Volker Beck kritisiert Berichterstattung der Medien
Schwerte (idea) – Der Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) hat die Berichterstattung über den Bildungsplan in Baden-Württemberg kritisiert. Er nahm an der fünften Ost-West-Konferenz der „Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus“ (Berlin) in Schwerte (bei Dortmund) teil. Die Tagung am 15. und 16. April stand unter dem Thema „Kirche im ,christlichen Abendland ...’: Positionierungen im Spannungsfeld von neo-konservativen Tendenzen und gesellschaftspolitischem Engagement“. Wie Beck in einem Seminar sagte, kursieren im Internet häufig Lügen, die auch Eingang in die seriöse Berichterstattung bis hin zur Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung fänden: „Das schreiben manche Journalisten von irgendwelchen Weblogs ab und erzählen es einfach nach.“ Es werde so getan, als ob mit „Respekt vor sexueller Vielfalt“ das Vorführen von Pornos im Kindergarten gemeint sei. Erstens sei damit aber nicht Sexualaufklärung gemeint und zweitens gehe es immer um eine altersgerechte Form der Vermittlung. Beck nannte als Beispiel das Kinderfotobuch „Jenny lives with Eric and Martin“ (Jenny lebt mit Eric und Martin). Dort werde aus dem Alltag eines fünfjährigen Mädchens berichtet, das bei seinem Vater und dessen Partner lebt und von der Mutter häufig besucht wird. Der Entwurf des baden-württembergischen Bildungsplans galt als umstritten. Kritiker hatten der grün-roten Landesregierung vorgeworfen, sie wolle damit die „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ zum Leitprinzip des Unterrichts aller allgemeinbildenden Schulen machen. Eine gegenüber dem Entwurf geänderte Fassung trat Anfang April in Kraft. Dort geht das frühere Leitprinzip „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ in einer allgemeinen Leitperspektive „Akzeptanz und Toleranz von Vielfalt“ auf.
Vorwurf: Evangelische Kirche unterstützt Homo-Heiler-Angebote
Christen sollten Beck zufolge zudem „bekenntnisfreudiger“ werden und erläutern, worauf ihr Menschenbild gründet. Auch die Entwicklung der Bibelauslegung müssten sie reflektieren. Denn mit ihr seien in der Vergangenheit auch „Sklaverei und Hexenverbrennung“ begründet worden. Grundsätzlich müsse Verschiedenheit geachtet werden, so Beck. Wenn ein Evangelikaler meine, er dürfe nicht homosexuell leben, „dann mag er das glauben. Solange er mir nicht vorschreibt, wie ich zu leben habe, ist das seine Meinung, die ich respektiere.“ Beck wandte sich ferner gegen – wie er sagte – „Homo-Heiler-Angebote“: „Da wird eine Grenze überschritten zwischen Medizin und Theologie.“ Es würden Glaube, Naturwissenschaft und Religion vermischt, wenn man meine, dass Homosexuelle – entgegen dem Erkenntnisstand der Humanwissenschaften – durch Therapieangebote zu Heterosexuellen würden: „Dass die Kirche solche Organisationen in ihren Reihen duldet und unter dem Siegel der Diakonie für solche Angebote geworben wird, irritiert mich sehr.“ Konkrete Einrichtungen nannte Beck auch auf Nachfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea nicht.
Keine Feministin will einer Mutter verbieten, zu Hause zu bleiben
Beck äußerte sich ferner kritisch zu dem traditionellen Familien- und Frauenverständnis der Publizistin Birgit Kelle und der Koordinatorin der „Demo für alle“, Hedwig Freifrau von Beverfoerde (Magdeburg): „Sie postulieren ein Frauenbild, dem sie selbst gerade nicht entsprechen. Sie sind doch deutlich emanzipierter.“ Zudem wolle keine Feministin einer Mutter verbieten, zu Hause zu bleiben, anstatt arbeiten zu gehen. Frauen – auch Mütter – müssten „nur die gleichen beruflichen Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten erhalten wie Männer“. Dafür müsse es die Rahmenbedingungen geben wie beispielsweise eine gute Kinderbetreuung. In einem Impulsreferat forderte Beck die Kirchen dazu auf, einer Abwertung der „anderen“ durch Rechtspopulisten das christliche Menschenbild entgegenzustellen: „Die Genesis erklärt den Menschen zu Gottes Bild und Gleichnis, das Neue Testament verspricht die Gotteskindschaft.“ Beck hatte Anfang März seine Ämter als innen- und religionspolitischer Sprecher seiner Fraktion und als Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe niedergelegt. Bei ihm waren bei einer Polizeikontrolle in Berlin 0,6 Gramm einer „betäubungsmittelsuspekten Substanz“ gefunden worden. Dabei soll es sich um die synthetische Droge Crystal Meth gehandelt haben. Das Verfahren wegen Drogenbesitzes ist mittlerweile gegen die Zahlung von 7.000 Euro eingestellt worden.
Pfarrerin: Lesbische Partnerschaft im Pfarrhaus ist selbstverständlich
Pfarrerin Eli Wolf (Köln) vertrat in einem Seminar die Meinung, dass die evangelische Kirche ihre theologischen Positionen deutlicher herausstellen sollte – beispielsweise, warum sie im Gegensatz zur katholischen Kirche Frauen ordiniere oder warum es für die hessen-nassauische Kirche, zu der sie gehöre, heute eine Selbstverständlichkeit sei, dass auch lesbische Pfarrerinnen mit Partnerin und Kindern im Pfarrhaus wohnen können. Wolf: „Wir reden immer darüber, dass wir als Kirche unsere Unverwechselbarkeit nach außen tragen müssen. Hier sind wir unverwechselbar, stellen es aber nicht heraus.“ Sie nannte es ferner eine „Binsenweisheit“, dass Gott nicht nur Vater sei. In vielen Gottesdiensten werde aber Männlichkeit mit Gott gleichgesetzt. Es sei erschütternd, dass bei Bibeltextlesungen häufig nur von Brüdern geredet werde anstatt von Geschwistern: „Natürlich hat Jesus nicht nur von Männern gesprochen.“ Der Theologische Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, Albert Henz (Bielefeld), hob hervor, dass sich auf dem Gebiet der Landeskirche viele Menschen ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit engagierten. Doch trotz der guten Kooperation von Kirchen, Politik und Zivilbevölkerung gebe es weiterhin zahlreiche gesellschaftspolitische Herausforderungen. Sie erforderten immer wieder neu klare Positionierungen – beispielsweise gegen rechtsextreme Gewalt oder auch im „kritisch-konstruktiven Dialog mit dem Islam“.