Von: Kristijan Aufiero | Projekt 1000plus An: Rolf Wiesenhütter
„Meine Frauenärztin besteht auf der Abtreibung“
Lieber Herr Wiesenhütter,
es gibt sie immer und immer wieder: Diese unfassbaren Geschichten aus unserer Beratung, die wir uns kaum zu erzählen trauen – aus der Befürchtung heraus, dass uns niemand glaubt.
Die Geschichte von „Bekkylein“ ist so ein Beratungsfall: Eine Frau, die in der 12. Schwangerschaftswoche die Diagnose erhält, dass ihr ungeborenes Kind die Schwangerschaft nicht überleben wird. Eine Frau, die von ihrer Ärztin daraufhin massiv zur Abtreibung gedrängt wird. Eine Frau, die vergangenen Donnerstag dennoch ein kerngesundes kleines Mädchen zur Welt gebracht hat …
Entgegen unserer sonstigen Gewohnheit, alle persönlichen Angaben einer Frau zu anonymisieren, ist dies in diesem Fall unnötig. Weil „Bekkylein“ entschieden hat, ihre Schwangerschaft – von der „Diagnose“ bis zur Geburt – und ihren damit verbundenen Leidensweg in einem Internetforum zu schildern.
Am Donnerstag, den 17. Juni dieses Jahres, um 22:12 Uhr, berichtet „Bekkylein“, die in der 15. Schwangerschaftswoche ist, im Internet-Forum von „ " erstmals über einen Termin bei ihrer Frauenärztin, der ihr seither schlaflose Nächte bereitet:
Morgen eine tröstende und aufmunternde Antwort einer iTeam-Beraterin. Als „Josefine5“ versucht unsere Beraterin, der verzweifelten Schwangeren beizustehen und ihr Kraft zuzusprechen, um ein „Trotzdem Ja zum Leben“ sagen zu können …
Noch am selben Abend reagiert „Bekkylein“ und beschreibt noch einmal, was sie bei ihrer Ärztin erlebt hat: ist eines der vielen Internet-Foren, in denen das sogenannte Internet-Team von Pro Femina (intern „iTeam“ genannt) seit vielen Jahren Schwangere in Not berät und ihnen zur Seite steht. Auch „Bekkylein“ erhält am nächsten
„Bekkyleins“ Schilderung ist so erschütternd, dass sich jeder weitere Kommentar erübrigt. Man mag sich kaum ausmalen, was diese Frau und ihre Familie seit dieser „Diagnose“ durchgemacht haben. Aber: „Bekkyleins“ Martyrium ist kein Einzelfall. Was wir in unserer Beratung Tag für Tag in Sachen „Diagnosen“ und den dazugehörigen Reaktionen von Ärzten, aber auch von Angehörigen, Freunden und Bekannten erleben, ist so manches Mal kaum in Worte zu fassen.
Bitte lassen Sie es mich in diesem Fall kurz machen. Gestern, am 5. Dezember 2021, erreichte unser iTeam diese wunderbare Nachricht von „Bekkylein“:
Lieber Herr Wiesenhütter, bitte stellen Sie sich für einen Augenblick vor, was geschehen wäre, wenn „Bekkylein“ dem Druck und dem Drängen ihrer Frauenärztin nachgegeben und vor lauter Verzweiflung, Angst und Erschöpfung irgendwann kapituliert hätte? Ein kleines, „wunderschönes“ Mädchen wäre das Opfer einer Abtreibung geworden. Ein Menschlein, das letzte Woche zur Welt gekommen ist und noch ein ganzes Leben vor sich hat, wäre nicht geboren worden. Eine Frau, die bei der nächsten Jahrhundertwende 79 Jahre jung sein wird ;-), hätte nicht leben dürfen.
Ist das nicht eigentlich unvorstellbar?!
Wissen Sie, was mich an diesem und allen vergleichbaren Beratungsfällen besonders aufwühlt?
Das Eine ist die Hybris einer solchen Ärztin, der irgendwann einmal die Ehrfurcht vor dem Leben und vor den „Patientinnen“ abhanden gekommen ist, für die sie eigentlich einstehen sollte. Bitte lassen Sie mich hier in aller Deutlichkeit sagen: Wir erleben sehr, sehr viele ganz großartige und wunderbare Frauenärztinnen und Frauenärzte, die ihren Patientinnen zu einer jeden Schwangerschaft gratulieren, sie liebevoll begleiten und ihrem so besonderen Berufsstand alle Ehre machen.
Aber es gibt eben auch diese anderen, deren Leichtfertigkeit, deren Überheblichkeit und deren Kaltherzigkeit konsternieren. „Meine Frauenärztin allerdings ist immer noch hartnäckig und meinte trotzdem, dass das Baby sterben wird. Oder halt nach der Geburt. Sie besteht trotz allem auf eine Abtreibung“ – bei einer Schilderung wie dieser wird einem schlagartig bewusst, was „Kultur des Todes“ bedeutet und wie sie sich manifestiert.
Stehen wir auf für das Leben!