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Vom Glück der Erleuchtung


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Vom Glück der Erleuchtung




Von Iris Radisch





Wer mehr vom Leben will, sollte seine Zeit besser nutzen. Ein Plädoyer

Wir alle haben in diesen Tagen wenig Zeit, deshalb will ich nicht lange um den heißen Brei herumreden und fange mit dem Wichtigsten an. Mit den großen durch und durch weihnachtlichen Fragen: Warum leben wir, wie wir leben? Und gefällt uns das, was wir tun, auch wirklich? Sie sind ein bisschen groß diese Fragen. Auch ein bisschen naiv, umweht vom Geruch der ewigen Unbeantwortbarkeit. Außerdem ist es nicht mehr üblich, diese kulleräugigen Fragen nach dem Sinn unseres Lebens in der Wir-Form zu stellen. Ob das Universum schweigt oder spricht. Ob es uns aus Absicht oder aus Zufall gibt. Ob es im Leben auf viel Liebe, viel Urlaub oder auf eine möglichst große Briefmarkensammlung ankommt, das soll doch jeder, bitte schön, allein entscheiden. Diese Freiheit haben wir endlich erobert. Jetzt müssen wir sie nur noch verteidigen. Wo ist das Problem?

Das Problem sind, mit Verlaub, wir selber. Das Problem ist, dass wir zwar meistens wissen, was wir wollen, aber selten danach handeln. Und zwar nicht dieser oder jener, der immer schon mal dieses oder jenes tun wollte – ein gutes Buch lesen, ein Kind zeugen oder zu Fuß nach Wannepumpel wandern –, aber leider nicht dazu kommt. Sondern eine ganze Gesellschaft, die sich um ihr eigenes Glück bringt. Nicht Tag und Nacht, nicht jeder und nicht immer – aber doch ziemlich prinzipiell. Wenn das stimmt, und vieles, allzu vieles spricht dafür, dass das stimmt, sollte man die Frage nach dem gelingenden Leben nicht mehr nur ratgebermäßig und privat beantworten (trinken Sie mehr Wasser, machen Sie sich bei Kerzenschein ein paar schöne Stunden, schalten Sie das Handy ab und zu mal aus), sondern strukturell, früher hieß das mal: politisch.

Und das ist ziemlich kompliziert, auf den ersten Blick auch völlig absurd. Warum sollen wir, die wohlversorgten Bewohner eines der reichsten Länder dieser Erde, uns denn um unsere eigenen Glücksmöglichkeiten bringen? Ist das nicht wieder nur so eine miesepetrige Unterstellung aus Opas altlinker Nörgelecke? Wann hatte es der Mensch denn je so gut wie heute? Was kann man sich nicht alles schenken zu Weihnachten! Sommerurlaub im Winter, Antifaltencreme für die reife, sehr reife, überreife Haut, Whirlpool mit Sprudel von unten, von der Seite, von allen Seiten und immer so weiter auf der Fortschrittsleiter. Das Prinzip ist bekannt. Strittig ist nur seine Bewertung.

Freut euch doch einfach mal, sagen die einen. Und das sind oft die, die von dem Prinzip ganz gut leben. Die Magazin-Macher, deren redaktionelle Arbeit vom Anzeigenteil nur noch durch aufwendige Textexegese zu unterscheiden ist. Die Marktlückenfüller, die den größten Teil ihrer unwiederbringlich verrinnenden Lebenszeit darauf verwenden, das nächste Produkt auf den Markt zu pressen. Und all die anderen, die nicht im Morast der Massenartikel waten und sich noch so richtig, richtig über ihren neuen BMW freuen können. Ja, warum freuen wir uns da nicht einfach mit?

