regelmäßig abwertend über Sushi oder Curry äußert, könnte künftig bei der falschen Wortwahl ins Fadenkreuz verdeckter IM geraten. Akteneintrag: Ressentiments gegenüber asiatischen Mitbürgern.

Meine persönliche Lebensgeschichte hat in diesem einen Punkt freilich ein Happy-Ending. Ein Arzt diagnostizierte kurz nach der Kindergartenzeit eine Fisch-Allergie – mein Persilschein. Für mich bedeutete dies ein Freispruch auf ganzer Linie, quasi lebenslänglich.

Anders würde es aussehen, wenn man sich mein Sozialverhalten insgesamt ansehen würde. Ehe man auch hierzulande Wert auf political correctness legte, nannten wir dunkelhäutige Mitbürger in der Regel „Schwarze“, individuell Beeinträchtigte waren selbstverständlich „Behinderte“ und Ausländer wurden beim Fußball als letztes gewählt, wenn sie keine Torgefahr ausstrahlten. Ich wollte niemand beleidigen, und auch niemandem das Gefühl geben, er gehöre nicht dazu. Ich hatte einfach nur das eine Augenpaar eines Kindes, um meine Welt zu ordnen. Außerdem fehlte mir die Sprache.

Unbestritten tragen Kindergärtnerinnen einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen Rassismus bei. Wo Unterschiedlichkeit in offener Ab- und Ausgrenzung mündet, muss gehandelt werden. In Großbritannien ist eine Debatte darüber losgetreten worden, ob die Empfehlungen an die Kindergärten nicht über das Ziel hinausgeschossen sind. Den Eindruck habe ich auch.

Ich wünsche den Kindergärtnerinnen hierzulande, dass ihnen derartige Verordnungen erspart bleiben. Den Blick für Rassismus zu schärfen, ist ohnehin ihre vornehmste Aufgabe: allerdings vor dem Hintergrund kindlicher Kompetenzgrenzen.
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