Weil ich es für viel Wesentlicher halte, dass der jeder Einzelne Christ sich seiner hohen Berufung und Verantwortung als Teil des universalen Leibes Christi immer wieder bewußt wird, habe ich mich entschlossen, nachfolgenden Vortrag als Leitgedanken für 2007 hier einzustellen. Er wird viele angesprochenen Fragen beantworten.
BIBLISCHE GEMEINDE IN GEGENWART UND ZUKUNFT
Teil 1
Vorbemerkungen:
Ich habe etwa ein Jahr lang gedanklich an diesem Vortrag gearbeitet. Und ich muß sagen, die Beschäftigung mit diesem Thema hat mir gut getan.
Paulus schrieb einmal an Timotheus: "Der Ackerbauer, der sich müht, muß als erster an den Früchten Anteil haben" (2.Tim.2,6). Nun hoffe ich, daß die Früchte in gewisser Weise ausgereift sind, und auch Euch zur Nahrung dienen können. Der treue Herr möge es schenken!
Als zweites müssen wir uns darüber im Klaren sein, daß die Gemeinde, über die wir heute sprechen, nirgendwo auf dieser Erde zu finden ist. Es wäre großartig, wenn wir heute den theoretischen Teil abhandeln könnten und morgen früh zusammen als Modell die Gemeinde in Karlsruhe oder in Sindelfingen oder in Pirmasens oder in Mannheim anschauen könnten.
Wir alle wissen das; und doch muß ich es zu Beginn meines Vortrages noch einmal betonen: die ideale Gemeinde gibt es hier auf dieser Erde nicht!
Ich habe sie nicht gefunden, Daraus will ich keinen Hehl machen.
Die Gemeinde Jesu ist in dieser Weltzeit noch in unvollendetem Zustand. Darum trägt sie immer einen gewissen Grad von unbiblischen Zügen an sich.
Warum ist das so?
Weil wir alle noch in unvollendetem Zustand sind, trägt auch die Gemeinde Gottes, wo immer sie sich örtlich versammelt, unvollendete Züge an sich. Wer davor die Augen verschließt, ist ein unnüchterner Schwärmer.
Aber man kann auch auf der anderen Seite vom Pferd fallen. Es gibt Christen, die sagen sich: "Ja, wenn die Gemeinde hier in dieser Welt immer mit Fehlern und Schwächen behaftet sein wird, warum sollen wir uns dann noch bemühen?" Und dann begnügt man sich allzuschnell mit dem Status Quo.
Ihr seht, liebe Brüder und Schwestern, wir sind hier wie in unserem persönlichen Glaubensleben in ein Spannungsverhältnis hineingestellt. Wir haben - im Bild gesprochen - immer ein lachendes und ein weinendes Auge.
Jeder einzelne von uns steht jetzt in diesem Augenblick heilig, gerecht und vollkommen vor dem Vater - so als hätten wir nie gesündigt. Das ist unsere wunderbare Stellung in Christus vor Gott.
Aber unser Wandel ist leider oft noch unheilig, ungerecht und alles andere als vollkommen. Es ist noch soviel Schwachheit und Mangel an uns. Darunter leiden wir. Doch "....weil wir diese Hoffnung haben, reinigen wir uns, wie er rein ist" (1.Joh.3,3).
Und so verhält es sich auch im Blick auf unsere Gemeinden. Wir sind zuerst von Herzen dankbar für alles, was Gott uns trotz unserer Schwachheit an biblischem Gemeindeleben geschenkt hat. Doch zugleich haben wir das weinende Auge. Was wir Gemeinde nennen, ist oft so armselig und kümmerlich, daß wir uns nur schämen können.
Aber solange uns das noch auffällt, und wir noch darunter leiden, solange ist noch Hoffnung da! Wenn wir uns allerdings an den Zustand unserer Versammlung gewöhnt haben, betriebsblind geworden sind, oder gar meinen, wir hätten´s gepachtet, dann wird es gefährlich. Also: ein lachendes und ein weinendes Auge. Aber bitte in dieser Reihenfolge.