ch finde: Wir geben uns ungeheure Mühe, nicht nur zur Weihnachtszeit. Wir wollen uns wirklich freuen. Wir alle beteiligen uns nach Kräften am Erfolgsrezept moderner kapitalistischer Gesellschaften. Wir kaufen enorm viel ein. Jedenfalls viel mehr, als wir bei nüchterner Betrachtung jemals brauchen. Wir kaufen auch jedes Jahr mehr (heute laut Statistischem Bundesamt schon rund zehn Prozent mehr als noch im Jahr 2000). 15.000 Gegenstände soll ein deutscher Haushalt heute durchschnittlich enthalten. Die Autorin dieses (wie sich bald herausstellen wird) konsumkritischen Textes muss schamhaft gestehen: Bei ihr sind es wahrscheinlich eher 150.000. Die Mühen der Müllentsorgung überschreiten die Mühen des Warenerwerbs inzwischen schon bei Weitem.

Die Bereitschaft zum Freuen fehlt uns also in keiner Weise. Niemand sitzt mehr mit seiner einzigen Teetasse in der Hand auf der Schaumstoffmatratze und studiert beim Schein einer von der Decke baumelnden Energiesparlampe Das Kapital oder seine modernere Entsprechung: Hartmut Rosas Untersuchung über die Beschleunigung unseres Lebens (sollte man unbedingt lesen, auch gern im Sessel). Im Gegenteil, wir alle wollen uns durchaus mit aller Kraft und auch mit aller Kaufkraft freuen. Wir wären blöd, wenn wir das nicht wollten. Wozu sonst sollte die ganze Veranstaltung hier unten gut sein? Dass die Endauszahlung erst da oben und mit erheblicher Zeitverzögerung erfolgt, müssen wir heute nicht mehr glauben. Und selbst wenn wir auf diesen letzten überirdischen Zahltag hoffen, dürfen wir uns auch auf Erden schon mal ein bisschen vorfreuen. Glück ist erlaubt, Glück ist das Beste, was wir haben. Für Glück gibt es keinen Ersatz. Verpasstes Glück ist das Schlimmste, was es gibt.

Das Problem ist nur, dass wir offenbar nicht wissen, wie es funktioniert. Das jedenfalls behauptet die Glücksforschung, die herausgefunden haben will, dass das, was wir vor allen Dingen tun, nennen wir es der Einfachheit halber: uns mit aller Arbeits-, Kauf- und Herzenskraft dem Mehrwertprinzip anzuvertrauen, unserem Glück wider Erwarten nicht zuträglich ist. Das ist durchaus überraschend. Denn das Prinzip der Wohlstandsmehrung, dem wir eigentlich ganz zu Recht treu und schicksalsergeben folgen, hat ein paar Jahrmillionen lang (wenn wir die Dekadenzphase der römischen und anderer großer Hochkulturen einmal abziehen) einwandfrei funktioniert. Und es klappt auch immer noch in unterentwickelten Gesellschaften. Offenbar funktioniert es erst in den hoch entwickelten Wohlstandsgesellschaften seit ein paar Jahren nicht mehr. Deswegen kann uns eigentlich bisher niemand vorwerfen, dass wir von einem derartigen Erfolgsknüller der Menschheitsgeschichte nicht so schnell lassen können.

Ein Fehler ist es trotzdem. Denn das urzeitliche Glücksrezept Mehr-und-noch-mehr-vom-Selben und die ständige Steigerung aller Optionen erfüllt seinen Zweck plötzlich nicht mehr. Oberhalb einer bestimmten erreichten Wohlstandsgrenze (von angeblich rund 10.000 Dollar Jahreseinkommen pro Kopf) ist das Wohlbefinden durch weitere Wohlstandssteigerung offenbar nicht mehr zu beeinflussen. Solche Glücks-Grenzbestimmungen mögen im Einzelnen angreifbar und variabel sein. Und doch gibt es den begründeten Verdacht: Wir arbeiten seit ein paar Jahren oder Jahrzehnten unserem Glück entgegen. Das ist zwar, menschheitsgeschichtlich gesehen, überhaupt noch kein Grund, von einem klassischen, geradezu urgeschichtlichen Erfolgsprinzip unserer Entwicklung grußlos Abschied zu nehmen. Aber schön ist es irgendwie auch nicht.

