27.05.2021
Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel. Foto: Hans-Jürgen Bauer
Düsseldorf (IDEA) – Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel (Düsseldorf), hat den Diskussionsvorschlag seiner Kirche, muslimische Feiertage unter staatlichen Schutz zu stellen, verteidigt. Er äußerte sich in einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur IDEA (Wetzlar).
Wenn ein größerer Anteil der Bevölkerung muslimische Feste feiere, etwa den Fastenmonat Ramadan oder das Zuckerfest, könne man das nicht ignorieren, so Latzel. Er sei deshalb stolz auf die rheinische Kirche, dass sie den Mut habe, kontroverse Fragen aufzuwerfen. Ferner bezog er Stellung zu dem von der rheinischen Synode im „Lobbyistin der GOTT-Offenheit“ geäußerten Vorschlag, die Kirche solle „öffentlich genauso für den hörbaren Muezzinruf eintreten wie für das Glockengeläut der Kirchen“. Es sei eine Stärke, dass man anderen Religionsgemeinschaften das Recht auf Religionsausübung nicht versage, sondern sich dafür einsetze. Was das konkret bedeute, müsse man diskutieren.
Allerdings sei das von der Synode verabschiedete Papier kein Beschluss, sondern ein „mit zugespitzten Formulierungen“. Ferner äußerte sich Latzel zu Demonstrationen in Deutschland, die sich gegen den Staat Israel richteten. Er freue sich, dass es von muslimischer Seite in Deutschland eine deutliche Absage an Antisemitismus gegeben habe.
Die evangelische Kirche wende sich gegen jede Form von Antisemitismus – egal von welcher Seite er komme. Es sei aber falsch, Muslime unter den Generalverdacht des Antisemitismus zu stellen. Antisemitismus gebe es in der Mitte der Gesellschaft, aber auch auf der linken wie der rechten Seite und „leider auch unter Christen“.
„Ja, wir sind eine schrumpfende Institution“
Zum Mitgliederrückgang der Kirchen sagte Latzel, die Säkularisierungsthese, wonach immer weniger Menschen mit Religion und Glauben etwas anfangen können, stimme so nicht. Es gebe viele Menschen, die nicht mehr Kirchenmitglied sind, denen aber Religion und Glauben dennoch wichtig seien. So seien Jugendliche „nicht unbedingt weniger fromm, sie sind nur nicht unbedingt in der Institution Kirche aktiv“.
Die Generation seiner Eltern wäre niemals auf die Idee gekommen, aus der Kirche auszutreten. In seiner Generation frage man viel eher: „Was habe ich von einer Kirchenmitgliedschaft? Welchen Nutzen bietet sie? Was zahle ich an Kirchensteuer und was kriege ich dafür raus?“ Latzel zufolge bleibt auch eine kleiner werdende Kirche gesellschaftlich stark wirksam: „Ja, wir sind eine schrumpfende Institution. Wir ziehen uns deshalb aber nicht aus der Welt zurück und bilden einen heiligen Rest, sondern übernehmen Verantwortung.“
Die Evangelische Kirche im Rheinland hat 2,4 Millionen Mitglieder. Sie ist damit nach der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers (2,5 Millionen Mitglieder) die zweitgrößte Landeskirche in Deutschland.