Und noch eine letzte Vorbemerkung zur Formulierung des Themas: Biblische Gemeinde in Gegenwart und Zukunft. Warum haben wir die Vergangenheit weggelassen?
Nun, wir sahen die Gefahr, daß wir uns dann zu leicht bei den Vätern orientieren würden. Wir wollen uns aber an der Schrift orientieren. Wir wollen nicht nur zurückgehen bis 1937 oder 1850 oder 1525 - wir wollen bis ins erste Jahrhundert zurückgehen! Das Neue Testament ist unser Maßstab. Ich habe hier einen Satz zum Nachdenken mitgebracht, der lautet: "Wenn wir das tun, was unsere Väter taten, tun wir eben nicht das, was unsere Väter taten."
Darum wollen wir nicht blindlings einer bestimmten Tradition folgen, sondern wieder neu in der Schrift forschen - auch im Blick auf die Wahrheiten der Gemeinde.
Biblische Gemeinde in Gegenwart und Zukunft
1. BIBLISCHE GEMEINDE IST DER VERSUCH DER DARSTELLUNG DES LEIBES CHRISTI IN KONKRETER FORM
Das Neue Testament spricht 113 mal von der "Ekklesia" (wörtlich: die Herausgerufenheit oder die Herausgerufenseinschaft). Davon ist einige Male die Gesamtgemeinde aller Gläubigen aller Orte während des gesamten gegenwärtigen Zeitalters gemeint.
Z.B. in Matth.16,18: „...auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen.“ Sie ist identisch mit dem Leib Christi. Nur wiedergeborene, mit dem Heiligen Geist versiegelte Menschen gehören dazu.
Dieser weltweite Leib des Christus ist im Unterschied zu Israel ein "himmlisches Volk". Israel war und ist Gottes irdisches Volk. Es wurde in dieser Zeit erwählt, hat ein sichtbares Land mit einem sichtbaren Zentrum und einer konkreten Reichserwartung hier auf dieser Erde.
Die Gemeinde des Christus ist in ihrem Wesen nach ein "himmlisches Volk". Als Gott den Petrus darauf vorbereitete, daß bald Heiden mit dem Geist getauft würden, da sah Petrus in seiner Vision ein leinenes Tuch, das aus dem Himmel kam und wieder in den Himmel gezogen wurde (Apg.10,11ff).
Aus dem Himmel - in den Himmel. Genau das ist der Weg der Gemeinde Gottes. Sie wurde vor Grundlegung der Welt erwählt, wird jetzt in dieser Zeit herausgerufen aus den Juden und aus den Nationen, und wird am Tag der Entrückung in den Himmel geholt. Die Gemeinde Jesu ist ein himmlisches Volk.
Daraus folgt für die örtliche Versammlung der Jünger Jesu, um die es in den übrigen 95 Stellen geht:
a) Wenn die Gemeinde Gottes ein geistlicher, himmlischer Organismus ist, dann darf er nicht mit irdischen oder staatlichen Körperschaften vermischt werden.
Nun, wir wissen alle, daß die Weichen an dieser Stelle in der Kirchengeschichte oft falsch gestellt worden sind - am Gravierendsten im 4. und im 16. Jahrhundert, als die beiden großen Staatskirchen entstanden.
Aber Gott will diese unselige Verquickung von Staat und Kirche nicht.
Die beiden großen Kirchen haben nämlich ein territorial-sakramentales Gemeinde-verständnis. Alle Getauften, die in einem bestimmten, geographischen Gebiet wohnen, gehören zu der römisch - katholischen oder evangelischen Kirchengemeinde, sofern sie nicht aus ihrer Denomination ausgetreten sind. Die persönliche Glaubenseinstellung spielt hinsichtlich ihrer Mitgliedschaft nur eine untergeordnete Rolle.