Ökonomen würden sagen: Ausgaben und Einnahmen, Investitionen und Gewinne sind außer Rand und Band. Die Teile passen alle nicht mehr zueinander. Wir arbeiten sehr viel (unter anderem deswegen, weil so viele andere aussortiert und zwangsentschleunigt sind), verdienen Geld, finden aber kaum noch Zeit dazu, das Geld auszugeben (dafür gibt es den Shopping-Berater). Schaffen wir es irgendwie doch noch (zum Beispiel weil Weihnachten ist), das Geld in Waren umzutauschen, fehlt uns die Zeit, die Waren zu konsumieren (das Buch zu lesen, die Hobelbank aufzustellen). Ein Schwachpunkt in unserer vor Rechenfehlern nur so strotzenden Rechnung. Denn anders als der Erwerb lässt sich der Konsum der Waren bisher nicht delegieren. Haben wir die Waren dann doch irgendwann irgendwie konsumiert, schaffen wir es wiederum kaum noch, sie zu entsorgen, um für neue Waren Platz zu machen (in diese Lücke stoßen die großen Entrümpelungsbestseller wie Simplify your life und andere Müllentsorgungsliteratur). Wir selbst, um die es in diesem ganzen Rennen eigentlich geht, werden dabei immer mehr zum Zuschauer unseres Lebens. Das Selbsterlebte ist uns in diesem Durcheinander irgendwo abhanden gekommen.

»Wir leben wie Tote«, hat Albert Camus einmal geschrieben. Das klingt nicht gut und ist zu düster und unpassend für unser hell erleuchtetes, an Vitalität und Bewegung so überreichem Leben. Das Lebensgefühl, das Camus ausdrücken wollte, ist uns aber bekannt. Es ist das Gefühl, nicht selbst zu leben, sondern gelebt zu werden. Selbst unbeteiligt zu sein und in den rasenden Umschlagsbewegungen der Gesellschaft wie eine herausgeputzte Kleiderpuppe hin und her geworfen zu werden und die Notbremse nicht zu finden. »Rasender Stillstand« haben Paul Virilio und nach ihm eine ständig wachsende Zahl von Zeit-Philosophen dieses Phänomen genannt.

Dieser rasende Stillstand führt dazu, dass wir alles Wichtige in unserem Leben mehr und mehr von anderen erledigen lassen. Liebe und Sex von den Darstellern auf den Bildschirmen, Familienleben von den gewerblichen Freizeitgestaltern, Gesprächsbedarf von den Talkmeistern, Lebenssinnsuche, Unterhaltung und Abenteuer von den Fachkräften der Reise- und Kulturindustrie. All diese Wirtschaftszweige sind hoch qualifizierte Anbieter von konzentrierten Instant-Erlebnissen, die uns gegen kleines oder größeres Entgelt zur Verfügung stehen.

Diese käuflichen Erlebnisangebote sind meist so erstklassig und professionell, dass der Vergleich zwischen dem gekauften Erlebnis und dem selbst verfertigten Erlebnis-Original in etwa so ausfällt wie der zwischen Omas gehäkelten Topflappen und einer hochgerüsteten Einbauküche. Mit anderen Worten: Die selbst verfertigte Erlebnisware hält dem Qualitätsvergleich nicht stand. Die selbst verfertigte Wirklichkeit ist grau und mühsam, sie klappt nicht, sieht nicht so gut aus, sie ist voller Makel. Außerdem dauert sie viel zu lange. Die gekaufte Wirklichkeit bietet mehr Erlebnis in kürzerer Zeit.

