Ates: Die Kirchen fördern einen konservativen Islam
Weimar/Berlin (idea) – Die liberale muslimische Frauenrechtlerin Seyran Ates (Berlin) hat eine unkritische Haltung der Kirchen gegenüber einem konservativen Islam beklagt. In einem Interview mit der mitteldeutschen Kirchenzeitung „GLAUBE+HEIMAT“ (Weimar) sagte sie, Kirchen nehmen nicht wahr, „dass hier, teilweise sogar mit ihrer Unterstützung, ein Islam Verbreitung findet, der die Einführung der Scharia will, also die religiöse Macht über die weltliche Macht stellen möchte“. Als Beispiel führt Ates den Umgang mit der muslimischen Kleiderordnung an. So seien Kirchen in Bezug auf das Kopftuch „sehr schnell bereit, das mit dem Kreuz zu vergleichen und für vermeintliche Religionsfreiheit einzutreten“. Laut Ates sollten aber gerade sie es „doch theologisch besser wissen“ und einen solchen Vergleich nicht zulassen: „Denn das eine ist das religiöse Symbol für die gesamte christliche Gemeinschaft, das andere ist eine Kleiderordnung für die Frau, welches ein sehr konservatives Rollenverständnis ausdrückt.“
Verbände in der Islamkonferenz repräsentieren nicht die Mehrheit der Muslime
Auch der CDU wirft Ates vor, einen konservativen Islam zu unterstützen: „Der Eindruck entsteht, dass da eine Handvoll Männer, die auch konservativ empfinden, gemeinsam mit den Kirchen in der Islamkonferenz ausdealen, wie der Islam in Deutschland sich gestaltet.“ Die in der deutschen Islamkonferenz vertretenen muslimischen Verbände repräsentierten jedoch „nicht die Breite des Islams und auch nicht die Mehrheit der Muslime in Deutschland“, sondern seien teilweise „sogar nur der verlängerte Arm ausländischer Interessen“. Ihr Wunsch sei darum die politische Erkenntnis, „dass der Islam sehr viel globaler ist als das, was die muslimischen Verbände ihnen seit Jahrzehnten erzählen und was die Politiker so gerne auch hören“. Ates arbeitet als Rechtsanwältin. Sie ist Mitbegründerin der liberalen Berliner Ibn Rushd-Goethe Moschee und veröffentlichte bereits mehrere Beiträge mit Kritik am fundamentalistischen Islam. Aufgrund von Anfeindungen radikaler Muslime steht sie unter Polizeischutz.