Gemäß der oben angeführten Tatsache kann es sein, daß eine Kirchengemeinde aus hundert Prozent Getauften besteht, jedoch achtzig Prozent oder mehr im biblischen Sinn nicht gläubig sind. Die wenigen Wiedergeborenen bilden dann mit ihnen zusammen eine "Gemeinde" und müssen sich u.U. einer Gemeindeleitung unterordnen, die überwiegend / ganz aus Ungläubigen besteht.
Die Heilige Schrift hingegen lehrt ein personales Gemeindeverständnis. Jeder, der durch Gottes Wort und Geist wiedergeboren ist, gehört zur weltweiten Gemeinde, zum Leib Jesu Christi.
Es war nie Gottes Wille, daß Gläubige und Ungläubige "zusammengejocht" werden. Der Apostel Paulus schrieb:
"Geht nicht unter fremdartigem Joch mit Ungläubigen. Denn welche Verbindung haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht und Finsternis? Und welche Übereinstimmung Christus mit Belial? Oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? Und welchen Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzenbildern? Denn wir sind der Tempel des lebendigen Gottes; wie Gott gesagt hat: Ich will unter ihnen wohnen und wandeln, und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein. Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt nichts Unreines an, und ich werde euch annehmen und werde euer Vater sein, und ihr werdet mir Söhne und Töchter sein, spricht der Herr, der Allmächtige" (2.Kor.6,14 - 7,1).
Dieser Abschnitt bezieht sich im Kontext der Korintherbriefe zuerst auf religiöse Vermischung! Wir wenden diese Verse oft einseitig nur auf Partnerschaft an.
Fazit: Die Versammlung am Ort darf niemals mit irdisch-weltlichen Organisationen vermischt werden.
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... weder in Jerusalem, noch in Antiochia
... weder in Rom, noch in Wittenberg, weder in Plymouth noch in Dillenburg.
Die Schrift lehrt die organisatorische, finanzielle und geistliche Unabhängigkeit der Ortsgemeinde. Jede Art von Zentralismus oder gar Synodalismus birgt Gefahren in sich. Biblische Gemeinden dulden keine andere Instanz über sich als den auferstandenen Herrn, das Haupt der Gemeinde.
Fred Colvin wurde einmal gefragt, wo das Hauptquartier der Salzburger Gemeinden sei. Darauf hat er geantwortet: Dort wo unser Haupt quartiert - im Himmel!
Was ist unserem Herrn eigentlich das Liebste auf dieser Erde?
Eph.5,25 Christus hat die Gemeinde geliebt ...
Eph.2,10 Gottes Meisterstück!
Wir hatten einen Schreinermeister in unserer Gemeinde. Er hat mir erzählt, daß er mehrere hundert Stunden in sein Meisterstück investiert hat. Alle Liebe, sein ganzes handwerkliches Können, etc. hat er da hineingelegt.
Die Gemeinde ist Gottes Meisterstück! Unser Gott hat durch sein Heilshandeln die Gemeinde ins Leben gerufen. Am Pfingsttag waren es zuerst nur Juden, später kamen die Samariter als Halbjuden dazu, bis dann im Haus des Kornelius auch die ersten Heiden in den Leib Christi hineingetauft wurden. Der zweite Teil der Apostelgeschichte und die neutestamentlichen Briefe zeigen uns, daß Gott in der ganzen bewohnten Welt Gemeinden haben möchte.
Und diese örtlichen Gemeinden sollen quasi en miniature den weltweiten Leib des Christus darstellen. Da aber alle Gemeinden aus fehlerhaften Menschen bestehen, können wir nur von einem Versuch der Darstellung sprechen.
Weil es um Gottes Meisterstück geht, in das er sein ganzes Herz hineingelegt hat, darum wollen auch wir mit aller Energie und Leidenschaft an diese großartige Aufgabe gehen.
Fortsetzung folgt