Auf diese Weise schrumpft die selbst erlebte Wirklichkeit immer mehr (die Soziologen sprechen von einer »Gegenwartsschrumpfung«). Manchmal können wir sie nirgends mehr finden. Das Weihnachtsfest vergeht über dem Studium der Gebrauchsanweisungen der Geschenke. Und so richtig lachen kann man auch erst wieder, wenn Harald Schmidt sein Konditionstief endlich überwunden hat. Das mag übertrieben sein, und hier und da wird es sicher noch Familienfeiern geben, auf denen Onkel Egon Mundharmonika spielt. Alarmierend ist die rasant ansteigende Tendenz zum Lebensfertigprodukt dennoch: Jahrhundertelang hat man sich Sorgen um das Leben nach dem Tod gemacht. Dass das Leben vor dem Tod gerade am Aussterben ist, ganz einfach, weil wir kaum noch Zeit und Lust zum Selberleben haben, sollte uns heute noch viel mehr Sorgen machen.

Ein wachsender Teil der Kulturelite schafft den Fernseher ab

Brandneu ist die Erkenntnis natürlich nicht, dass wir vor lauter Arbeit das Leben verpassen. Der Buchmarkt ist voll mit sehr lesenswerten Büchern über das Lob des Müßiggangs (Bertrand Russell), Die Kreativität der Langsamkeit (Fritz Reheis), die Zeit als Lebenskunst (Olaf Georg Klein), das Tempo der Welt (Karlheinz Geißler), das Leben als letzte Gelegenheit (Marianne Gronemeyer), die Kunst der Selbstausbeutung (Jacob Schrenk) und die Tretmühlen des Glücks (Mathias Binswanger). Die Eliten haben längst begriffen, dass uns die digitalisierte Spätmoderne aus dem Ruder läuft, und steuern zurück. Ein wachsender Teil der Kulturelite schafft im Moment den Fernseher ab und betreibt gedrosselten und nachhaltigen Konsum (die Trendforscher nennen diese neue gut betuchte Konsumentenklasse, zu der in Deutschland rund 15 Millionen Menschen gehören sollen, die »Lohas«, die Anhänger des Lifestyle of Health and Substainability).

Die Soziologie, die Lernpsychologie und die Gehirnforschung können sie dazu nur beglückwünschen. Das Selberleben ist, nach allem, was wir heute wissen, ein unverzichtbarer Grundbaustein für die Entwicklung der Intelligenz und des Glücksgefühls. Nachhaltiges Lernen findet nur statt, wenn (wie die alte Reformpädagogik schon behauptet hat) Hand, Herz und Kopf gemeinsam mit im Spiel sind. Neue Synapsenbildung im Gehirn setzt sinnliche Erfahrungen voraus. Und anhaltende Befriedigung kann uns die Vielzahl unserer Erlebnisse, auch der Kauf- und Bildschirmerlebnisse, erst dann verschaffen, wenn sie sich mit unserem Leben so verknüpfen, dass echte Erfahrungen daraus entstehen.

Konsumkritik ist deswegen längst zu einer Frage der Lebensqualität geworden. Die Zeiten, in denen der Konsumkritiker den Leuten das schöne Leben vermiesen wollte, »nur« um die Welt zu retten und den Kindern in Afrika zu helfen, sind vorbei. Konsumkritik ist heute nötig, um sich selber vor der Welt und ihren rasenden Warenströmen in Sicherheit zu bringen und überhaupt wieder Spaß an den Einkäufen zu haben. Der nimmt nämlich mit rasender Geschwindigkeit ab. Man nennt dieses Phänomen das Wohlstandsparadox: Mit steigendem Lebensstandard steigt das Anspruchsniveau und sinkt die Dauer der durch die Ware gewährten Lusterfüllung. Auf der aussichtslosen Suche nach dem anhaltenden Warenglück kaufen wir immer mehr in immer kürzeren Intervallen. Wobei die meisten Käufe bald gar nicht mehr der Lustbefriedigung (auf die wir nach dem Kauf des zehnten Handymodells nicht mehr ernsthaft hoffen), sondern der Statusvermehrung dienen: Wenn Klein Emma eine Barbiepuppenkutsche mit Pferden hat, kann Klein Erna mit ihren popeligen drei Barbiepuppenhandtaschen nicht mehr zufrieden sein.

Aussteiger, die Kühe melken, sind noch kein Modell

Eine Umkehr dieser wachstumsfördernden Glücksvernichtungslogik ist ohne Entschleunigung, ohne Drosselung und Qualifizierung des Konsums kaum möglich. Verzicht aus Hedonismus, das scheint, weil wir so lange im alten System der ständigen Maximierung gerechnet haben, ein Widerspruch in sich zu sein. Die einfache Erkenntnis, dass wir uns durch das rigide Maximierungsprinzip längst nur noch schaden, mag im Ghetto der sogenannten postmaterialistischen Werte-Elite schon lange angekommen sein – als Wohlfühl-Ideologie der Privilegierten. Aber ernsthafte, also politische, auch bildungspolitische, familienpolitische, arbeitspolitische Sprengkraft hat diese einfache Erkenntnis noch nicht. Und das ist uns nicht gut bekommen.

Ausstieg, Downshifting, Entschleunigung – das sind bisher nur die Zauberworte der babyfarbenen Wellnessbeilagen der Zeitungen, die ihre Entspannungs- und Machen-Sie-mal-Pause-Artikel mit den Anzeigengeldern der Reha-Kliniken und Burn-out-Sanatorien finanzieren. Im Hauptteil wird das Wachstumsmantra weiter gebetet. Wir haben ja keine Alternative: »There is no alternative« (die Soziologen nennen diesen ersten Glaubensartikel unseres Wirtschaftens und Nachdenkens schon freundschaftlich beim Spitznamen: TINA). Ganz stimmt das nicht.

Jeder kennt irgendwo einen Kauz, der sich eine Blockhütte gebaut hat, weniger arbeitet und nur noch Fahrrad fährt. Meine größte Hochachtung hat mein Freund Helmut, der jeden Tag seine drei Kühe mit der Hand melkt und seine vier Kinder davon ernährt, Freunde mit frisch gemolkener Milch zu versorgen. Ein Modell für mehr als sich selbst sind all diese liebenswerten Halb-, Viertel- und Vollaussteiger aber nicht.

Entschleunigung hier ein bisschen und da ein bisschen und am Ende die Totalentschleunigung in der Herzinfarktklinik – das reicht nicht. Das letzte Hemd hat bekanntlich keine Taschen. Niemand wird es auf dem Totenbett bereuen, nicht noch mehr Stunden im Büro verbracht, nicht auch noch die nächste Generation irgendeines Fernsprechapparates oder eines Turnschuhs ausprobiert zu haben. Am Ende wird klar, dass das Ganze nicht die Probe für etwas war, das noch kommt. Es war bereits die Aufführung. Und wir haben nichts anderes gemacht, als das Bühnenbild mit sehr viel Geld und sehr viel Arbeit aufwendig zu dekorieren.

Wenn das Wachstumsprinzip uns heute überfordert, liegt das nicht an uns und unseren schwachen Nerven. Nicht wir sollten uns also ändern, verbiegen, umbauen, runterschrauben oder aus dem Verkehr ziehen. Das Wachstumsprinzip sollte das tun. Es sollte sich vermenschlichen. Kapitalismus mit menschlichem Antlitz, das wäre besser als 80 Millionen flexible Wachstumsvollstrecker, die für sich, die Kunst, die Kinder und die kranken Eltern am Abend noch 30 Minuten Qualitätszeit haben. Eine Arbeitskultur, die Freiräume schafft und Präsenzrituale abbaut, und eine Lebenskultur, die auf unverkäufliche Erfahrungen setzt und die Konsumkomödie ausbremst – das in etwa wären dann mal wieder die Weihnachtswünsche. Nur Wünschen hilft natürlich nichts. Hat noch nie geholfen.

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